The Pirate Game

Kapitel 6

"Alice...", fing Sparrow an und schlenderte lässig auf sie zu. "Hast du schonmal jemanden getötet?"

"Warum wollt Ihr das wissen?", fragte Alice zurück.

"Mir scheint es..." Jack ging langsam an ihr vorbei und streifte dabei ihre rechte Schulter. Dann schlich er auf eine Palme zu. "... als würdest du..."

Alice begriff von einer Sekunde zur anderen, dass dies die Palme war, in der immer noch ihr Messer steckte. Schnell schaute sie sich um.

"... als würdest du nicht töten wollen", sagte er mit Nachdruck und zog genau in diesem Moment das Messer gewaltsam aus dem Stamm. Er drehte sich in einer fließenden Bewegung um und schaute ihr tief in die Augen.

Alice stand Jack so nah, dass sie jede einzelne Falte seines erstaunten Gesichts erkennen konnte. Der Pirat hob den Arm und griff sie mit dem Messer an. Doch sie parierte jeden seiner Schläge mit einem dicken Ast, den sie vorher schnell gegriffen hatte. Jedes Mal, wenn das Messer das Holz traf, hörte man einen dumpfen Schlag. Ein Mal verfehlte das Messer Alice' unverletzte Hand nur um Millimeter.

Nach ungefähr zehn Attacken blieb das Messer im Holz stecken und Jack schaffte es nicht mehr, es aus dem Ast zu ziehen.

Alice konnte sich nur mit Mühe ein Lachen verkneifen.

Mit aller Kraft zog er an dem Messer, aber es rührte sich nicht von der Stelle. Alice gab ihm einen leichten Schubs und Jack stolperte einige Meter nach hinten. Er landete, als hätte er sich gerade hingesetzt und lehnte sich lässig an eine Palme. Ein charmantes Lächeln zierte sein Gesicht.

Alice machte einen Schritt auf ihn zu und holte mit dem dicken Ast aus.

"Weißt du... du erinnerst mich an jemanden...", sagte er plötzlich und sie hielt mitten in der Bewegung inne.

"An eine Frau", fuhr er fort.

Alice legte den Kopf schief. "Ach wirklich?" Noch immer hatte sie den Ast bedrohlich erhoben, bereit zuzuschlagen.

"Sie war hübsch, zweifelslos die schönste Frau, die ich je kennengelernt habe", erzählte er und schaute Alice dabei unverwandt an.

Alice ließ den Ast sinken. Sie fühlte sich auf eine angenehme Art und Weise geschmeichelt.

Auf Jacks Gesicht erschien ein zufriedenes Lächeln. Er wirkte entspannt, als würde er gerade eine Trinkrunde mit seinen Matrosen feiern.

"Sie hatte braunes Haar so glänzend wie Leder. Und sie war... von gutem Hause - so wie du." Sparrow blickte auf den Boden. Für einen Moment wirkte er wie in alten Erinnerungen schwelgend und von tiefer Traurigkeit gepackt.

"Das denkt Ihr Euch aus!", warf ihm Alice vor. "Um mich abzulenken!"

Sparrow schaute ihr erstaunt in die Augen. "Nein." Es war nicht mehr als ein Flüstern.

Alice spürte, wie ihr erneut ein kalter Schauer den Rücken hinunterlief. Aber diesmal nicht vor Angst, sondern vor Aufregung. Sie wollte mehr über diese Frau erfahren.

"Was ist mit ihr passiert?", fragte Alice neugierig.

"Sie ist eines Tages an Land gegangen. Ich bin ihr nicht gefolgt. Das ist nicht meine Art. Ich bin schließlich ein Pirat.", erzählte Jack.

Alice ließ sich langsam nieder. Sparrow folgte ihren Bewegungen.

"Sie wollte Abwechslung. Sie wollte nicht immer auf meinem Schiff sein." Er erzählte weiter, als hätte Alice ihn dazu aufgefordert.
"Sie war genauso ehrgeizeig wie du. Mit dem selben Temperament."