3. Der Wunsch nach Erlösung

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Als wir seine Wohnung betraten wurde mir ganz anders. Endlich begriff ich die Lage. Die gesamte Situation schien wie ein Albtraum, der nicht enden wollte.

Ich setzte mich aufs Bett und ließ meinen Blick schweifen. Ein kühles Zimmer. 2 Fenster. Spärlich eingerichtet. Kleinere Artefakte gaben Aufschluss darüber, was Jacob in seiner Vergangenheit trieb. Er schien sich viel mit indischer Kultur beschäftigt zu haben. Darunter befand sich auch eine Statue der Göttin Kali. Jacob hatte mir bereits eine Menge über sie erzählt. Sie ist eine bedeutende Göttin, welche für Tod und Zerstörung, gleichzeitig jedoch auch für die Erneuerung steht.

Wir haben eine Menge gemeinsam, Kali. Wir alle haben unsere Last zu tragen. Du wirst Ende über uns bringen und ich kann dich verstehen.

„Wir werden alle alleine sterben.", sagte ich plötzlich in die Stille hinein.

Jacob schien erst nachzudenken, bevor er auf meine Aussage antwortete.

„Aber..."

Ich unterbrach ihn sofort.

„Wir werden alleine geboren und sterben auch so. Egal was passiert."

„Vielleicht ist dem so, doch was zwischen ihnen passiert, ist deine Entscheidung. Es ist unsere Pflicht weiterzukämpfen."

„Wo du Recht hast. Aber dieses Leben ist reine Zeitverschwendung."

Er kam mit angespanntem Körper zu mir. Er beugte sich direkt vor mich nieder und schaute mir tief in die Augen.

„Du hast einfach Angst, stimmt's?" Seine Worte lösten etwas in mir. Eine Blockade oder etwas. Ich zuckte bloß mit den Schultern. „Lass dir Eins gesagt sein. Egal wohin dich deine Beine auch tragen, du bist nicht alleine. Ich werde dich vor allem beschützen, ich werde immer bei dir bleiben. Keiner wird dir je etwas antun. Ich bin ein Assassine und werde dich nie aus den Augen lassen! Ich wache über dich."

Plötzlich brach es aus mir wie aus einem Damm. Tränen kullerten meine Wangen herab. All die angestaute Wut und der Schmerz der letzten Jahre liefen geradewegs zu Boden, um schließlich zu zerplatzen.

Er legte seine Hand auf meinen Schenkel. Er wollte nur mein Bestes, doch in dieser Situation wollte ich keinen um mich. Alleine war man immer besser dran. Ich drehte mich von ihm weg. Ich konnte seine Gefühle nicht erwidern. Dafür war der richtiger Zeitpunkt noch nicht gekommen.

„Darf ich bitte gehen?", fragte ich mit heiser Stimme.

„Nein. Immer wenn du nicht bei mir bist, denke ich, dass dir etwas schlimmes passieren kann. Ich werde dich erst gehen lassen, wenn der Ripper begraben liegt."

„Bitte!" Ich flehte ihn an. „Ich möchte nicht mehr leben!"

Meine Worte trafen ihn. Sehr sogar. Er schluckte schwer. Dann ließ er den Kopf in den Nacken fallen. Wir verweilten einige Sekunden in dieser Position.

Ich wandte mich von ihm ab und legte mich in sein Bett. Ich rollte mich zusammen. So klein wie möglich – kaum auffällig. Er legte eine Decke über mich und ging in einen anderen Teil des Raumes. Mein Schluchzen ließ langsam nach. Diese Lage beschrieb mein Leben seit Jahren, diese Gefühle waren also keine Seltenheit.

Leise hörte ich, wie Jacob zu sich selber sprach. Leise Drohungen. Dann sagte er einen Namen. Leise, dennoch deutlich. Jack.

Shadows SecretWo Geschichten leben. Entdecke jetzt