Ungefähr ein Jahr zuvor:
Ich schloss die Augen und konzentrierte mich. Ich spürte das Gras unter meinen Füßen, den Wind, der an meinen Haaren und meiner Kleidung zerrte.
»Das ist idiotisch«, meinte ich.
»Nein, das ist wichtig«, entgegnete Castiel.
Ich atmete tief durch, dann öffnete ich meine Augen. Wir standen immer noch auf der Wiese, irgendwo im Nirgendwo, und trainierten weit entfernt von der Zivilisation.
»Spürst du es?«, fragte der Engel. »Spürst du, wie deine Kraft durch deinen Körper fließt?«
»Ja«, sagte ich. Ich sah ihn an. »Aber wie soll mir das helfen, wenn ich sie nicht anwenden kann?«
»Du wirst sie irgendwann noch anwenden, wenn du sie kontrollieren kannst.«
Ich setzte zur Antwort an, doch da erklang ein grelles hohes Piepen in meinem Kopf. Ich schrie vor Schmerzen auf, krümmte mich und hielt mir den Kopf. Castiel fragte besorgt, was los wäre, und bevor ich antworten konnte, war die Wiese verschwunden.
Ich fand mich in einem Raum wieder, der mit dunklem Holz verkleidet war. Auf einem alten Sessel saß ein dunkelhäutiger Mann mit einem Glas Brandy in der Hand. Als er mich sah, erschien ein Grinsen in seinem Gesicht.
»Catherine«, sagte er. »Schön, dich endlich mal persönlich kennenzulernen.«
»Wer sind Sie?«, verlangte ich zu wissen und verwundert sah ich mich um. »Wo bin ich?«
»Wir befinden uns im Himmel von Ken Lay«, meinte der Mann und erhob sich. »Und mein Name ist Raphael. Meine Brüder kennst du sicher.«
Ich erbleichte und entsetzt starrte ich ihn an. »Raphael - der letzte Erzengel ...«
»Ja. Castiel hat dir sicher schon von mir erzählt.«
»Das hat er, ja.«
»Nun, du fragst dich bestimmt, wieso du hier bist. Ich hab' dir einen Vorschlag zu machen.« Er trat auf mich zu. »Schließ dich mir an und wir werden zusammen den Himmel regieren. Na, was hälst du davon?«
Ernst verschränkte ich die Arme vor der Brust. »Wo ist der Harken bei der Sache?«, verlangte ich zu wissen.
Raphael grinste. »Es gibt keinen Harken. Wir beide werden Michael und Luzifer zurückholen, und der Kampf kann fortgesetzt werden - und die Apokalypse kann stattfinden.«
Entsetzt starrte ich den Mann an. »Was? Das kann nicht Ihr Ernst sein! Sie wollen das Ende der Welt?«
»Es ist unser Schicksal, unsere Bestimmung. Luzifer und Michael müssen kämpfen«, entgegnete Raphael.
»Das ist Irrsinn. Das würde den Tod aller bedeuten!«, rief ich fassungslos. »Die Menschheit würde sterben. Glauben Sie, dass Gott das so wollte?«
»Gott ist tot«, meinte der Erzengel. »Was er wollte oder nicht, spielt keine Rolle mehr.« Ernst trat er auf mich zu. »Und? Haben wir einen Deal?«
Meine Miene wurde augenblicklich ernst. »Fahren Sie zur Hölle«, zischte ich. »Lieber würd' ich sterben, als mich Ihnen und diesem Irrsinn anzuschließen!«
»Schade«, meinte Raphael gespielt traurig. »Ich dachte, dass wenigstens du vernünftig bist, aber genau wie Cas hast du den falschen Weg gewählt und dein Todesurteil gefällt.« Raphael hob die Hand und wollte gerade schnippsen, als ich mich wieder auf der Wiese befand.Heute:
Ich lief aufmerksam durch die Straßen. Laut Bobby sollten sich hier einige Vampire aufhalten. Bereits als ich die Lagerhalle betrat, wusste ich, dass hier irgendetwas nicht stimmte. In der Ferne tropfte ein kaputtes Rohr, nirgends waren Anzeichen von Leben oder davon, dass hier mal jemand gewohnt haben sollte.
Es roch nach Schwefel, und bevor ich angegriffen wurde, hatte ich mein Engelsschwert gezückt, mich umgedreht und die Schneide in den Körper des Dämons gejagt. Unter den Blitzen zuckend brach die Hülle in sich zusammen.
»Ihr habt Mistkerle habt anscheinend immer noch nichts daraus gelernt«, meinte ich und wandte mich an die anderen.Elfeinhalb Monate zuvor:
Die Augen des Dämons wurden schwarz und in seinem Gesicht regte sich ein dreckiges Lächeln.
»Ihr werdet nichts von mir erfahren«, meinte er.
»Wir wollen nichts von dir«, sagte Castiel. »Nur deinen Tod.«
»Um es dir zu erklären«, ich trat auf den Dämon zu, »du dienst nur als Versuchskaninchen.« Ich holte das Engelsschwert hervor und lächelte ihn selbstsicher an.
Der Dämon begann an seinen Fesseln zu ziehen und zu knurren. Er schrie und wehrte sich und mit einem Seufzen richtete ich mich auf.
»So kommen wir nicht weiter«, meinte ich. Ich schmiss das Schwert auf den Tisch, so dass es klirrte.
»Hast du etwa Mitleid mit dieser abscheulichen Kreatur?«, fragte Cas verständnislos an.
»Nein, ich kann nur nicht ...« Ich stockte. »Du hast recht.« Ich wandte mich dem Dämon zu. Ich atmete tief durch - ich wusste, dass ich die Last, die auf mir lag, abschütteln musste. Ich legte meine Hand auf den Kopf des Mannes und schloss die Augen. Einige Sekunden vergingen, doch geschah nichts.
Seufzend ließ ich die Hand sinken. »Cas ...«
»Du trägst keinen Glauben in dir«, meinte der Engel. »Du vertraust dir nicht.«
Der Dämon lachte. »Unser Halbblut hat anscheinend keine Kraft. Und diese Schlampe soll auf unseren Thron sitzen?«
Sofort loderte Wut in mir auf. Abrupt wandte ich mich ihm zu und legte meine Hand auf seinen Kopf. Der Dämon schrie, als seine Augenhöhlen ausbrannten. Tot sackte der Körper in sich zusammen.
»Das hättest du nicht tun sollen«, meinte Cas.
»Entscheid dich mal.« Mit einem grimmigen Ausdruck sah ich ihn an.
»Deine Wut und der Hass haben dich gelenkt. Deine himmlische Seite ist aus rein und -«
»Wenn ich also eine Abscheulichkeit töte, ist das die Reinheit, die aus mir spricht?«, fragte ich verständnislos.
»Nein -«
»Gut.« Ohne ein Wort abzuwarten wandte ich mich ab.Heute:
Zuckend stürzte der letzte Dämon zu Boden. Fünf waren es gewesen - und alle waren tot.
Ein Klatschen erklang und ich sah auf. Crowley stand wenige Meter von mir entfernt. Ein Grinsen erstrahlte in seinem Gesicht.
»Nicht schlecht«, lobte er.
»Dieses Mal duldest du's, wenn ich deine Untergebenen töte?«, fragte ich verständnislos.
»Das war nur'n kleiner Test. Bobby einige Zeichen unterzuschieben, dich hierherzulenken - das alles war ganz einfach.«
Ich lachte spöttisch. »Dir ist schon klar, dass ich wusste, dass es eine Falle ist?« Ich trat auf ihn zu. »Die Dämonen vor meiner Haustür, die in der Stadt - ich bin nicht dumm.«
»Nein, du bist ein Engel.« Er verschränkte die Arme hinter dem Rücken. »Na ja, zumindest zu neunzig Prozent. Die anderen zehn bist du ein Dämon.«
»Ich denke, eher nicht«, entgegnete ich. »Meine dämonische Seite ist tief, sehr tief in meinem Innern vergraben.«
Crowley lachte. »Deswegen tötest du aus Hass und Abscheu.« Er beugte sich vor. »Das Dunkle in dir ist mächtig. Du kannst es nicht einfach verstecken, und das weißt du. Vielleicht ist das der Grund, warum du dich nicht Sam und Dean angeschlossen hast - weil du Angst hast, dass sie dein wahres Ich sehen. Schon wieder.«
»Fahr zu Hölle!«, zischte ich.
»Liebendgern. Vielleicht kommst du bald nach.« Mit diesen Worten verschwand Crowley.
Ich sah noch eine Weile zu der Stelle, wo er gestanden hatte. Er hatte den wahren Kern getroffen - und diese Erkenntnis traf mich zutiefst.1127 Wörter
Crowley is the best ❤
Was sagt ihr zu der Story? Würde mich sehr über Kommentare freuen 😄
Ich lade nachher ein How to "Video schneiden"-Video hoch. Ich verlinke es dann. Schaut dann vorbei <3
![](https://img.wattpad.com/cover/102458747-288-k708920.jpg)
DU LIEST GERADE
Strange New World || Supernatural Staffel 6
FanficBuch 4 Ein Jahr war es her, seit Sam in die Hölle gegangen ist - zusammen mit Michael und Luzifer. Seitdem hatte Cat nichts mehr von Dean gehört. Sie hatte ihr eigenes Leben aufgebaut: sie ging ab und an jagen, besuchte manchmal Bobby - doch hauptsä...