Kapitel 6

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Wo zur Hölle soll das sein? ,schrieb Xenia.  Ich seufzte und sah kurz aus dem Fenster raus.

An der Kirche. Gib die Adresse doch einfach bei Google Maps ein. ,antwortete ich ihr.

Seit circa zehn Minuten wartete ich auf Xenia, die mich abholen wollte, weil ich nicht die geringste Ahnung hatte, wie man zum Kino kommt.

Als mir Max erzählt hatte, dass es in der ganzen Stadt nur ein einziges Kino gab, dachte ich zuerst er würde mich verarschen wollen. Aber er hatte nicht gelacht, auch nicht in den nächsten fünf Minuten, in denen ich ihn nur fassungslos angestarrt hatte.

Es war Samstag Nachmittag und ich hatte meine erste Schulwoche hinter mir – ohne peinliche Vorfälle.

Die Sache mit Marcel war erledigt,  Vincent hatte noch ein mal mit den Freunden von ihm gesprochen und Xenia versichert, sie hätten die Bilder gelöscht. Vincent und Xenia hatten sich am Donnerstag in der Mittagspause vertragen, nachdem Henri beide ordentlich angeschnauzt hatte.

Wie abgesprochen gingen wir heute ins Kino, um uns Fuck ju Göthe zwei anzusehen.

Ich hatte das Gefühl, mit jedem Tag wurde ich immer selbstbewusster. Die Jungs und Xenia taten mir mehr als gut. In der letzten Woche hatte ich noch keinen einzigen Nervenzusammenbruch gehabt, auch keine Panikattacke.

Auch meine Mum hatte bemerkt, dass es mir in letzter Zeit erstaunlich gut ging und freute sich fast schon mehr, als ich selbst.

Ich musste an Frau Schneiders Worte denken.

Die Zukunft hat noch so vieles für dich, das Leben hat dir noch so viel zu bieten, lass nicht deine momentane Gefühlslage für den Rest deines Lebens entscheiden.

Und sie hatte Recht. Vor knapp vier Jahren ging es mir scheiße und ich dachte, ich würde sterben, vor einem Jahr sah ich keinen Ausweg mehr und hätte niemals gedacht, dass ich ein weiteres Jahr überleben könnte. Aber jetzt war ich fast 17, hatte endlich Freunde und in der letzten Woche hatte ich mehr Momente in denen ich glücklich war, als im letzten Jahr.

Vielleicht war ich doch auf dem besten Weg, glücklich zu werden.

Mein Handy vibrierte und ich machte mich auf die nächste verzweifelte Nachricht von Xenia bereit. Als ich mein Handy entsperrte, bemerkte ich, dass die Nachricht nicht von Xenia, sondern von Max war.

Wir sind in zehn Minuten am Kino. Beeilt euch!

Ich seufzte. Hoffentlich würde Xenia in den nächsten Minuten hier auftauchen.

Das Universum hatte meine Gebete gehört, denn im nächsten Augenblick klingelte die Tür.

»Endlich!« ,murmelte ich, nahm meine Sachen und lief herunter. Ich öffnete die Tür und blickte in Xenias Gesicht. Sie sah wütend aus.

»Warum sagst du nicht einfach, dass du am scheiß McDonalds wohnst?« ,fragte sie aufgebracht.

»Hier gibt es McDonalds?«

Sie stöhnte auf und murmelte etwas unverständliches. Ich schloss die Tür hinter mir und wir machten uns auf den Weg zum Kino.

»Die Jungs sind übrigens in fünf Minuten da.« ,sagte ich als ich einen Blick auf mein Handy warf.

»Wir laufen auch nicht so lange.«

Ich nickte und wir liefen schweigend weiter.



Als wir ankamen, standen die Jungs schon vor dem Kino. »Wieso habt ihr so lange gebraucht?« ,fragte Vincent.

»Madamme konnte nicht beschreiben, wo sie wohnt.« ,antwortete Xenia.

CassandraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt