4. Traurige Wahrheit

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„Wir sind stolz auf dich, Liebes." Meine Mutter schloss mich tief in ihre Arme. „Du hast bereits in deinen jungen Jahren so viel erlebt und durchmachen müssen. Und trotzdem bist du noch immer dieses starke Mädchen. Wir lieben..."

Sie ließ von mir ab. Ihre Augen drehten sich, sodass nur noch weiß zu sehen war.

„Mama?"

Ich sah an ihr herab. Ein Machete schaute aus ihrem Bauch. Sie sackte zusammen. Dann sah ich meinen Vater. Blut. Überall Blut. Der Boden unter meinen Füßen färbte sich blutrot. Leblos lagen sie vor mir.

„Mum? Dad?!" Meine Stimme erreichte niemanden. Sie war zu leise, um wahrgenommen zu werden.

Ich wollte zu ihnen laufen. Ihnen helfen, doch ich konnte keinen Zentimeter laufen. Ich musste ihnen beim Ausbluten zusehen. Ihre letzten Zuckungen. Ihre Seelen stiegen in den Himmel auf. Dann stand er da. Jack. Mein Bruder.

„Du musst weglaufen! Laufe so schnell du kannst!" Mein Blick blieb weiterhin auf meinen Eltern hängen. „Hast du mich verstanden? Ich werde dich finden! Aber du musst hier weg. Tu es für mich, Schwesterherz!"

Er drehte sich zu ihnen. Er zog ihre Leichen in den Garten. Er übershüttete sie mit einer Flüssigkeit. Dann zündete er sie an. Sie brannten. Ruhig stand er daneben und schaute auf sein Werk nieder. Dann lachte er.

„NEEEIN!", schrie ich laut, als ich aus meinem Albtraum erwachte.

Nassgeschwitzt und mit Tränen auf den Wangen kam ich in der Gegenwart an. Jacob war wie immer bereits zur Stelle. Er kniete neben mir und hielt fest meine Hand umschlungen. Er schaute zu Boden.

„Du hast im Schlaf geschrien...", sagte er leise – kaum verständlich.

Ich sah auf unsere Hände herab. Sie waren fest umschlungen. Steif verweilte mein Blick. Dann zog ich sie langsam zurück. Er ließ mich langsam gehen.

„Es war nur ein Albtraum. Ganz einfach." Er schwieg. Er wusste etwas.

„Wer ist Jack?", fragte er trocken, ohne mich anzusehen.

Ich erschrak.

„Was?" Ich hoffte auf eine Verwechslung, doch er blieb hartnäckig.

„Du hast mich schon verstanden. Jack, schien jemand wichtiges zu sein."

„Man sollte die Vergangenheit ruhen lassen."

Ich drehte mich von ihm weg. Meine nasse Kleidung klebte bei jeder Bewegung mehr an meinem Körper. Mir wurde zunehmend kälter, doch ich wollte Jacob nicht weiter unter die Augen treten.

„Warum bist du niemals ehrlich zu mir?"

„Diese Beziehung ist mehr erzwungen als freiwillig..."

„Du willst es nicht verstehen. Es geht um dein Leben."

„Ich möchte einfach nicht mit dir darüber reden. Es geht dich nichts an!"

Ich hörte seine Schritte wie sie im Raum auf und ab gingen. Er dachte nach. Viel und lange. Schließlich suchte er erneut das Gespräch.

„Ich kannte mal einen Jack. Ich war sein Mentor und er mein Schüler. Ich brachte ihm eine Menge bei. Viel zu viel. Eines Tages verschwand er. Einige Tage später fand man seine gesamte Familie tot auf. Bis auf seine Schwester. Man sagt, sie konnte fliehen und sei untergetaucht. Andere sagten, dass sie sich nach diesem Ereignis das Leben nahm. Man weiß es nicht."

„Jacob?" Meine Stimme war so klar wie schon lange nicht mehr. Mir fiel es wie Schuppen von den Augen. Mein Herz wurde schwer wie Stein und ein düstere Wolke breitete sich in mir aus.

Er setzte sich zu mir aufs Bett. Mein Atem stockte plötzlich, als würde ich keine Luft bekommen. Jeder klare Gedanke wurde schwerer und schwerer. Konnte es wirklich sein? War es wirklich so? The Ripper ist eine Legende – aber ist es wirklich mein Jack?

„Wer ist dieser Jack?", fragte ich ihn vorsichtig. Doch er blieb schweigsam. „Ist das der echte Name des Rippers?"

Ich wollte seine Antwort haben. Ich wollte die Wahrheit erfahren. Und das am liebsten sofort.

„Ja. Jack ist der Ripper..."

Für mich brach eine Welt zusammen. Direkt unter meinen Füßen. Die Welt schien sich zu drehen. Dann brachte ich es jedoch übers Herz, ihm die Wahrheit zu sagen. Ich tat dies zum ersten Mal in meinem Leben.


„Jack the Ripper ist mein Bruder..."

Shadows SecretWo Geschichten leben. Entdecke jetzt