3. Kapitel (Melissa)

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   Neben uns werkten Mr. und Mrs. Holmes noch immer mit ihrem Gepäck, das einfach nicht in den kleinen Vorraum passen wollte.

„Ich habe dir doch gesagt, dass du den Rucksack und die zusätzliche Tasche daheim lassen sollst. Aber du wolltest ja nicht auf mich hören", schimpfte Pias Dad, während seine Frau sich abmühte, eine grell-orange Tasche ins Zelt zu zerren. Pia schüttelte lächelnd den Kopf und wir machten uns auf, den Campingplatz zu erkunden.

Gegenüber von uns war eine amerikanische Familie, die vor ihrem Wohnwagen einen Holztisch mit vier Stühlen, zwei Sonnenschirme und ein Planschbecken, das mit Wasser gefüllt war, aufgestellt hatte. Die Eltern saßen am Tisch und tranken Limonade während der kleiner Junge im Planschbecken saß und maulte:

„Das Wasser ist total warm. Mami, mach' was! Mir ist heiß!" Frustriert klatschte er mit der Hand ins Wasser. Seine Mutter stand genervt auf um nach ihrem Kleinen zu sehen. Ich lächelte und deutete mit dem Zeigefinger auf das Becken.

„Aber Josh, das Wasser ist doch schön kühl", meinte die Mutter, als sie die Hand ins Becken hielt und seufzte, „Das hast du dir bestimmt nur eingebildet."

„Nein, das stimmt nicht!", rief Josh und starrte ungläubig auf das Wasser im Planschbecken, „Gerade war es noch warm!" Pia und ich grinsten uns an und gingen weiter. Wir kamen an vielen Zelten vorbei. Die meisten sahen so aus wie unsere, doch einige waren richtige Häuser. Große gelbe mit vier verschiedenen Räumen und einer richtigen kleinen Küche mit E-Herd, oder lange grüne mit einer Markise und Fenstern, an denen kleine Blumenkästen hingen. Viele der Camper saßen vor ihren Zelten und tranken Limonade, Wasser oder Saft mit Eiswürfeln darin, schauten dem Treiben zu und genossen die Sonne. Einige spielten Mensch-ärgere-dich-nicht oder Karten im Schatten der umliegenden Bäume.

Ein Ehepaar aus Deutschland spielte Badminton und obwohl ein ziemlich kräftiger Wind wehte, schien der Ball immer in der Bahn zu bleiben.

„Da hat sich wohl ein Wächter nach Minehead verirrt, was?", meinte Pia und deutete auf den Mann, der konzentriert den Ball mit den Augen verfolgte und einmal kurz zwinkerte, als er drohte, verweht zu werden.

Jetzt achteten wir mehr auf Anzeichen andere Wächter und sahen hier und da ein Feuer, das sich von selbst entzündete oder einige Blumen, die aus der Erde sprossen, wenn es zu wenig für einen Strauß waren. Eine Wächterfamilie war besonders leichtsinnig und trank Blubbersaft auf ihrer Terrasse und aß Kriechwürmer aus einer mitgebrachten Box, wo sich einer leise davonschlich und im Nachbarzelt Schutz suchte.

Die Zelte standen nun weniger dicht beieinander und nur vereinzelt sah man noch Familien draußen.

„Wo sind denn plötzlich alle hin?", fragte Pia und sah sich um. Der letzte Camper, den wir gesehen hatten, war ein alter Mann, der in der Tür seines Wohnwagens stand und pfeifen-rauchend hinaus starrte.

„Ich habe keine Ahnung. Auf dem Springbrunnenplatz vielleicht, wo mehr los ist. Hier hört man ja eine Stecknadel fallen, so ruhig ist es." Nun waren wir endgültig am letzten Zelt vorbei und vor uns erstreckte sich ein kleiner See, mit einem Holzsteg, an dem ein rotes Ruderboot vertäut war, das sanft im Wasser schaukelte. Das hüfthohe Schilf, das am Ufer wuchs, wiegte sich leise im Wind. Alles schien friedlich und doch... doch strahlte diese Ruhe etwas Bedrohendes aus.

„Komm, wir paddeln raus auf den See", meinte Pia. Sie war zum Steg gelaufen und machte das Boot los.

„Ich weiß nicht Pia", antwortete ich und musste etwas lauter reden, damit sie mich hören konnte, da ich noch immer einige Meter vom Ufer entfernt stand, „Mir ist das nicht sonderlich geheuer. Irgendetwas stimmt hier nicht." Pia sah mich neugierig an, machte das Ruderboot wieder fest und kam mit schnellen Schritten zu mir zurück.

Die Prophezeiung - ErdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt