Fünfundsiebzig, achtzig, fünfundachtzig, neunzig, fünfundneunzig, hundert", flüstere ich mit einem strahlenden Gesicht, während ich die Münzen zähle und unter irgendeinem Baum sitze. Dann mache ich mich auf den Weg in ein anderes nahegelegenes Dorf.
🌑🌑🌑
Auf dem Markt werden diverse Sachen verkauft. Obst, Gemüse, Stoffe, Tiere und Menschen. Ich würdige den Sklaven nicht mal eines Blickes. Nicht, weil sie keine Würde besitzen, weil sie im Besitz von keinerlei Dingen sind, sondern, weil der Anblick dieser mageren Besitztümer mir vor Augen führt, dass meine Taten mich das kosten, was uns eigentlich unterscheidet. Meine Würde.
Bei einem Stand angekommen, kaufe ich etwas zu Essen, als ich plötzlich Schreie höre und zusammen zucke. Ich betrete den Kreis von Menschen und betrachte das Spektakel, welchem den Menschen teils geschockten teils verachtende Gesichtern verpasst hat. Die Peitsche wird nochmal ausgeholt, sodass das Klatschen auf dem nackten Rücken des Opfers wie ein Tinnitus in meinen Ohren ist. Das schmerzvolle Schreien dringt nur leicht in mein Gehör ein, denn ich bin fokussiert auf den Ausführenden. Ein wohlhabender, der sein Grinsen nicht verkneifen kann, holt mit viel Schwung aus und lacht jedes Mal auf. Das Opfer läuft im Kreis, während er ausholt, immer und immer wieder. Folter. Wir alle treten Schritte zurück, mehrere. Ich schlucke meine Wut runter, grabe meine Fingernägel in meinem Oberschenkel, will augenblicklich die Peitsche ihm entreißen und der Ausführende des Ausführenden sein. Ich will, dass er fühlt, was sein Opfer fühlt. Voller Tatendrang gehe ich ein Schritt zu, als ich erschrocken nach hinten taumele. Etwas Schnelles flog vor meinen Augen an mir vorbei, ich rieche seinen Duft, der mir ungewollt in die Nase steigt. Federn. Von der Seite sehe ich noch etwas aufblitzen, von der anderen Seite auch und dann springe ich zurück. Bewusst hebe ich meinen Kopf und schaue verstört zum Himmel. Große Krähen, viel größer als ich sie kenne, fliegen über mich wild herum. Nicht nur dass, sie starren mich auch an. Mit ihren kleinen gelben Pupillen, die mir einen Schauer auf den Rücken herunterjagen, durchlöchern sie mich und mein Vorhaben. Die Krallen ausgefahren fliegen sie. Über mich. Wieder. Immer wieder. Nur über mich. Nicht mal über den Ausführenden. Sondern einzig allein über mich. Es sind meine Gedanken. Sie sind dran schuld. Sie erlauben es den Krähen, um mich zu fliegen, wie ein dunkler Nebel mir die Sicht zu trüben und mein Gehör so scharf einzudämmen, dass ich nur ihr Auf und Abschlagen der Flügel wahrnehme. Dann falle ich auf die Knie, schreie und ziehe mir an die dünnen Haare. So laut, dass ich hoffe sie vertreiben zu können, dass sie mich einfach in Ruhe lassen. So laut, dass ich hoffe, dass dieser Nebel einfach nur vorbeizieht und mir nicht das nimmt, was mir geblieben ist. Denn nichts währt ewig, weder Glück noch Wille. Weder Verstand noch Seele. Nichts ist von Bestand, von leibhaftigen Bestand.
Alles geht und niemand kommt. Bis nichts mehr bleibt, bis nichts mehr kommt. Ich schreie, schmecke Blut und hoffe darauf die Schwärze verschwinden zu lassen. Die Krähen. Den Schmerz tief in mir.
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Das versteckte Gedankengut
Mystery / ThrillerEs gibt kein Anfang, auch kein Ende. Vor allem keine Unendlichkeit. Es gibt nur mich, meine Gedanken und meine Verfolger. Wir sind unendlich, nicht der Rest. *** Diese Geschichte basiert auf Eigenkreation und ich wäre jedem dankbar, es auf diesem a...