Suizid

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Zuhause angekommen wusch ich mir schnell das Blut vom Arm und ging wieder in mein Zimmer. Alle andern schliefen. Nicht einmal der Hund hatte mich bemerkt.

Ich schaute auf mein Handy: 5.38 Uhr.

Ans Schlafen war nichtmehr zu denken. Stattdessen lag ich einfach nur da und freute mich darüber, dass ich mich freuen konnte. Es war so ein schönes Gefühl, auch wenn ich wusste, dass es nicht echt war, doch das war mir vollkommen egal.

Die Wunde blutete mittlerweile nicht mehr. Neugierig betrachtete ich sie. Ob sie wohl genäht werden musste? Ich hatte noch nie eine ernstere Verletzung oder Krankheit gehabt. Ich hatte nicht mal irgendwelche Allergien.

Plötzlich fiel mir die anstehende Entfernung der Weisheitszähne ein und ich fing wieder an zu grinsen. Ich hatte mir bereits Sorgen gemacht, weil ich ohne Vollnarkose operiert werden würde...

Keine Schmerzen zu fühlen hatte also auch praktische Vorteile.

Die nächste Zeit würde ich erstmal im Pullover herumlaufen müssen. Dafür eine Ausrede für meine Eltern zu finden wäre ziemlich schwer gewesen.

Noch etwa eine Stunde dachte ich so darüber nach, bis die Freude immer mehr nachließ. Nach einer Weile fühlte ich auf einmal ein Stechen, welches von meinem linken, verletzten Unterarm ausging. Überrascht merkte ich, wie auch mein Rücken und meine Rippen wieder anfingen mir Schmerzen zu bereiten.

Ich hatte tatsächlich vollkommen verdrängt, dass ich vor nicht einmal 24 Stunden noch verprügelt worden war. Außerdem hatte ich auch dabei Schmerzen empfunden. Wie war ich auf die Idee gekommen, ich würde keinen Schmerz fühlen? War ich wirklich so dämlich? Hatte ich mich jetzt tatsächlich eine Weile lang für etwas Besonderes gehalten? Mich? Jemanden, der einem wehrlosen Jungen auflauert und ihn dann K.O. schlägt?

Selbstverachtung und Selbsthass kamen wieder in mir hoch. Auch die Stimmen meldeten sich wieder mit ihrem Gelächter.

Scheiße.

Nichts hatte sich geändert.

Im Gegenteil... mit dieser Aktion hatte ich alles nur noch schlimmer gemacht. Selbst wenn er mich nicht gesehen hatte, würde jeder Idiot wissen, dass ich derjenige war, der ihn angegriffen hatte...

Jetzt würde er mich richtig fertig machen.

Ich bekam Angst.

Die Angst wurde wieder zu Panik.

Was sollte ich denn jetzt tun?

Wie sollte ich außerdem meinen Eltern die vielen Prellungen erklären, die ich wohl kaum verstecken konnte?

Was sollte ich ihnen erzählen?

Und was wenn dieser Bastard dann auch nur zur Polizei gehen würde?

Was sollte ich nur tun???

Mir blieb eigentlich nur eine Möglichkeit:

Ich musste so schnell wie möglich so weit wie möglich weg...