5. Bruder

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Irgendwann schlief er ein. Glücklicherweise. Wir unterhielten uns noch Stunden über Stunden über ein und dieselbe Person. Jack.

Am Ende kamen wir zu dem Entschluss, dass er mich niemals töten würde. Ich bin seine Schwester, wenn es wirklich so war. Ich werde es niemals glauben können – erst wenn er vor mir steht und seine Maske fallen lässt. Doch noch immer hoffte ich auf eine Verwechslung. Doch unsere Geschichten gleichten sich. Jack war schon immer ein Sturkopf und so kannte Jacob ihn sogar. Er war ein Teufel.

Nun lag ich hier. Schlaflos und hellwach mitten in der Nacht. Ich weiß ganz genau, dass er mich in diesem Moment beobachtet hat. Ich wollte endlich aus dem Schatten zu ihm treten. Ich wollte ihn sehen. Egal was Jacob sagte. Natürlich war er von meiner Idee nicht begeistert. Also tat ich es heimlich.

Ich wartete bis er endlich schlief. Dann schlich ich mich leise aus seiner Wohnung. Der leichte Regen begrüßte mich freundlich, als ich den Innenhof betrat. Ich streckte die Arme von meinem Körper und streckte den Kopf in die Höhe.

Ich wollte ihn begrüßen. Den süßen Tod. Doch er kam nicht. Er ließ sich nicht blicken. Die Straßen waren wie verlassen, als ich die Straße herabging.

„Ripper! Ich will dich sehen!", brüllte ich plötzlich, „Ich will, dass du mich ansiehst!"

Keine Reaktion. Also versuchte ich es auf eine andere Weise.


„Jack! Ich weiß, dass du es bist! Bruder..."

Die Stille schien mich einzunehmen. Kein einziger Ton drang zu mir. Bis da ein unbeschreiblicher Schrei zu hören war. Eine Frau. Es war eine Mischung aus ‚Hilfe' und ihren letzten Atemzügen. Dann verstummte alles erneut.


Sofort lief ich in die Richtung des Schreis. Eine Frau lag am Boden. Sie bewegte keinen Muskel. Doch der Täter war weit und breit nicht auffindbar.

Also lief ich zur Frau und begutachtete sie. Ich achtete nicht auf ihr Aussehen, denn eine Nachricht versetzte mich in Angst. In Blut war etwas neben der Leiche auf den Boden geschrieben.

„Lauf!", wiederholte ich die Schrift. Doch ich dachte nicht daran, der Aufforderung Folge zu leisten. Ich sah mich um. Ich wollte ihn. Noch immer.

Erneut ein lautes Geräusch. Ein heller gedämpfter Knall, wie bei umgefallenen Mülltonnen.

„Jetzt hab' ich dich.", sagte ich leise und ging in Richtung des nahegelegenen Geräusch.

Jacob und der Ripper kämpften. Sie schrien sich dabei ununterbrochen an, doch ich verstand kein Bisschen.

Jacob gewann die Oberhand und drückte seinen Kontrahenten gegen die Wand. Dabei hielt er ihm eine Klinge an den Hals.

Ich trat näher, ohne ein Wort zu sagen.

„Halte dich von ihr fern, Mistkerl!", zischte Jacob und drückte dabei seine Klinge fest an seinen Hals.

„Das Gleiche könnte ich auch zu dir sagen, Bruder. Doch ich spiele lieber."

Jacob holte weit aus und ich wusste was er vorhatte.

„Nicht!", sagte ich laut. Dabei streckte ich meine Hand nach Jacob aus.

Dieser drehte sich sofort um. Danach ging alles zu schnell. Der Gefangene befreite sich und gab Jacob eine ordentliche Revanche. Immer wieder schlug er auf meinen Freund ein, welcher sich nur zu schützen wusste. Ich war überfordert, doch dann handelte ich ohne nachzudenken.

Ich rannte auf das Monster zu und warf ihn damit zu Boden. Er war sichtlich erschrocken - doch nicht wütend. Er legte den Kopf schief.

„Ich weiß es, Schwester. Und du offensichtlich auch. Wir sind uns gleich."

Ich erschrak. Er nahm sich den alten Sack vom Kopf. Ich sah in einen Spiegel. Er war mein Spiegelbild. Das schreckliche Monster saß mir gegenüber und es sah aus wie ich. Ich war das Monster. Er war meine zweite Hälfte.

Jacob riss mich an meinen Schultern zurück, bevor Jack eine Rauchbombe warf. Seine letzten Worte brannten sich in mein Ohr, bevor er verschwand.

„Jetzt, wo du weißt wie ich aussehe, Schwesterherz, werden wir uns öfter sehen...", zischte Jack und war darauf unauffindbar.

Shadows SecretWo Geschichten leben. Entdecke jetzt