New York, Brooklyn, 21.07.16
Nach dem verschließen der Haustür, zogen wir unsere Schuhe im Flur aus und folgten dem Geruch des Essens, der von der Küche zu uns wehte. Henriette und Peter die Eltern von Anni standen an der Kücheninsel und unterbrachen ihr Gespräch als wir den Raum betraten. Anni stellte ihre Tasche neben dem Tisch ab, ging auf sie zu und gab jedem der beiden einen Kuss auf die Wange. Meine Begrüßung war ein einfaches Nicken. Ich verhielt mich bei den meisten Leuten eher distanziert.
"Und, wie war dein Tag mein Schatz?", flötete Henriette in ihrem freundlichen doch sehr geschäftlichen Ton.
Da Anni anscheinend wieder woanders mit ihren Gedanken war, brummte ich ein:"Bestes Zeugnis."
Peter warf mir einen genervten Blick zu und riss Anni mit einem, "Hab ich dir nicht gesagt, dass du nicht so viel träumen sollst?", aus den Gedanken.
Anni ließ sich nicht anmerken, dass sie das Verhalten ihrer Eltern ihr gegenüber, verletzte. Sie zog ihr Zeugnis aus der Tasche und überreichte es Peter, der es sich durchlas und zwischendurch mal nickte.
"Du hättest mehr im Komitee und in Clubs mitmachen sollen das kommt in Harvard immer sehr engagiert rüber. Und wirklich gut ist das Zeugnis auch wieder nicht, du hättest dich mehr anstrengen sollen". gab Peter wie immer in seiner monotonen Sprachart wieder.
Mich nervte es wie Peter sie regelrecht immer fertig machte und sie mit Schuldgefühlen quälte.
Henriette unterbrach ihren Mann, damit er nicht weiter auf das Zeugnis von Anni eingehen konnte. Sie lächelte:"Und Tyran wie ist dein Zeugnis?"
Ich zog den zusammengefalteten Zettel aus meiner Gesäßtasche, entfaltete ihn und übergab ihn ihr. Sie und Peter scannten den Zettel mit ihren Augen.
"War ja klar das du es nicht weit bringen wirst. Aber du arbeitest ja sowieso in der Autowerkstatt deines Onkels. So wie dein Vater war, wusste ich, dass du nicht auf ein College gehst. Ich bin froh das Anni nicht so ist.", gab er erzürnt von sich.
"Peter Darling, lass die Kinder doch mal in Ruhe und lass uns essen", säuselte Henriette.
Ich ließ mich auf einen der Stühle gegenüber von Peter fallen. Bei ihm galt die Regel, die Frauen gehören in die Küche. Anni deckte den Tisch und Henriette hielt in ihren, in Topfhandschuh bedeckten Händen eine Auflaufform, die sie zum Tisch trug und auf den Untersetzer stellte, den Anni kurz davor dort platzierte.
"Es gibt da noch etwas worüber ich mit euch reden möchte. Heute ist ja die Abschlussfeier und ich wollte fragen ob ich hin gehen darf?", wisperte Anni mit gesenktem Kopf.
Es kommt direkt von beiden Elternteilen ein eindeutiges "Nein". Trotz ihres 18ten Lebensjahrs, was Anni schon seit Monaten erreicht hatte, durfte sie nichts und ihre Eltern schränkten sie so sehr ein, dass sie nicht mal Kontakte außerhalb der Schule treffen durfte. Ihre Eltern waren sich einig, das Gespräch beendet und Anni wiedersprach ihnen daher auch nicht. Sie legte das Besteck zur Seite, brachte ihr Geschirr an die Spüle, entschuldigte sich und rannte nach oben. Das letzte Geräusch was ich hörte war das Zuschlagen ihrer Zimmertür. Das Essen verlief ruhig, niemand sagte etwas. Ich stand auf, verabschiedete mich mit einem "Denken sie dran, sie waren auch einmal jung.", und ging in den Flur wo ich meine Schuhe anzog, die Haustür hinter mir zu zog und mich auf mein Motorrad schwang.
Als ich beim Heim ankam schrieb ich Anni eine kurze Nachricht in der stand, dass sie sich duschen und Party-mäßig anziehen soll.
Ich bereitete mich selbst auf die Party vor und fuhr mit meinem Motorrad in die Werkstatt meines Onkels, wo ich mir seinen alten Ford Mustang Gt 500 auslieh und wieder vor dem Palast oder eher Gefängnis von Anni ankam. Ich stellte mein Auto ein paar Straßen weiter entfernt ab, um dann zu Fuß zu ihr zu laufen und vor ihrem Fenster zu stehen. Ich sammelte kleine Steine und kletterte auf den Baum neben ihrem Fenster, den wir schon öfters als Fluchtmöglichkeit genutzt hatten. Das klickernde Geräusch, das die Steine machten, die an ihr Fenster schlugen als ich sie dagegen warf, erzeugte einen Ton, den Anni als Bestätigung nahm das Fenster zu öffnen.
Zuerst sah ich nur zwei Füße, dann Beine und schon saß Anni neben mir auf dem dicken Ast des Baumes der nur wenige Zentimeter unter ihrem Fenster verlief. Wir achteten auf jedes knacken. Fliegen die gegen die Lampen der Laternen flogen, das Kratzen von Katzen an Gartentüren, das Gekläffe von Hunden, Schritte, gefolgt von immer lauter werdenden Stimmen.
Ein Sprung vom Baum, ein Sprint zum Auto und schon flogen wir über die Straßen. Für wenige, Sekunden schnell vergehende Momente, drehte sich die Welt schneller, Bäume rauschten zischend an uns vorbei und verschwammen mit dem Himmel in ein blau-grünes Ombre.
Adrenalin rauschte wie jedes mal durch meine Adern und bei Anni war es nicht anders. Verwuschelte Haare, rote Wangen und zitternde Hände. Eins wussten wir beide, das wird sowas von Ärger geben, aber das ist es wert.
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Novela JuvenilDer Abschluss... 13 Jahre Schule beendet und jetzt frei. Denkt man und dann wird man von jetzt auf gleich in die Realität zurück geschmissen und rafft erst, dass man keinen Plan von irgendwas hat. Niemand der dir sagen kann was du machen sollst und...