Blut und Schmerzen

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Bitte unbedingt am Ende meinen Kommentar lesen ;)


Riario ging in seinem Zimmer auf und ab. Die Turmuhr hatte schon vor einer Viertelstunde acht Uhr abends geschlagen. Chiara war nicht aufgetaucht. Vielleicht hatte sie sich doch entschieden zu gehen, und war verschwunden. Die ganzen letzten 5 Wochen, die sie in seinem Dienst stand, war sie nie auch nur eine Minute zu spät gewesen und deshalb beschloss er, sich wenigstens Gewissheit zu verschafften. Wie sonst stieg er eine der weniger besuchten Treppen den Weg zu den Dienstboten hinab. Für diese Zeit untypisch war es erstaunlich ruhig. Er sah kaum welche der üblichen weiblichen Dienstboten und als er aus der Küche heraus und auf den Gang der Zimmer trat, rannte Anna-Marietta in ihn hinein, die gerade aus einem der Räume herausgestürmt war. „Entschuldigt, Conte." Sie fiel in einen Klicks und hob dann die blutigen Tücher, die ihr aus den Armen gefallen waren wieder auf. „Wo ist Chiara, Anna. Sie ist nicht aufgetaucht." „Conte, Chiara ist gerade unabkömmlich aber ich kann Euch ein anderes Mädchen mit dem Essen hinaufschicken." Riario atmete unwillkürlich auf, sie war also noch im Vatikan. Dann fiel ihm Annas gehetzte Miene auf. „Anna was geht in dem Zimmer vor sich?" „Nichts von eurem Belangen, Conte. Kümmert euch gar nicht darum." „Anna." Seine Stimme war tödlich. „Chiara, sie-." Er ließ sie gar nicht ausreden sondern drängte sich an ihr vorbei in das Zimmer. Um ein Bett herum standen sehr viele Frauen und verdeckten seine Sicht auf seine Dienerin. Anna stand plötzlich wieder vor ihm. „Conte!!! Das geht nicht!" „Anna-Marietta. Ich muss dich wohl kaum daran erinnern, wer hier das sagen hat, oder?" Die ältere Dame senkte den Kopf: „Nein, Conte." Sie ging ihm voraus zum Bett. „Lucinda hat sie blutend am Boden gefunden. Stark blutend." Hatte sie jemand verletzt? Jemand seiner Soldaten? Als Rache für den Nachmittag? In Riarios Kopf schwirrten tausende Fragen. Äußerlich blieb er ruhig. „Sie murmelte etwas davon seit 9 Wochen nicht geblutet zu haben." Anna wurde rot bei solchen unreinen Worten gegenüber dem General der römischen Kirche. Er deutete ihr ungeduldig weiterzusprechen. „Sie gebar einen nicht einmal zwei Zentimeter großen Fleischklumpen kaum eine halbe Stunde später. Seitdem ist sie bewusstlos und blutet nach wie vor leicht." Sie unterbrach sich kurz und sah auf das bewusstlose Kind vor ihr. „Mädchen, geht zurück an die Arbeit. Chiara muss sich ausruhen." Die anderen Frauen verschwanden mit einem letzten neugierigen Blick auf Riario durch die Tür. „Was können wir tun, Anna?" „Nichts Conte. Wir müssen hoffen, dass sie zu Bewusstsein kommt." „Ich nehme sie mit hinauf. Bring mir noch mehr Tücher. Und etwas zu essen und zu trinken." „Conte!" rief Anna-Marietta entrüstet aus. „Das ist Frauenarbeit. Ihr Blut ist unrein. Sie ist unrein." Riaro beachtete ihre Einwände gar nicht, sondern hob Chiara einfach nur hoch. Unbehelligt stieg er die Treppe hinauf und machte sich auf den Weg zu seinen Gemächern. 9 Wochen. Da war sie doch noch zu Hause gewesen. Gerade noch. War sie verheiratet gewesen? Sie hatte nie etwas von einem Mann erzählt, den sie getötet hatten, war sie vielleicht einfach nur ein leichtes Mädchen im Dorf gewesen? So hatte er sie nicht eingeschätzt. Konnte er sich so getäuscht haben? Er legte sie auf der Bettseite, auf der er normalerweise nicht schlief ab und sah auf das Mädchen herab, das so noch jünger aussah als sonst. Er strich ihr eine Haarsträhne zurück und seufzte. Einerseits, war er froh, dass sie noch im Vatikan war, er mochte sie inzwischen irgendwie. Andererseits war Unzucht eine Todsünde, und Riario konnte so jemanden in seinem Gefolge nicht gebrauchen. Kurz dachte er an Lucretia, die genaugenommen genau das getan hatte, aber Gott wollte doch, dass sie die Medici unterwanderten, also heiligte der Zweck die Mittel. Oder doch nicht? Genervt schloss der Graf die Augen, sich seiner Sache nicht mehr sicher zu sein, hatte er noch nie in seinem Leben gehabt.

Chiara schlug die Augen auf und sah sich irritiert um. Ihr Gegenüber stand der Generalhauptmann, die Hände in die Hosentaschen gesteckt und sah zum Fenster hinaus. Chiara begriff in dem Moment, dass sie im Bett des Contes lag und versuchte aufzustehen. Riario fuhr herum: „Liegen geblieben." Chiara gehorchte, auch deshalb, weil ihr bei der schnellen Bewegung schwindlig geworden war. „Wer ist der Vater?" Beschämt sah sie zur Seite und presste die Lippen aufeinander. Sie wollte eindeutig nicht darüber reden, aber er würde sie schon dazu bringen. Riario ging auf sie zu, packte sie am Kinn und zwang sie ihm in die Augen zu schauen. Zu seiner Überraschung spiegelten sich darin nur Scham und Angst und keinerlei Trotz. „Warst du verheiratet? Oder nur die Dorfhure?" „Das Kind wurde nicht zu Hause gezeugt." Riario brauchte einige Momente aber er begriff, was das bedeutete, trat er wie geschlagen einen Schritt zurück. Er hätte es sich denken können. Als er aufsah, bemerkte er, dass Chiara zum ersten Mal vor ihm weinte. Stumme Tränen rannen ihr über das Gesicht und er konnte sich vorstellen, dass sie sich zum ersten mal gestattete überhaupt darüber nachzudenken, was passiert war. Riario war bei einigen Vergewaltigungen dabei gewesen Sein Vater hatte ihn gezwungen bei den Vergewaltigungen von Lucretia zusehen zu müssen nur wenige Minuten nachdem er ihre Schwester getötet hatte. Auch danach konnte er es einige Male nicht verhindern, wenn seine Soldaten geplündert hatten. Er selbst hatte nie auch nur eine Frau gegen ihren Willen angefasst. Er fragte sich ob die beiden Soldaten, die sie heute Nachmittag eindeutig absichtlich verletzt hatte, sich auch an ihr vergangen hatten. „Ich werde jetzt gehen, Conte." Riario sah auf: „Nein. Du bleibst hier." „Aber-" Er sah sie mich hochgezogener Augenbraue an: „Du. Bleibst. Hier." Chiara nickte und sah sich um: „Wie spät ist es?" „Kurz nach elf." Es war kurz still im Zimmer. „Ich werde mich jetzt zu dir ins Bett legen." Es war keine Frage. Riario wollte sie lediglich vorwarnen. Chiara nickte trotzdem und sah zur anderen Seite als er begann sich auszuziehen. Der Conte lächelte. Sie war trotz allem so unschuldig.

(Beendet) Die Dämonen in RomWo Geschichten leben. Entdecke jetzt