Sicht der Mutter
Irgendwie war Sue heute Mittag komisch gewesen - wahrscheinlich pubertäre Probleme oder sowas. Ich selber kann mich an meine Jugend nur noch schlecht erinnern, aber wahrscheinlich war ich genauso. Wenigstens tat sie mal etwas für die Schule, das war bei ihr echt zur Seltenheit geworden. Hoffentlich lernte sie auch wirklich. Es würde mich zwar eigentlich nicht wundern, wenn sie grade an ihrem Handy hinge, allerdings würde ich ihr das nicht raten. Wir haben eigentlich ein gutes Verhältnis, aber ich hasse es, wenn sie mich anlügt. Jedenfalls nutzte ich die Zeit, bevor ich wieder weg musste, zum Yoga, um ihr einen Tee zu kochen. Vielleicht fiel ihr dann das Lernen leichter. Ich setzte heißes Wasser auf und wühlte in den Küchenschränken nach Pfefferminztee. Sue trank gerne Tee - vor allem Pfefferminztee, im Winter trank sie eigentlich gar nichts anderes.
Ein paar Minuten später war er fertig. Ich stellte ihn auf ein Tablett und legte noch ein paar Schokoladenkekse dazu, welche wir vor ein paar Tagen zusammen gebacken hatten. Die meisten hatte sich ihr kleiner Bruder Finn schon am ersten Tag in den Mund gesteckt. Ich nahm das Tablett, stieg die Treppe hinauf und klopfte an ihre Tür - keine Antwort. Ich versuchte die Tür zu öffnen, doch das brachte nichts. Warum hatte sie abgeschlossen?
"Sue... Bist du da drin? Ist alles gut?"
Wieder keine Reaktion. Langsam fing ich an mir Sorgen zu machen, aber ich beruhigte mich damit, dass sie vielleicht beim Lernen eingeschlafen war. Ich ging wieder in die Küche und trank Ihren Tee, bevor er kalt wurde. Stunden vergingen. Zwischendurch war ich sogar beim Yoga gewesen, als meine Sorgen zurückkehrten. Nach wiederholtem Klopften und Rütteln an der Tür meiner Tochter holte ich Lukas zur Hilfe - was ich schon viel früher hätte tun sollen.
Er saß vor dem Fernseher und schaute Fußball.
"Schatz, kommst du mal?"
"Muss das jetzt sein? Fußball läuft."
Ich nahm die Fernbedienung und schaltete ihn aus.
"Jetzt nicht mehr.", sagte ich.
Mein Mann verdrehte die Augen.
"Lukas, Sue macht die Tür nicht auf."
"Ja würde ich auch nicht, wenn du mir den Fernseher ausschaltest."
"Das ist nicht witzig. Du musst die Tür aufbrechen."
"Gibt es da nicht noch eine andere Möglichkeit?"
"Los Lukas!"
"Na gut."
Wenige Minuten später hatte Lukas die Tür abgeschraubt, und wir betraten beide den Raum. Was ich nun sah, raubte mir den Atem. Meine Tochter lag in ihrem Bett, was an sich nicht weiter schlimm war, doch sie trug einen schwarzen Helm, welcher in der Steckdose steckte. Also hatte sie nicht gelernt und mich angelogen - nur um so ein komisches Spiel zu spielen? Sie verbrachte schon immer viel Zeit vor dem Computer, aber das ging zu weit. Ich konnte nicht zulassen, dass sie sich in dieser irrealen Welt verlor.
"Was ist das denn?", fragte Lukas irritiert.
"Was das ist? Das ist jetzt gleich aus!"
Innerlich kochte ich. Warum tat sie das? Hätte sie mich nicht einfach fragen können?
Voller Wut zog ich den Stecker, woraufhin Funken aus der Steckdose sprangen und der Helm anfing zu qualmen. Was hatte ich getan? Ich befreite sie schnell aus dem schwarzen Plastik, welches langsam heiß wurde und schmiss den Helm in die Ecke. Mein Mann hatte sich inzwischen die Bedienungsanleitung zur Hand genommen und blätterte aufgeregt darin herum. Auf Sues Stirn standen Schweißperlen. Langsam ließ ich sie wieder in ihr Bett sinken und fühlte ihren Puls. Ihr Herz schlug, und sie atmete, aber sie wurde nicht wach.
"Hallo? Sue?"
Ich klopfte ihr leicht auf die Wange, dann holte ich Wasser und schüttete es ihr ins Gesicht, aber nichts half. Doch dann meldete sich Lukas zu Wort:
"Schatz... Hier steht groß und fett: Achtung! Während der Benutzung den Helm auf gar keinen Fall von der Stromversorgung trennen!"
"Lukas... Was haben wir nur getan?"
"Wir brauchen einen Krankenwagen!"
"Ja, ruf du an!"
Während Lukas im Krankenhaus anrief, kniete ich vor dem Bett meiner Tochter. Ich strich ihr ihre braunen Locken aus dem Gesicht, welche an ihrer Stirn klebten und fragte mich, ob sie je wieder aufwachen würde.
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Too Many Doors online
FantasyToo Many Doors Online (kurz TMDO) ist ein "reales" Multiplayer-Game, in dem sich Sue das Ziel gesetzt hat die beste Spielerin zu werden. Doch das wird nicht so einfach - das Spiel läuft nämlich nicht ganz fehlerfrei.