Teil 5: Der Meister der Scherze

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Die Tage vergingen und meine Wunde heilte. Viele nette Menschen kamen an mein Krankenbett und stellten sich vor. Da war einmal Corporal Radar O'Reilly, der etwas schüchtern doch sehr organisiert war. Allerlei Formulare gab es auszufüllen, die so unübersichtlich waren, dass ich irgendwann gar nicht mehr wusste, was ich da laß oder unterschrieb. Aber er schien alles genauestens zu wissen. Nebenbei erzählte er mir einiges über Iowa, seiner Heimat, und über seine Familie, die auf einer Farm lebte.
Als nächstes lernte ich den Chef des Ganzen kennen. Colonel Henry Blake. Ein verwirrter Mann, der ohne Radar untergehen würde, aber dennoch ein sehr netter Mensch. Er erkundigte sich, wie es mir ging und hieß mich willkommen.
Dann kam noch Captain John McIntire oder wie Hawkeye ihn nannte: Trapper. Er war ein lustiger Typ, der ebenso viel Blödsinn im Kopf hatte, wie Hawkeye. Die beiden waren einfach ein unschlagbares Team. Jeden Tag brachten sie mich auf eine andere Art zum Lachen. ,,Wir wollen doch, dass du dich hier nicht langweilst ", meinte Hawkeye.
Klinger kam mich fast jeden Tag besuchen und trug dabei die buntesten und ausgefallensten Kleider, die die Army je gesehen hatte. Zuerst hab ich meinen Augen nicht getraut und gedacht, dass das nur ein Scherz sei, aber Klinger erklärte mir, dass er damit versuchte durch Paragraph acht aus der Army zu kommen. Nur leider blieben seine Versuche erfolglos.
Doch es gab nicht nur nette Menschen in der Army. Frank Burns war ein ziemlicher Idiot. Es war mir ein Rätsel, wie jemand wie er es geschafft hatte Arzt zu werden. Alleine schon wie er mit den Patienten umging. Laut Hawkeye operierte er noch schlechter. Das konnte ich mir gar nicht vorstellen. Wie schafften es seine Patienten zu überleben? Der Spitzname Frettchengesicht passte echt wie die Faust aufs Auge.
,,So, Leutenant. Ich denke der Verband kann jetzt ab und Sie endlich an ihre Arbeit", sagte Hawkeye eines Nachmittags. Er nahm mir den Verband ab. Eine Narbe prangte nun auf meinem Bauch. ,,Keine Sorge, Ihr Körper ist immer noch wunderschön", zwinkerte er mir zu, als er meinem Blick folgte. ,,Ich habe noch etwas für Sie", kam nun Colonel Blake dazu. ,,Ich freue mich Ihnen das Purple Heart verleihen zu dürfen", sagte er feierlich. ,,Wirklich?!". Ich war fassungslos. Kaum ein paar Tage da und schon bekam ich das Purple Heart? Das konnte doch nicht sein. ,,Das haben Sie sich verdient, Kate" ,,Danke". Hawkeye stand auf und Colonel Blake ging wieder, nachdem er mir noch einmal zugelächelt hatte. ,,Komm. Ich bring dich jetzt zu deinem Zelt", sagte Hawkeye und half mir hoch. Langsam gingen wir nach draußen. Hawkeye hatte eine Hand um meine Hüfte gelegt, da ich noch etwas unsicher ging. Gemeinsam überquerten wir den Platz und gingen auf ein Zelt zu, an deren Tür ein Schild mit der Aufschrift:,,Sumpf" stand. ,,Das sieht nicht aus wie mein Zelt" ,,Woher willst du das wissen? Du warst  ja noch nicht da". Er öffnete die Tür und es tat sich mir ein wahres Chaos auf. Der Boden war so gut wie gar nicht mehr erkennbar. Kleidung, Decken und allerlei Kleinigkeiten bedeckten ihn. Die Betten waren unordentlich und die Regale, die aufgestellt waren, mit Büchern und anderen Dingen vollgestellt.
Hawkeye leitete mich zu einem Bett und ich nahm Platz. ,,Ein kleinen Drink gefällig? Der brennt dir noch ein Loch in den Bauch" ,,Ist der selbst gebraut?" ,,Unser ganzer Stolz", er zeigte auf eine komplizierte Maschine. Es sah aus wie ein Destilierapperat. Er reichte mir ein Glas. Ich nippte daran und musste husten. ,,Man ist der stark" ,,So soll es sein", lachte er und genehmigte sich ebenfalls einen Drink. ,,So Kate und jetzt erzähl doch mal ein wenig über dich. Wir hatten ja noch keine so wirkliche Gelegenheit dazu". ,,Ich komme aus Massachusetts und war dort erst seit kurzem als Krankenschwester tätig. Kaum richtig ausgebildet schon werde ich hierher geschickt und verwundet" ,,Ja das ist so die Art der Army. Und die Verwundung sowas wie ein herzlich willkommen", sagte Hawkeye sarkastisch. ,,Du wirst sehen. Der Krieg und die Army werden noch so einige Überraschungen für dich bereithalten, Kate. Aber mach dir mal keine Sorgen. Wir sind hier wie eine große glückliche...", doch weiter kam er nicht, denn in diesem Moment kam Frank ins Zelt gestürmt. Er sah ziemlich wütend aus. ,, PIERCE! ICH WERDE DAFÜR SORGEN, DASS SIE VORS KRIEGSGERICHT KOMMEN!" , brüllte er und lief rot an. Was war denn mit dem los? Hawkeye legte den Kopf schräg und fragte:,,Was ist los, Frank? Hat Magrete Sie heute mal versetzt, weil sie mit einem General ausgeht?" ,,Das ist ein wichtiger Termin der für uns alle ein Vorteil ist! Darum geht es aber nicht! WAS HABEN SIE MIT MEINER STIRN GEMACHT?!!!", rief er aufgebracht und besprühte mich dabei mit einer Menge Spucke. ,,Was soll ich denn mit Ihrer Stirn gemacht haben?", fragte Hawkeye noch immer völlig ruhig. Burns riss sich die Mütze vom Kopf. Auf seiner Stirn stand groß und breit <<Frettchengesicht>>. Ich hatte große Mühe nicht sofort in Gelächter auszubrechen. Ich versuchte also mich zusammenzureißen und eine möglichst neutrale Miene aufzusetzen. Hawkeye sah ebenfalls so aus, als hätte er Mühe sich zu beherrschen. ,,Wie kommen Sie darauf, dass ich das ganz alleine war?" ,,Sie machen doch ständig irgendwelche Albernheiten!! Moment mal...", er sah entrüstet aus ,,Sie und McIntire haben das zusammen geplant und mich im Schlaf bemalt!" ,,Ganz richtig, Frank. Sie haben allerdings das Schlafmittel vergessen, das wir in Ihren Tee getan haben" ,,WAS?!", es sah aus, als würde Frank jeden Moment explodieren. ,,DAS WERDEN SIE BEREUEN, PIERCE!", schrie er und rannte aus dem Zelt. Als die Tür hinter ihm ins Schloss gekracht war, brachen wir beide ins schallendes Gelächter aus. Ich lachte so doll, dass ich fast von Hawkeye's Bett fiel. Als ich mich so langsam beruhigt hatte, fragte ich:,, Werdet ihr beide dafür nicht furchtbar Ärger bekommen?" ,,Ach nee. Henry ist da ein ganz dufter Typ. Der lässt sowas nicht zu. Wo waren wir stehengeblieben?". Unfassbar wie cool Hawkeye da blieb. Er war echt der Meister der Scherze. ,,Ach ja. Eine große glückliche Familie", lächelte er. Das glaubte ich nur allzu gerne. Ich erfuhr, dass Hawkeye aus Crapapple cove, Maine stammte und dort mit seinem Vater lebte, der eine Privatpraxis führte. ,,Ziemlich kleines Nest, da weiß jeder von jedem. Trotzdem vermisse ich es sehr", er sah verträumt in sein nun leeres Martiniglas. Ich konnte ihn verstehen. ,,Hm, ich kann dich verstehen, auch wenn es nicht mit der Zeit zu vergleichen ist, die du schon hier bist. Ich vermisse Massachusetts, meine Mum, meinen...", ich brach ab. Ja, meinen Bruder. Doch der war schon seit über einem Jahr im Krieg verschollen. Wir hatten nichts von ihm gehört. Wussten weder, ob er tot oder lebendig war. Im Grund wie Schrödinger's Katze, bloß das es sich hierbei um meinen kleinen unschuldigen Bruder handelte.
Ich sah zu Boden und hoffte, dass Hawkeye nicht weiter nachfragen würde. Er verstand mich. ,,Alsoo, was hat die hübsche Dame heute noch so vor?" ,,Die hübsche Dame hat für heute große Pläne. Sie wird sich in Schale schmeißen und sich dann aufs Bett legen, wo sie ihr Lieblingsbuch lesen wird", lachte ich. Er sah entsetzt aus ,,Das geht doch nicht! Nein, nein, nein. Sie werden sich in Schale schmeißen, um mich dann in den Club zu begleiten. Anderweitiges werde ich heute nicht akzeptieren!", sagte er und blickte mich so überzeugt an, dass ich einfach nichts erwidern konnte.
Die Tür ging auf. Radar stand in der Tür. ,, Oh, ich wollte nicht stören", sagte er und sah äußerst verlegen aus ,,Es ist nur so, dass ich Ihre Mutter angerufen hatte, um ihr zu sagen, dass Sie verwundet wurden und so, Miss. Ich hatte ihr gesagt, dass Sie sie anrufen, sobald es Ihnen wieder besser geht". Entgeistert blickte ich ihn an. Ich hatte das Gefühl, dass mir sämtliche Gesichtszüge entglitten. ,,Kate? Ist alles in Ordnung?", fragte Hawkeye vorsichtig. ,,Sie haben meine Mutter angerufen?!", fragte ich. Vielleicht eine Spur zu scharf. Radar sah mich entsetzt und verängstigt an. ,,Ähm ja. Tut mir leid. Ich dachte- es- es wäre eine gute Idee". Ich starrte ihn an. Er machte sich immer kleiner. ,,Tut mir leid Corporal" , sagte ich, als mir klar wurde, dass ich ihn völlig verängstigt haben musste. Er wollte mir ja nur einen Gefallen tun.
Ich rannte aus dem Zelt und auf sein Büro zu, um zu retten, was noch zu retten ging. Ich hatte Angst um meine Mutter. Ich hatte Angst, dass sie einen Rückfall bekommen würde. Das durfte nicht geschehen, denn diesmal war keiner mehr bei ihr, um ihr zu helfen. Hawkeye rannte mir hinterher. ,,Was ist los? Was war das gerade?", sagte er und packte mich am Arm, um mich dazu zu zwingen ihn anzusehen. ,,Meine Mutter wird durchdrehen! Sie verkraftet das nicht! Ich habe Angst" und das war nicht gelogen, doch ich brachte es nicht über mich, ihm alles zu erzählen. ,,Oh. Das...", er schien um Worte zu ringen. Ich kannte ihn zwar noch nicht lange, doch glaubte ich, dass das so gut wie nie bei ihm vorkam. Ich löste mich aus seinem Griff und eilte weiter auf das Büro zu.

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