0 Krähen, die Anfänge der Sekunden

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Der Mond hatte immer die schlechte Angewohnheit, die Krähen mit seinem weißen Schein, der selbst die Sterne erloschen lässt, zu umhüllen. Dicke, dunkle Wolken ziehen langsam auf, darauf bedacht den Mond zu überschatten. Zu ungewiss über ihren schimmernden Schein. Trotz der Wolken bannt sich der blasse Mondschein einen Weg zu den Krähen, wie als sei es seine Pflicht, mich so zu hintergehen, hüllt sie die Kreaturen ein wie ein Heiligen Schein, so leuchtend wie die eines Engels und so schön, dass es mich einlullt wie ein schönes Lied meiner Mutter. Denn sie wirken viel harmloser, unschuldiger, friedlicher. Wer wirkt es denn nicht im Licht? Im sanften, hellen Licht verführen sie meine Unschuld, meine Gutgläubigkeit und meine Huld, riechen meine Naivität und verderben das, was es zu verderben wert ist. Die Seele eines Menschen.
 Dabei fallen ihre Silhouetten trotz der Dunkelheit auf den unfruchtbaren Boden, schreckhafte Formgestalten rauben mir den Atmen. Und auch wenn es dunkel ist, kann man das Gefieder der Krähen deutlich hervorstechen sehen. Aber es ist vielmehr das andere, was ich mit bloßem Auge erkennen kann, wofür jeder andere gewiss zu blind wäre; nicht das zu sehen, was ich sehe. Es ist die Schwärze, so wie ein dunkler Tintenfleck. Dickflüssig und schwarz. Eine Schwärze, die mich in den Bann zieht und niemals mehr loslässt. Eine Schwärze, wie  als sei sie geküsst vom Fluch und gesegnet vom Teufel. Der Schwärze ihres Herzens, ihres kleinen pochendem Muskel, dem ich jede Minute das Schlimmste wünsche, was ich noch nicht mal ihm wünschen würde. So schwarz, dass sie keiner Definition gerecht werden. So schwarz, dass sie das hellste Weiß noch überschatten. Und das hier ist der Unterschied: Mein Blut, gekennzeichnet durch die Farbe der Liebe gegen ihr Blut verflucht durch die Farbe des Abgrunds. Ihr Blut tropft langsam und gierig auf mein Weiß. Auf mein Rot. Mein Abgrund.

Das versteckte GedankengutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt