Jeden Morgen ging ich an diesem Zettel vorbei. Anfangs blieb ich kurz stehen, musterte ihn eine Weile und dachte nach. Alles zog an mir, die Autoschlüssel zu ergreifen und loszufahren, doch dann sah ich das Engelsschwert, welches daneben lag, und mir fiel wieder ein, wieso ich das hier alles tat.
Wenige Tage später sah ich ihn gar nicht mehr. Er war nur noch ein Stück beschriebenes Papier, wie eine unbenutzte Einkaufsliste, die darauf wartete im Müll versenkt zu werden, doch hatte niemand die Lust, ihn wegzuwerfen.
Ungefähr eine Woche nachdem Sam bei mir aufgetaucht war, erschien Castiel in meinem Wohnzimmer. Ich saß auf dem Sessel, hielt ein Buch in der Hand und las darin.
»Es ist lange her«, meinte ich nur ohne aufzublicken.
»Ja, tut mir leid. Ich hatte zu tun.« Der Engel berührte kurz neugierig den Boxsack und sah dann zu mir. »Wie geht es dir?«
Ich blickte. »Small-Talk. Sind wir schon so weit?« Ich legte das Buch beiseite und erhob mich mit Schwung aus meinem Sessel. »Wie läuft dein Bürgerkrieg? Ist Raphael schon tot?«
»Ich denke, das wüsstest du bereits«, gab der Engel tonlos zurück.
»Das war 'ne Fangfrage«, meinte ich und goss mir etwas Brandy, der auf meiner Kommode stand, in ein Glas. »Was willst du hier?«
»Ich wollte nach dir sehen. Wie läuft dein Training?«
Ich wandte mich ihm zu. »Sagen wir's so: Deine Hülle ist weitaus anziehender als dein wahres Ich.« Mit einem Schmunzeln nippte ich an dem Alkohol. »Wusstest du, dass Sam zurück ist?«
»Ja.« Ich öffnete den Mund, doch kam der Engel mir zuvor: »Aber ich weiß nicht, wer ihn zurückgeholt hat.«
Ich nickte, dann zuckte ich mit den Achseln. »Na ja, wie auch immer. Er war hier und wollte, dass ich mich ihm und seiner neuen Familie anschließe. Sicher kannst du dir denken, wieso.«
»Ich weiß es«, meinte er.
Ich hob eine Augenbraue. »Wie kannst du den Himmel aufräumen und mich gleichzeitig bewachen?«
»Ich bewache dich nicht«, entgegnete Castiel. »Ich gebe nur ab und an auf dich Acht und sehe nach, ob es dir gut geht.«
»Danke dafür.« Mein verbissener Unterton war nicht zu überhören. »Ich komm' schon allein klar.«
»Ach, wirklich? Du hast Sam weggeschickt, obwohl er dich nur eingeladen hatte. Du hast ihn verstoßen. Du musst dich ihm nicht gleich anschließen, aber gib ihm eine Chance. Du darfst deinen Misstrauen anderen gegenüber nicht auf ihn übertragen.«
Ich lachte. »Misstrauen? Wann war ich mal misstrauisch?«
»Misstrauisch gegenüber Raphael. Misstrauisch gegenüber mir, dem Hinmel. Soll ich weitermachen?«
Ich hob beschwichtigend die Hand. »Hey, kein Grund, gleich zickig zu werden.«
Der Engel seufzte. »Wie auch immer: Denk über meine Worte nach.« Flügelschlag erklang und er war verschwunden.»'ne Menge Auferstehungen für einen Tag«, sagte eine Männerstimme. »Lass dir erst mal 'ne Minute Zeit.«
»Ich denke, das wird mehr als 'ne Minute dauern.« Diese Stimme. Mein Herz setzte kurz aus. Jede Faser meines Körpers sträubte sich. »Bin ich der Einzige, der davon nichts wusste?«
»Nein.« Ich trat in den Türrahmen. »Seit einer Woche weiß auch ich es.«
Dean war erschrocken herumgewirbelt und mit offenem Mund starrte er mich an. »Cat«, flüsterte er und fassungslos musterte er mich von unten bis oben.
»Hey, Dean«, sagte ich leise.
»Ist sie das? Ist das Catherine?« Ein älterer Mann mit einer Glatze sah mich fasziniert an.
»Ja«, sagte Sam, der auf einem Schreibtisch saß.
»Und wer ist das?« Ich nickte dem Mann neben Sam zu.
»Samuel Campbell, der Großvater der beiden Jungs.« Der Mann hielt mir die Hand entgegen. Ich musterte sie kurz, machte aber keine Anstalten, anzunehmen.
Dean atmete tief durch und wandte sich an seinen Großvater und seinen Bruder. »Wie kann es sein, dass ihr beide lebt?«
»Keine Ahnung«, meinte Samuel. »Was immer es war, es hat mich anscheinend runter- und Sam hochgeholt.«
»Und ihr habt nicht den geringsten Anhaltspunkt?«, fragte Dean. Niemand antwortete und verzweifelt wandte der Mann sich ab. »Tja, das ist ... das ist schon ... Aber noch mehr Tote kommen nicht durch diese Tür, oder?« Er sah zu mir. »Du warst nicht tot, oder?«
»Nein«, sagte ich.
»Und wo waren deine Anrufe?«, rief Dean aufgebracht. »Wo war dein 'Ich lebe noch, keine Sorge. Ach, und wie geht es dir?' Denkst du, nur weil du einen anderen Weg einschlagen wolltest, heißt das gleich, dass wir beide keinen Kontakt mehr haben?«
»Können wir das bitte nicht hier klären?«, fragte ich.
Dean nickte verstehend. »Weißt du was? Ist mir egal. Mach, was du denkst. Das hast du schon immer getan.«
»Dean Winchester«, sagte ich mit lauter Stimme. »Wir klären das woanders.« Eindringlich sah ich ihn an. Mein Blick war todernst. Er stockte, runzelte verwundert die Stirn und wandte sich dann ohne ein Wort an Sam und Samuel. »Bin ich der Einzige, der das alles etwas komisch findet?«
»Bist du nicht«, meinte Samuel. »Ich wollte kommen und dich holen. Sam hat darauf bestanden, dich dort zu lassen. Das haben wir getan. Bis jetzt.«
Dean nickte. »Richtig. Und wie seid ihr dann in meiner Garage gelandet, huh?«
»Mich hatte es noch vor dir erwischt. Vor einigen Tagen«, sagte Sam. »Vollgepumpt mit Gift.«
»Worum geht es hier?«, fragte ich.
»Dschinns.«
»Dschinns?«, wiederholte Dean ungläubig. »Ich dachte, das wären eher höhlenbewohnende Eremiten. Das ist ziemlich exotisch.«
»Nicht mehr«, erwiderte Sam. »Diese da sehen aus wie normale Leute. Sie können sich anpassen. Und um dich zu töten, reicht eine Berührung. Ihr Gift gelangt in deinen Kreislauf und plötzlich hast du Halluzinationen von deinen schlimmsten Albträumen. Wirkt wie 'ne Überdosis.«
»Okay, ich bin weg«, sagte ich und machte auf dem Absatz kehrt.
»Ich dachte, du jagst«, meinte Sam. »Das ist ein Fall.«
»Du jagst?«, wiederholte Dean. »Allein?«
Ich wandte mich ihm zu. »Ja. Problem damit?«
Dean lachte. »Ob ich ein Problem damit hab'? Du meldest dich ein Jahr nicht und gehst dafür auf einen Selbstmordtripp. Also, ja, ich hab' ein Problem damit. Dir könnte etwas zustoßen.«
»Das bezweifle ich«, meinte ich mit einem vielwissenden Grinsen im Gesicht. Ich sah zu Sam. »Wenn eine Berührung dich töten kann, wie kannst du dann noch leben?«
»Samuel hat ein Heilmittel erfunden.«
»Und wieso sind die Dinger hinter mir her?«, wollte Dean wissen.
»Weil du einen getötet hast. Ist schon 'ne Weile her«, erklärte Sam. »Nachdem sie mich verfolgt haben, waren wir uns ziemlich sicher, dass du als Nächster dran bist.«
Deans Gesichtzüge versteinerten sich. »Lisa und Ben, sie sind im Haus. Wenn das Ding meinetwegen kommt -«
»Keine Sorge«, versuchte Samuel seinen Enkel zu beschwichtigen. »Jemand von meinen Leuten bewacht sie.«
»Fahr mich nach Hause!«, befahl Dean an Sam gewandt. »Sofort!«
Sam ergriff seine Autoschlüssel und rannte los. Dean folgte ihm ohne zu zögern. Ich verharrte kurz - ich war mir unschlüssig, niemand war bisher auf mich eingegangen -, doch dann machte ich auf dem Absatz kehrt und rannte den beiden hinterher.
»Folg uns einfach!«, rief Sam mir zu, kurz bevor er ins Auto stieg.
Ich stieg in meinen eigenen Wagen und fuhr ihnen hinterher. Deans neues Haus war nicht weit von hier entfernt. Der ältere Winchester war der Erste, der den Rasen betrat. Die Haustür stand offen und panisch rannte Dean in den Flur.
Sam und ich stiegen ebenfalls aus. Mir fiel der tote Mann in dem Auto neben uns auf, den Samuel anscheinend zum Schutz Lisas und Bens geschickt hatte. Sam betrat das Haus, ich folgte ihm. Dean versuchte in der Küche verzweifelt Lisa über Handy zu erreichen.
»Komm schon, komm schon!«, rief er. Wütend schlug er mit der Faust auf den Küchentresen.
In meinen Rücken erklang die Stimme einer Frau und eines Kinders. Ich wandte mich um. Lisa Braeden stand vor mir. Sie hatte sich kaum verändert - sie hatte immer noch braune, lange, wellige Haare, war schlank und groß. Neben ihr stand Ben, größer und älter als vor drei Jahren.
»Wo seid ihr denn gewesen?«, fragte Dean und erleichtert schloss er die beiden in die Arme.
»Wer ist das?«, wollte Lisa mit einen Blick auf mich wissen, ohne auf seine Frage einzugehen.
»Äh ...« Dean löste sich von ihr. »Das ist Catherine. Eine Freundin. Ihr habt euch vor Jahren schon mal kurz gesehen.«
»Oh, hi ... Ich erinner' mich ein bisschen. Sie haben Ben zurückgebracht, zusammen mit Dean ...« Die Frau hielt mir die Hand entgegen. »Ich bin Lisa.«
»Ja, ich weiß«, sagte ich kühl.
»Ben, pack deine Tasche«, wies Dean den Jungen an.
»Wo fahren wir hin?«, wollte dieser wissen.
»Wir fahren zu einem Freund. Geh schon!«
»Wieso?«
»Ist schon gut«, sagte Lisa und legte ihrem Sohn ihre Hand auf die Schulter. »Geh hoch. Ich komm gleich.«
In diesem Moment kam Sam zurück in die Küche. Zuvor hatte er sich im Haus nach Dschinns umgesehen. Entsetzt starrte Lisa den Mann an. Sie wusste, wer das war.
»Oh, mein Gott«, brachte sie überrascht heraus.
»Vielleicht erinnert ihr euch an meinen Bruder«, meinte Dean nur.
Lisa brachte kein Wort heraus. Fassungslos sah sie Dean an.
»Ich erkläre dir alles später«, flüsterte dieser ihr zu. »Packt einfach eure Sachen.«1479 Wörter
Und noch ein Kapi. Ich weiß noch nicht, wie oft ich updaten werden oder ob ich einen Uploadplan machen werde. Wenn, sag ich euch bescheid.
Ich hab noch ein paar Fragen an euch und einige Anmerkungen:
Ich würde mich wirklich freuen, wenn ihr mein Buch Verschiedenes in eurer Bibliothek speichert. Dort hinterlasse ich wichtige Mitteilungen und verlinke meine Videos.
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Strange New World || Supernatural Staffel 6
ФанфикBuch 4 Ein Jahr war es her, seit Sam in die Hölle gegangen ist - zusammen mit Michael und Luzifer. Seitdem hatte Cat nichts mehr von Dean gehört. Sie hatte ihr eigenes Leben aufgebaut: sie ging ab und an jagen, besuchte manchmal Bobby - doch hauptsä...