Kapitel 29

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Bobbys Freundin Dr. Elanor Visyak, von der wir vor Monaten das Schwert gegen die Drachen erhalten hatten, war verschwunden und so hatten wir ihr Handy geortet und liefen nun durch die Straße, in welcher sie sich befinden sollte. Bobby rief sie an, um das Klingeln des Handys zu hören, und da vernahmen wir es, nicht weit von uns entfernt. Wir fanden sie in einer Nebengasse zwischen zwei Müllcontainern - auf dem Boden liegend.
Bobby kniete sich sofort vor hier und versuchte ihren Kopf zu stützen. »Elle?«
»Ich schätze, ich hätte deine Hilfe annehmen sollen«, sagte sie schwach.
Bobby lächelte leicht. »Nicht aufregen.«
»Was ist passiert?«, wollte Sam wissen.
»Sie haben mich geholt. Ich bin entkommen.« Sie öffnete ihre Jacke und zum Vorschein kam eine blutgetränkte Bluse.
»Oh, Ellie«, sagte Bobby. »Was haben sie dir angetan?«
»Einfach alles«, meinte sie. »Mit dem Dämon, das hätte ich regeln können. Aber als der Engel sich einmischte, da -«
»Ein Engel?«, unterbrach ich sie sofort. »Zufällig einer in einem braunen Trenchcoat.«
Sie nickte leicht. »Ich hab's ihnen gesagt, Bobby. Sie haben genug, um das Tor zum Fegefeuer zu öffnen.«
»Erzähl es mir. Ich muss es wissen«, drängte der alte Mann.
»Sie brauchen Jungfrauenblut - das ist unverzichtbar. Und sie brauchen das Blut eines Fegefeuersinsassen.« Sie lachte. »Na ja, davon haben sie ja jetzt reichlich.«
»Haben sie's schon geöffnet?«, verlangte Dean zu wissen.
Die Frau schüttelte den Kopf. »Erst morgen. Zur Mondfinsternis. Es tut mir leid, Bobby.«
»Nein, ist schon okay.«
»Nein, wirklich. Es tut mir so leid.«
»Sag uns, wo sie sind«, bat der Mann, doch da erlosch bereits das Lebenslicht der Frau, und stumm schloss Bobby ihr die Augen.
In meinem Rücken erklang Flügelschlag und während ich mich abrupt umwandte, zog ich mein Engelsschwert. Mein Schlag wurde ohne großen Aufwand aufgehalten, indem Castiel einfach nur mein Handgelenk packte und meinen Arm von sich drückte, und finster funkelte ich ihn an.
»Ich wollte nicht, dass es soweit kommt«, sagte der Engel und entriss mir meine Waffe. Wütend stolperte ich zurück. »Crowley hat sich da reingesteigert.«
»Ja, klar«, rief Bobby und schubste Dean zur Seite, um sich dem Engel gegenüber zu stellen, »das war natürlich alles Crowley, du elendiger Mistkerl!« Sam und Dean hielten den Mann noch zurück, bevor er sich auf Cas stürzen konnte.
»Du schnallst es nicht, huh?«, meinte Dean an ihn gewandt. »Wie durchgeknallt du eigentlich bist?«
»Es reicht«, donnerte Castiel. »Es ist mir egal, was ihr denkt. Ich habe mehrfach versucht, es euch begreiflich zu machen, also ein letztes Mal: Bitte verschwindet von hier und lasst mich Raphael aufhalten. Noch mal frage ich nicht.«
»Schieb's dir in den Arsch, Arschloch«, zischte ich und drängte mich vor Dean, um genau vor Cas zu stehen. »Glaubst du, wir lassen zu, dass du das Fegefeuer öffnest? Dann kennst du uns aber falsch! Wir werden dich und deinen neuen BFF aufhalten, und wir tun dafür alles, was in unserer Macht steht - selbst, wenn ich dich eigenhändig dafür töten muss.«
»Ich wünschte, es wär' nicht so weit gekommen«, sagte Castiel. »Doch ich versichere euch, wenn das alles zu Ende ist, werde ich Sam retten. Aber nur, wenn ihr euch endlich zurückhaltet.«
»Sam retten, wovor?«, verlangte Dean sofort zu wissen.
Ohne ein Wort teleportierte der Engel sich hinter Sam und bevor ich einschreiten konnte, berührte er ihn schon an der Schläfe. Augenblicklich stürzte der Mann bewusstlos zu Boden und Cas verschwand.
»Sam!«, brüllte Dean und stürzte sich auf seinen Bruder. »Cat, was ist mit ihm? Was ist mit ihm?«
»Ich denke, du ahnst es bereits«, sagte ich. »Cas hat Sams Mauer entfernt.«
Wir brachten Sam in den Panikraum, wo er stundenlang bewusstlos lag. Dean verließ ihn nicht einmal. Oft saß er neben seinem Bruder und versuchte ihn mithilfe seiner Stimme zurückzuholen, und manchmal erhob sich und begann auf- und abzulaufen. Ich stand vor dem Panikraum, denn hatten wir diesen nun engelsicher gemacht, was ihn nun auch für unzugänglich machte.
»Was Neues?«, fragte Bobby, als er nach dem Rechten sah.
»So geht das nicht weiter, Bobby. Ich muss ihm helfen«, meinte der Winchester aufgewühlt.
»Dean ...«
»Irgendwie muss ich doch in seinen Schädel reinkommen!«
»Du weißt, was Cas getan hat«, sagte Bobby. »Die Wand im Kopf deines Bruders ist verschwunden. Und jetzt herrscht Chaos. Wir wissen nicht, was in ihm vorgeht.«
»Das ist mir egal. Wir müssen was dagegen tun!«, rief Dean verzweifelt.
»Das werden wir auch«, meinte Bobby, »aber uns bleiben noch 16 Stunden, bis sie das Fegefeuer knacken - und uns fehlt schon ein Mann. Noch einen Verlust kann ich mir nicht leisten.«
»Ja, und wie soll das ablaufen? Wir haben weder Kontakt zu Crowley, noch zu Cas. Und Balthazar ist auch verschwunden. Ich mein' alles, was wir haben, ist Sam, und der macht, wie's gerade aussieht, die Hölle durch!«
»Weißt du«, sagte Bobby und goss Whiskey in ein Glas, »das ist genau das, was Cas erreichen will - dass du daran zerbrichst. Was würde Sam jetzt tun, Dean?« Der Mann hielt dem Winchester das Glas hin und dieser ergriff es.
»Finde Cas, Bobby. Und zwar sofort.«
Der alte Mann nickte und ging davon. Als er zurückkam, kam er nicht allein, doch war es nicht Cas, der ihn begleitete.
»Na, wenigstens habt ihr die Bude endlich engelsicher gemacht«, meinte Balthazar, der ebenfalls draußen stehenblieb. Er deutete auf Sam. »Wie geht's Dornröschen? Ich hoffe nur, dass du dir keine Küsse stiehlst.« Er wandte sich ab und Dean folgte ihm mit ernster Miene.
»Wieso hast du so lange gebraucht?«, verlangte der Winchester entzürnt zu wissen.
»Ganz ehrlich?«, fragte Balthazar. »Ich hab' noch mal nachgedacht.«
Verwundert verzog Dean das Gesicht. »Worüber?«
»Na, ob ich euch helfe. Ich dachte, vielleicht sollte ich euch lieber eure klebrigen Organe herausreißen.«
»Nur zu. Versuch's«, provozierte ich.
»Aber«, betonte Balthazar, »ich hab', wie gesagt, darüber nachgedacht, ob ich euch helfen sollte - und ich hab' mich entschieden.« Er holte einen Zettel heraus und überreichte ihn Dean. »Da sind Cas und Crowley. Genau da wird die Show losgehen.«
Dean zeigte uns den Zettel. Bootback, Kansas stand darauf, und eine Adresse, wo genau sie sich befanden.
»Alles klar«, sagte Dean. »Gib uns 'ne Minute, um zu packen, und dann zapp' uns hin.«
»Oh, nein, nein, nein, so läuft das nicht«, schlug der Engel sofort ab.
»Balthazar!«, knurrte Dean hinter zusammengebissenen Zähnen.
»Ich betrüge hier einen Freund«, erklärte der Mann. »Einen sehr mächtigen Freund. So wie wir alle. Ich schätze also, ich habe mich schon weit genug aus dem Fenster gelehnt. Viel Glück.« Flügelschlag erklang und der Engel war verschwunden.
»Dann musst du uns hinbringen«, meinte Dean an mich gewandt.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, Dean, ich kann nicht.«
»Ich weiß, dass du's kannst. Du bist nach Grants Pass geflogen und hast Lisa ins Krankenhaus gebracht.«
»Und gerade eben Sam«, erinnerte ich. »Genau darum geht es. Ich habe so viel meiner Kraft in letzter Zeit eingesetzt, dass ich geschwächt bin. Wenn ich euch jetzt versuchen würde, dahin zu teleportieren, könnte das böse für uns enden. Wir werden wahrscheinlich nicht mal ankommen oder vielleicht sogar dabei draufgehen. Ich hab' ja nicht mal ein Engelsschwert, um euch zu helfen. Das hat Cas. Momentan bin ich einfach nur ein Mensch, mit einem Funken Magie.«
Dean stöhnte auf und fuhr sich verzweifelt mit der Hand übers Gesicht. »Dann ... dann bleib hier bei Sam und ruh' dich aus. Und wenn er aufwacht, kommt ihr beide nach Bootback.«
»Nein, ich werde euch begleiten«, entgegnete ich sofort.
»Nein«, sagte Dean mit fester Stimme. »Wir brauchen deine Hilfe, aber bisher bist du ein Nacktmull. Cas könnte dich mit einem Fingerschnippsen umbringen -«
»Ach, und dich nicht?«, stichelte ich.
Mahnend sah der Winchester mich an. »Du weißt, was ich meine. Wenn Cas wirklich so mächtig ist, wie Balthazar behauptet, brauchen wir einen mächtigen Kämpfer. Du ruhst dich aus und kommst mit Sam nach. Das ist mein letztes Wort.« Und das war es auch - sein letztes Wort. Ohne Weiteres ging er davon, und Bobby sah mich nur mit einem Schulterzucken an.

Sam erwachte mit einem lauten Aufkeuchen. Am liebsten wäre ich zu ihm gerannt, doch konnte ich ja weiterhin den Raum nicht betreten. Er verlor kein Wort darüber, was geschehen war oder was er durchgemacht hatte. Ich musste ihm erklären, was los war, und ohne zu zögern fuhren wir nach Bootback, Kansas. Der Impala lag zerstört und kopfüber vor dem Haus, in welchem sich Dean, Bobby und Cas befinden sollten.
Sofort spürte ich, dass irgendetwas nicht stimmte - eine starke Präsenz erfüllte diesen Ort. Eine Präsenz, die ich nicht wirklich zuorden konnte. Sam und ich konnten das Haus betreten, ohne von irgendjemanden aufgehalten zu werden. Wir rannten durch die Korridore und suchten jeden Raum ab, als auf einmal der Boden zu beben begann. Am Ende des Ganges schien ein helles Leuchten durch die leicht geöffnete Tür, und hastig rannten Sam und ich darauf zu.
»Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie es ist«, hörten wir Castiel mit merkwürdig ruhiger Stimme sagen. »Jetzt sind sie alle in mir. Millionen über Millionen von Seelen.«
»Klingt sexy«, meinte Crowley. »Crowley verlässt die Bühne.«
Aus der Deckung heraus konnten Sam und ich alles sehen, so auch wie der König der Hölle verschwand. Raphael, in Gestalt einer Frau, sah sich um, Angst zierte sein Gesicht.
»Na, was ist los, Raphael?«, fragts Cas vergnügt. »Hat dir jemand die Flügel gestutzt?«
»Castiel, bitte«, flehte der Erzengel. »Du hast den Dämon gehen lassen, aber nicht deinen eigenen Bruder?«
»Mit dem Dämon hab' ich noch was vor. Mit dir allerdings ...« Cas hob die Hand und schnippste, und wie einst er zersprang Raphael in unendlich viele Einzelteile. Sein Engelsschwert fiel klirrend zu Boden.
»Tja, also«, begann Cas mit stolzer und selbstzufriedener Miene, »ich habe euch gerettet.« Er drehte uns den Rücken zu.
»Ja, das hast du Cas«, sagte Dean. »Danke.«
»Ihr habt an mir gezweifelt und gegen mich gekämpft.« Mit einem Lächeln wandte er sich Dean zu. »Aber ich hatte die ganze Zeit recht.«
»Okay, ja, du hattest recht. Es tut uns leid«, entschuldigte Dean sich. »Doch wir sollten dich jetzt entschärfen, okay?«
»Was meinst du damit?«
»Na ja, du bist so explosiv wie 'ne Atombombe. Bevor also die Mondfinsternis endet, lass uns die Seelen dahin zurückbringen, wo sie hingehören«, meinte Dean.
»Oh, nein, sie gehören zu mir«, entgegnete Cas ruhig - ich hatte das Gefühl, dass ein völlig anderer Engel vor uns stand. Das war nicht Cas. Nicht der, den ich seit wenigen Jahren kannte und der mein Mentor und Freund gewesen war.
»Nein, Cas«, sagte Dean, »die vernebeln deinen Geist.«
»Oh-oh, ich bin noch nicht fertig. Raphael hat viele Anhänger und ich muss ... ich muss für ihre Bestrafung sorgen.«
Hilflos blickte der Winchester zu Bobby, dann trat er auf Cas zu. »Jetzt hör mal zu. Ich weiß ... es sind sehr schlimme Dinge passiert. Aber wir waren einmal eine Familie. Ich hätte mein Leben für dich gegeben - und ein paar Mal war's fast soweit. Also, wenn dir das etwas bedeutet ... bitte ... Ich hab' Lisa verloren und Ben und jetzt auch noch Sam. Lass nicht zu, dass ich dich auch noch verliere.«
Castiel ließ nur den Blick sinken.
»Du brauchst diese Energie nicht mehr, Cas!«, rief Dean. »Lass los, bevor sie uns alle tötet.«
»Du sagst das nur, weil ich gewonnen habe«, meinte Cas, »und weil du Angst hast.«
Sam hatte sich leise davongeschlichen und das Engelsschwert aufgehoben, während Cas auf Dean zulief.
»Du bist nicht meine Familie, Dean«, sagte der Engel. »Ich habe keine Familie.«
In diesem Moment stieß Sam das Engelsschwert in Cas' Rücken. Abrupt erhob ich mich. Ich wollte schreien, denn war er immerhin ein Freund gewesen, den Sam zu ermorden versuchten, doch starb Cas nicht. Er zog nur das Schwert aus seinem Rücken und legte es auf einen Tisch.
»Freut mich, dass du's geschafft hast, Sam«, sagte Cas ruhig. Langsam wandte er sich dem Winchester zu. »Aber das Engelsschwert wird nicht funktionieren, denn ich bin kein Engel mehr.« Er sah zu Bobby und Dean. »Ich bin euer neuer Gott. Ein besserer Gott. Also werdet ihr euch vor mir verneigen und eure Liebe zu mir, zu eurem Herrn, bekunden.« Langsam wandte der Mann seinen Kopf zu mir. Seine blauen kalten Augen schienen mich zu durchbohren. »Oder ich werde euch vernichten.«

2016 Wörter

Here it is. Auch nicht gerade spektakulär, aber jetzt habe ich einige Frage an euch:

Wie fandet ihr das Buch?

Was war gut, was hätte ich vielleicht ändern können?

Danke für die vielen Kommis im letzten Kapi, würde mich freuen, wenn ihr das wieder so macht 😄

Strange New World || Supernatural Staffel 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt