Kapitel 7

1.2K 68 2
                                    

»Das war also das Haustier von der Braut?«, fragte Dean, als wir ihm im Motelzimmer den Schädel der Katze zeigten.
»Tja, sie war besessen«, meinte Sam.
»Ich würd' eher sagen, verrückt.« Dean setzte sich zu uns an den Tisch.
»Na, schön. Also, äh, Katzenschädel«, Sam riss Dean den Knochen aus der Hand, »Hanfsamen, Elefantenfuß.« Sam holte die genannten Dinge aus dem Kästchen hervor.
»Zutaten für einen Beschwörungszauber«, sagte ich.
»Ein Dämon?«, fragte Dean.
»'ne Göttin«, meinte ich.
Sam drehte seinem Bruder dem Laptop zu. »Corey wollte unbedingt die Wahrheit über ihren untreuen Freund erfahren und hat gründlich nachgeforscht. Sie blieb erfolglos, also hat sie nach anderen Wegen gesucht.«
»Und das war 'ne Nummer zu groß für sie«, sagte Dean.
»Ja, und jetzt ruft jeder in der Stadt, der laut um die Wahrheit bittet, unfreiwillig Veritas an. Und sie gibt sie dir nicht nur, sie schlägt sie dir praktisch um die Ohren, bis du dich umbringst und sie ihren Tribut erhält.«
»Verstehe.« Dean nickte. »Den sie sich aus dem Leichenschauhaus holt. Klingt wie die Story des Films Soylent Green.«
»Götter sind auch hungrig.«
»Wir sollten weniger um den heißen Brei herumreden«, sagte ich und erhob mich. »Lasst uns herausfinden, wer diese Killer-Göttin ist.«
»Ja, du hast recht. Was wissen wir, außer dass sie 'ne verrückte Katzenfrau ist?«
»Na ja, Hunde sind ihre Achillesferse«, meinte Sam. »Und sie war damals eine ziemlich aktive Göttin. Sie kam immer vom Berg herunter, um den Massen die Wahrheit zu verkünden. Sie wollte mehr als einen Tribut, sie wollte angebetet werden.«
»Und wer verkörpert die Vision des 21. Jahrhunderts, die den Massen die Wahrheit verkündet?«, fragte Dean.
Die Brüder holten von der TV-Show Frank Talk Videomaterial, welches wir im Motelzimmer nach und nach durcharbeiteten. Die Moderatorin, Ashley Frank, wirkte wie eine gewöhnliche Frau - doch man sollte sich ja nicht vom ersten Eindruck täuschen lassen.
Die ganze Nacht sahen wir uns die Videos an. Dean döste zwischendurch ein wenig vor sich hin, während Sam und ich all die Stunden wach blieben. Ich brauchte nicht so viel Schlaf wie normale Menschen, doch auch ohne ging es nicht.
Sam und ich wurden auf den Hund aufmerksam, der im Hintergrund eines Videos die Journalistin anbellte.
»Sieh dir das an«, sagte Sam und Dean ließ sich zwischen uns nieder. Der junge Winchester spulte zurück und zeigte seinem Bruder die Stelle.
»Zoom mal ran«, forderte Dean auf.
Sam vergrößerte so sehr das Bild, dass man die blau-leuchtenden Augen der Frau erkannte.
Wir beschlossen zu Ashley Franks Haus zu fahren. Aus dem Impala heraus beobachteten wir die Frau, die ihren Wagen verließ und ihr Haus betrat.
»Sieht ziemlich normal aus, oder?«, fragte Sam.
»Ich bin sicher, drinnen kriegt man das kalte Grausen«, meinte Dean. »Bereit?« Er hielt drei Messer hoch.
»Ja, bereit.« Sam holte ein Glas mit einer merkwürdigen Flüssigkeit hervor.
»Was ist das?«, fragte ich.
»Hundeblut.«
Dean zog das Gesicht zu einer Grimasse. »Will ich überhaupt wissen, wo du das her hast?«
»Ich glaube, nicht.«
Sam tauchte die Messer in das Blut und reichte dann jedem von uns eins. Wir verließen den Wagen und brachen in dem Haus ein. Vorsichtig und aufmerksam suchten wir nach der Göttin.
»Wo versteckt sich das kalte Grausen?«, raunte Sam uns zu.
Das ganze Haus war teuer eingerichtet worden. Die Frau verdiente wirklich eine Menge Geld mit ihrem manipulativen Job.
Eine Katze miaute und da fielen uns die beiden Katzen ins Auge, die vor dem Kamin lagen.
»Kennt ihr die Szene aus Harry Potter, in der McGonagall sich in eine Katze verwandeln kann?«, fragte ich leise. »Ich hoffe, unsere Göttin kann das nicht.«
Wir liefen eine Treppe hinunter, die in ein Zimmer voller Katzenstatuen führte. Auf einmal sprang eine der Katzen vor unsere Füße. Sie rannte in ein Nebenzimmer und langsam folgten wir ihr. Was wir dort sahen, war wirklich erschreckend. Die verschwundenen Leichen lagen hier - skalpiert, mit abgeschnittenen Einzelteilen und gehäutet.
»Willkommen zum Abendessen«, erklang auf einmal in unserem Rücken die Stimme der Frau.
Wir wandten uns um und in diesem Moment wurden wir mit einer Handbewegung durch den Raum geschleudert, so dass wir ungünstig mit dem Kopf auf die Fliesen schlugen und ohnmächtig wurden; und für alle, die sich fragen, wie das bei einem Engel sein kann - ich war nach der schlaflosen Nacht ziemlich geschwächt.
Als wir wieder zu Bewusstsein kamen, waren wir an den Säulen gefesselt. Ashley Frank, oder auch Veritas, war in einem göttlichen Gewand gekleidet, und mit einem zufriedenen Lächeln sah sie uns an.
»Ganz ruhig sitzen«, sagte sie. »Sie kommen auch gleich dran.«
Sie wandte sich der Leiche des Zahnarztes zu, ergriff eine Zange und und riss ihm die Zunge heraus.
»Die Zunge ist das leckerste Körperteil«, erklärte die Frau an uns gewandt. »Über sie gehen die Lügen hinweg.« Genüsslich biss sie von der Zunge ab. »Ich kann's kaum erwarten, Ihre zu essen.«
»Darauf können Sie lange warten«, zischte ich.
Die Frau lachte. »Das denke ich nicht.« Sie legte die Zunge zurück auf den OP-Tisch. »Ich habe schon viele Lügner gesehen, aber Sie drei - fünf Sterne.«
»Das nennt man auch Berufsethos«, sagte Dean mit gerecktem Kinn.
»An Ihrer Stelle wär' ich nicht so eingebildet«, fauchte die Göttin. »Sie wissen doch, was passiert, wenn man sein Leben auf Lügen aufbaut. Die Wahrheit kommt ans Licht und ...« Sie grinste vielsagend. »Gott weiß, was man von Ihnen noch alles zu hören bekommt. Ich denke, es ist an der Zeit, etwas davon auszuplaudern.«
Die Frau hockte sich neben mich.
Selbstsicher hob ich den Kopf. »Sie werden von mir nichts zu hören bekommen. Meine himmlische Seite ist gestärkt. Bei mir funktionieren solche lächerlichen Woodoo-Tricks nicht.«
Veritas lächelte süffisant. »Wirklich? Ich spüre, dass Sie geschwächt sind. Ich weiß, wer Sie sind. Sie sind kein hundertprozentiger Engel. Also denke ich, dass meine Woodoo-Tricks doch funktionieren werden.«
Ich schluckte schwer. Die Frau hatte den Nagel auf den Kopf getroffen.
»Ich spüre diese Blockade tief in deinem Innern. Du fühlst dich unwohl in der Nähe der beiden Brüder. Wieso?«
»Ich habe Angst, dass sie sehen, was aus mir in dem letzten Jahr geworden ist«, antwortete ich mechanisch.
»Und was bist du geworden?«
»Ein hochdekorierter Engel. Ein Jäger der anderen Sorte. Ein Killer.«
»Was bedeuet?«, hackte Veritas nach.
»Dass ich aus Hass und Wut handle. Sie leiten mich. Ich kann es nicht verhindern.«
Die Frau nickte zufrieden und erhob sich. »Braves Mädchen.«
Ich atmete schnell und mit pochendem Herzen sah ich zu Dean. Er musterte mich besorgt und schnell ließ ich den Kopf sinken.
»Und jetzt zu dir, Dean.« Veritas ließ sich neben ihm nieder. »Was denkst du wirklich über deinen Bruder?«
Deans Lippen bebten. Er versuchte dagegen anzukämpfen. »Gestern wollt' ich ihn noch im Schlaf töten. Ich hab' ihn für'n Monster gehalten. Aber jetzt denk' ich ...«
»Jetzt denkst du was?«, fragte Veritas.
»Es ist das gleiche Spiel.«
»Wie meinst du das?«
»Es ist der Kick. Man ist voll mit Blut so lange, bis man ausgeblutet ist, und der Tod ist allgegenwärtig, so wie jetzt. Ich hab' mir eingeredet, ich will da raus, ich will eine Familie.«
»Aber du hast gelogen«, meinte die Göttin.
»Nein. Aber was ich wirklich gut kann, ist, Kehlen aufschlitzen. Ich bin kein Vater. Ich bin ein Killer - und daran lässt sich nichts ändern, das weiß ich jetzt.«
Veritas erhob sich. »Gut. Und dass Sam wieder in dein Leben getreten ist, muss doch eine Erleichterung gewesen sein, hm? Wie Mallory für Mickey.« Sie lief herüber zu Sam und hockte sich langsam vor ihm hin. »Und wie denkst du darüber, dass die Band jetzt wieder zusammen ist? Sam?«
Unruhig sah der Mann zu uns, dann wieder zu der Göttin. »Also. Was wir tun, ist nicht leicht, aber wir passen aufeinander auf - und nur das zählt.« Der Mann nickte. »Und das ist sie, die Wahrheit.«
»Nein«, sagte Veritas bestimmt. »Nein, ist es nicht.« Sie stand auf.
»Du hast selbst gesagt, ich kann nicht lügen«, meinte Sam.
»Wie machst du das?«, rief sie. »Das ist überhaupt nicht möglich. Du lügst mich an.«
»Nein, das stimmt nicht!«
»Was bist du?« Veritas sah zu Dean und mir. »Wer ist er?«
»Ich hab' keine Ahnung, wovon du sprichst«, sagte Sam.
»Wirklich? Das bezweifle ich. Ich zweifle an allem, was im Augenblick aus deinem Mund kommt. Du bist kein Mensch.«
»Was?«, fragte Dean entsetzt.
»Das wusstest du nicht?« Veritas sah ihn an. »Ja, das glaub' ich dir.«
In diesem Moment hatte Sam seine Fesseln mit dem Messer, welches wahrscheinlich in seiner Hosentasche gewesen war, durchgeschnitten. Er ließ es über den glatten Boden zu Dean herüberschlittern und stürzte sich dann auf die Göttin. Während Sam mit ihr kämpfte, versuchte sein Bruder sich von seinen Fesseln zu lösen. Ich zog an den meinen mit aller Kraft und nach einigen Augenblicken zerrissen sie, was mir neben der Freiheit ungeheure Schmerzen brachte.
Ich eilte zu Dean herüber und half ihm. Der Winchester ergriff sogleich eine Eisenstange, welche auf dem Boden gelegen hatte, und schlug mit dieser nach Veritas, die Sam die Luft abdrückte. Abgelenkt durch den Schlag wandte sich die Göttin an Dean, doch da hatte sein Bruder ihr bereits den Dolch mit dem Hundeblut durch die Brust gejagt. Sterbend stürzte sie zu Boden.
»Dean!«, rief ich, als der Mann seinen eigenen Dolch auf Sam richtete.
»Dean, ich bin es«, sagte dieser hastig.
»Du bist nicht mein Bruder«, meinte Dean und drängte Sam immer weiter an die Wand.
»Hör zu -«
»Was bist du?«
»Ich bin es, Dean. Bitte, bitte, lass es mich erklären.«
»Wieso sollt' ich dir auch nur ein Wort glauben?«
»Dean, lass das Messer fallen«, befahl ich.
»Nein. Nicht solange, er mir nicht die Wahrheit erzählt hat«, zischte der ältere Winchester.
»Okay, okay, du willst die Wahrheit? Hier ist sie.« Beschwichtigend hob Sam die Hände. »Sie hatte recht. Irgendwas läuft bei mir falsch. Richtig falsch. Ich weiß es schon seit 'ner Weile. Ich hab' dich belogen, ja. Und ich hab' zugelassen, dass der Vampir dich verwandelt, weil ich wusste, dass es ein Heilmittel gibt.«
Bei diesem Satz wurde ich hellhörig.
»Und wir mussten nun mal in dieses Nest rein, und ich wusste, du kriegst das hin.« 
»Es hinkriegen?«, rief Dean fassungslos. »Ich hätt' dabei draufgehen können. Und Ben auch.«
»Und genau das hätte mich aufhalten müssen«, sagte Sam, »aber ich ... ich fühle es nicht ... Seit ich wieder zurück bin, bin ich ein besserer Jäger als jemals zuvor. Nichts macht mir mehr Angst, weil ich es nicht fühlen kann. Ich weiß nicht, was mit mir nicht in Ordnung ist. Ich denke, dass ich Hilfe brauche.«
Kaum hatte er dies gesagt, schlug ich ihm mit voller Kraft ins Gesicht, so dass der Mann bewusstlos zu Boden stürzte. Mit einem zur Grimasse gezogenen Gesicht schüttelte ich meine Hand. »Das hat gezwickt«, meinte ich. »Denke, ich muss meine Kraft wieder auftanken.«

1787 Wörter

Tja, soulless Sammy xD

Noch diesen Schultag überstehen, dann ist Wochenende! Yeaaah!

Wünsche euch allen einen tollen Tag ❤

Strange New World || Supernatural Staffel 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt