Kapitel 2

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Am nächsten Morgen war ich wieder zu spät. Während ich meine Zähne so schnell putzte, dass ich hätte einen Weltrekord aufstellen können, packte ich meinen Rucksack. »Cass! Schnell, wir sind heute später dran, als gestern!«, rief meine Mutter von unten. Ich rannte in das Bad nebenan und spuckte in das Waschbecken. Schnell versuchte ich noch meine Haare in einem Zopf zu bändigen und ging dann in mein Zimmer, um meine Sachen zu nehmen.Ich rannte die Treppe runter und schlüpfte schnell meine Schuhe. »Du bist wie dein Vater. Der war auch nie pünktlich.«, murmelte meine Mutter, als ich raus ging. Sonst war sie immer traurig, wenn sie von Papa erzählte, aber dieses mal schmunzelte sie.

Heute war es warm und die Sonnenstrahlen auf meiner Haut, gaben mir ein gutes Gefühl. Ich  fragte mich, warum das Wetter nicht immer so sein konnte, so würden die Menschen viel glücklicher in den Tag starten. »Ich dachte wir könnten heute Nachmittag zusammen in die Stadt gehen. Das haben wir lange nicht mehr gemacht. Was sagst du?«, fragte mich meine Mutter,als wir im Auto saßen und an einer Ampel warteten. »Das klingt super, Mama! Ich brauche sowieso neue Klamotten.«

»Ich hole dich dann ab.«, sagte sie lächelnd. Wir fuhren weiter und wenn meine Mutter jetzt mit 80 fahren würde, würde ich vielleicht sogar rechtzeitig in der Schule ankommen. Aber das passierte natürlich nicht. Sie fuhr mit 60 und ich kam zehn Minuten zu spät. Ich rannte die Treppen hoch, immer zwei Stufen auf einmal und stand dann vor der selben Tür, wie gestern. Völlig außer Atem wartete ich noch einige Sekunden, bis ich dann anklopfte. Ich hörte die Stimme meines neuen Klassenlehrers und ging hinein. »Cass, guten Morgen. Du bist zwölf Minuten zuspät. Ich hoffe, das kommt nicht häufiger vor.« Ich murmelte eine billige Ausrede, von wegen wir standen im Stau und ging dann anmeinen Platz. Max lächelte mich an und ich lächelte ihm zurück.Fertig mit dem Auspacken, saß ich auf meinem Stuhl, immer noch außer Atem. »Das ist die Raucherlunge.« Ich drehte mich verwirrt zu Max.»Was?«

»Egal«, sagte er, »Kommst du nachher in der Mittagspause mit, eine rauchen?« Ich lächelte ihn an.»Gerne!« Mein zweiter Schultag und mich hatte schon jemand gefragt,ob wir was zusammen unternehmen wollen. Naja, es war jetzt nichts großes, aber das war doch ein Anfang. Ich dachte noch die ganze restliche Stunde darüber nach und lächelte, wie eine Bekloppte vor mich hin. Als es klingelte, sah ich im Augenwinkel, wie ein Mädchen auf mich zukam. Nein, das konnte nicht sein, sie wollte wahrscheinlich zu Max. Doch ich hatte mich getäuscht und heute meinte es das Schicksal gut mit mir, denn sie kam lächelnd auf mich zu und fragte mich, ob sie mir die Schule zeigen sollte. Ich nickte und wir gingen raus aus dem Raum. »Wie heißt du eigentlich?«,fragte ich sie. »Xenia.«, antwortete sie. Xenia war ein schöner Name, dachte ich.

»Woher kommst du?«, fragte sie mich.

»Ich habe vorher in Berlin gewohnt.«

Sie lachte. »Nein das meine ich nicht.Dein Name ist doch englisch, oder nicht?«

»Achso. Ja, mein Vater war aus England.«

»War?«

»Er ist gestorben.«, sagte ich und versuchte dabei, so wenig wie möglich zu zeigen, dass mein Herz schmerzte.

»Tut mir leid, ich wollte nicht -«

»Nein, ist schon okay.«, unterbrach ich sie. Wir bogen rechts ab. »Das hier, ist das Mädchenklo. Es gibt nie Klopapier, solltest du vielleicht wissen.«

Ich lachte. »Ach ja und -« Sie zog mich hinein, bis zur hintersten Kabine und öffnete sie. »Das hier,ist die Gossip-Kabine.« Ich ging rein und drehte mich um. An der Tür standen lauter Namen, Sätze, sogar Nummern. Das meiste von dem, was da stand, war ziemlich gemein.

»Und hier -«, sie zeigte mit ihrem Zeigefinger nach oben rechts, »Stehe ich.«

Xenia ist 'neSchlampe stand da fett, in schwarz. Ich sah sie an. Sie grinste und zuckte mit den Schultern. »Das stand, nach dem ich mit Saras Freund rum gemacht habe. Leg dich besser nicht mit ihr an, sie ist 'ne dumme Hure.«

CassandraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt