Kapitel 4

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Ein Jahr zuvor:

Ich wankte durch die Straßen New York Citys - wie ich hierher gekommen war, wusste ich nicht mehr. Mit zittrigen Händen stützte ich mich am nassen, schmutzigen Gestein eines alten Hauses ab, irgendwo in einer verlassenen Gasse, vor mir ein voller Müllcontainer.
Ich sah durch meinen Tränenschleier hindurch zwei Typen auf mich zulaufen. Sie lachten und scherzten, und kraftlos sank ich zu Boden.
»Oh, wen haben wir denn da?«, fragte einer der beiden, als sie vor mir stehen blieben.
»Sie scheint ziemlich stoned zu sein«, meinte der andere. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, dann zog er mich auf die Beine. »Ganz hübsch, die Kleine.«
Sein Freund lachte dreckig. »Oh, ja.« Er begann, an meinem Shirt zu ziehen. Ich wehrte und schlug um mich - ich traf kein einziges Mal; ich hatte den Orientierungssinn verloren.
»Nein«, wimmerte ich, als sie den Stoff meines Oberteils zerissen hatten und der Rest nur noch schäbig meinen BH darunter und die Haut verdeckte. »Nein ...«
Sie rissen mein Shirt komplett hinunter und begannen dann, sich an meiner Hose schaffen zu machen.
»Hey, du Mistkerl«, erklang auf einmal eine Stimme.
Die beiden Männer ließen von mir ab, so dass ich schwach zu Boden rutschte. Ich sah, wie jemand die beiden schlug, bis sie panisch davonrannten.
»Wieso tust du das immer?«, fragte mein Retter. Er beugte sich zu mir hinunter und zog mich auf die Beine. Schwach hing ich in seinen Armen, und er zog seinen Mantel aus - jedenfalls dachte ich, es war ein Mantel - und legte ihn um mich. »Ich bring' dich hier weg«, verkündete er und im nächsten Moment hatten wir die Gasse verlassen.

Mit dröhnendem Schädel erwachte ich. Ich erhob mich mit einem vor Schmerzen verzogenen Gesicht. Das helle Licht, welches durch das Fenster in den Raum schien, blendete mich, und ich schirmte die Augen mit der Hand ab, um etwas sehen zu können. Ich bemerkte eine Gestalt, die gegen einer Kommode lehnte, und als ich einige Male blinzelte, erkannte ich Castiel, der mich ernst beobachtete.
»Du hast mich also gerettet«, meinte ich. »Danke.«
»Kein Problem«, sagte der Engel mit der üblichen ruhigen Stimme.
Ich erhob mich vom Bett und sofort zog sich ein Schmerz durch meinen Kopf. »Alkohol«, stöhnte ich. »Wollt' ich das Zeug eigentlich nie wieder anrühren?«
»Du wolltest deine Trauer ertränken«, meinte Cas nur.
»Ist keine Entschuldigung«, murmelte ich. Erst jetzt wurde ich auf meine Umgebung aufmerksam. »Wo sind wir?«
»Erkennst du's nicht?«, fragte der Mann.
Ich sah mich um. Allmählich wurde es mir bewusst.
»Das kann nicht sein«, flüsterte ich und entgeistert sah ich ihn an.
»Ich habe für Ordnung gesorgt. Das ist der einzige Ort, wo du Ruhe und Schutz vor anderen hast.«
Verwundert runzelte ich die Stirn. »Welche anderen?«
»Die Engel«, erklärte Castiel und richtete sich auf. »Seid Michael in der Hölle ist, will Raphael die Macht an sich reißen. Ich versuch' im Himmel einen Bürgerkrieg verhindern.«
»Du hast mich ...« Ich atmete tief durch und fuhr mir mit der Hand durch die Haare. »Ich bin zu Hause ...«
»Ja ...«
»Und was soll ich jetzt tun?«, fragte ich. »Sam ist in der Hölle, Dean ist bei Lisa. Ich dachte, ich könnte mein eigenes Leben leben, aber in den letzten vier Wochen, seit Sam fort ist, geht es nur bergab. Ich wollte mich euch anschließen, aber jetzt bezweifle ich, dass ich überhaupt dazu imstande bin, auf eine stinknormale Jagd zu gehen.«
»Du kannst dich uns anschließen«, sagte Castiel, »aber zunächst musst du lernen, deine Fähigkeiten zu kontrollieren.«

Heute:

Ich schlug gegen den Boxsack, ein schwacher Schlag, und lustlos ließ ich die Arme hängen. Unachtsam warf ich die Handschuhe in die Ecke, dann goss ich mir etwas Whisky in ein Glas. Gerade als ich trinken wollte, vernahm ich ein Geräusch in meinem Rücken. Vorsichtig ergriff ich den Brieföffner, der neben den Gläsern und der Flasche Whiskey saß, und blitzschnell warf ich ihn mitten in der Drehung. Die Waffe federte im Griff des Mannes und mit einem Grinsen ließ er den Arm sinken.
»Na, na, na, begrüßt man so einen alten Freund?«, fragte er.
»Du bist kein Freund«, zischte ich abwertend.
Crowley lachte. »Du hast es also gelernt.« Er deutete auf mich. »Deine himmlischen Fähigkeiten, du kannst sie einsetzen.«
»Bist du deswegen hier?«, stichelte ich. »Wenn ja, kannst du wieder verschwinden.«
»Du weißt anscheinend nicht, wie man mit seinem Boss spricht«, meinte der Dämon. Er trat langsam auf mich zu und schenkte sich dann ein Glas Whiskey ein.
»Du bist nicht mein Boss«, entgegnete ich.
»Oh doch, der bin ich.« Crowley nippte kurz am Alkohol, dann stellte er das Glas mit einem angewiderten Blick zurück. »Na ja, zur Hälfte jedenfalls.« Er grinste mich vergnügt an. »Ich bin der König der Hölle.«
Entsetzt starrte ich ihn an. »Das kann nicht sein.«
»Doch, also benimm dich jetzt und zeig ein wenig mehr Respekt!«, wies Crowley mich zurecht.
Ich lachte. »Wenn hier jemand Respekt zu zeigen hat, dann du. Ich bin hier die Stärkere von uns beiden. Vergiss das nicht.«
Crowley sah mich ernst an, dann wandte er sich mit einem Seufzen ab. »Na, schön. Du hast recht.« Er drehte sich wieder um. »Hör zu, Kitty-Cat, du bist Halbdämon, ich bin der König der Hölle. Du hast recht, du bist die Stärkere von uns beiden. Du bist stärker als die meisten Wesen, die ich kenne, und deswegen biete ich dir einen Deal an.«
Ich lachte. »Das kann nicht dein Ernst sein.«
»Oh, das ist mein vollkommener Ernst«, meinte Crowley.
Finster sah ich ihn an. »Steck dir deinen Deal sonst wohin. Ich schlage kein Bündnis ein mit einem Dämon.«
Crowleys Gesicht lief rot vor Wut an und aufgebracht baute er sich vor mir auf. »Pass mal auf, du eingebildete, arrogante Hure -«
»Geh weg von ihr, Crowley«, erklang auf einmal eine Stimme neben mir.
In dem Gesicht des Königs der Hölle erschien ein Lächeln. »Castiel«, sagte er erfreut. »Schön, dich zu sehen.«
»Verschwinde«, wies Cas ihn an.
»Bist du ihr Beschützer oder ihr Kerkermeister?«, fragte Crowley. »Oder vielleicht ihr Liebhaber?«
»Ich sagte, verschwinde!«
»Natürlich.« Crowley sah zu mir. »Aber sieh dich vor: Meine Untergebenen haben dich schon seit Langem ins Visier genommen.« Mit diesen Worten verschwand er.
»Was soll das denn heißen?«, fragte ich.
Cas seufzte. »Das heißt, dass du von Dämonen beobachtet wirst.«
Genervt trank ich mein Glas Whisky leer. »Mit denen werd' ich schon fertig.«
»Wie geht es dir?«
Ich sah ihn an. »Kannst du bitte aufhören, mir jedes Mal, wenn du hier bist, diese Frage zu stellen?«
»Ich meine, weil Sam und Dean -«
Abrupt hob ich die Hand. »Nein, Cas, lass es. Ich will nicht darüber sprechen.«
Flügelschlag erklang und der Engel war verschwunden.

1104 Wörter

Hab's doch noch geschafft mit dem Kapi. Ich kann wahrscheinlich erst am Wochenende wieder updaten. Hab gerade ziemlichen Stress in der Schule ...

Was sagt ihr zu dem Kapi bzw dem Rückblick?

Strange New World || Supernatural Staffel 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt