Kapitel 3

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Schmerz.

Es war das einzige, was Rhaenys in den Momenten des Aufwachens spüren konnte. Ihren ganzen Körper einnehmend, ging er besonders von ihrem linken Arm und Kopf aus.

,,Bin ich tot?", fragte sie sich in Gedanken. Sie hatte sich den Himmel als etwas so wunderbares vorgestellt. Dass alle Schmerzen, alle Ängste und Wünsche einfach...von ihr fallen würden.

Warum hörte es dann nicht auf?

Alles war dunkel, an ihr Ohr drangen Geräusche, die sie nicht einzuordnen vermochte. Aufzustehen gelang ihr nicht, etwas oder jemand hielt ihre Hände zurück. ,,Der erste Ball meines Lebens, und er muss so enden?" Es war schon ein wenig makaber. Immerhin wollte sie doch gar nicht zu dieser Veranstaltung, hatte sich nur ihrem Vater zu Liebe in das Kleid aus Goldtuch und Süßwasserperlen schnüren lassen. Sie trug es immer noch, das Kleid.

Langsam gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit der Nacht. Sie saß auf dem Boden einer kleinen Zelle, ihre Hände hatte man hinter dem Rücken mit starken Seilen verschnürt. Sie war bewegungsunfähig, jeder kleine Versuch das Seil von ihren Händen zu lösen löste solch starken Schmerz in ihrem Arm aus, dass sie es irgendwann aufgab. ,,Wo bin ich nur? Wo haben sie mich hingebracht?" Alles war ganz still, ab und zu hörte man ein Stöhnen, es klang als hätte jemand starke Schmerzen. Als der Schlaf über sie kam war Rhaenys fast erleichtert. Das Geräusch machte ihr Angst, große Angst.

,,Wach auf Mädchen!" , sie wurde vom harten Ton eines fremden Mannes geweckt. Bedrohlich ragte er über ihr auf, sein Gesicht eine einzige steinerne Miene. Noch nie in ihrem Leben...,,doch, du hast dich schon einmal so ausgelaugt und hilflos gefühlt. Es ist noch gar nicht so lange her..." Rhaenys verbot sich im selben Augenblick, jetzt an ihre Mutter zu denken. Es würde den Schmerz nur verschlimmern.

Man schnitt ihre Fesseln auf und zog sie grob am Arm nach oben. Es war ein befreiender und zugleich unheimlich schmerzhafter Moment, als das Blut wieder in ihre Hände strömte. Grob stießen die Männer sie vor sich her, und mehrmals wäre sie fast gestolpert. Ein Tuch aus grobem Stoff verwehrte ihr die Sicht. Der Boden des Ganges, die sie entlangliefen, war aus gehauenem Stein, sie musste sich in einer alten Burg befinden. Sie konnte es an den Geräuschen der Schuhe auf dem Boden ausmachen. Es musste das Lager der Geächteten sein, die Burg eines verstorbenen Lords ohne Nachkommen. Bisher hatte niemand gewusst wo sie sich aufhielten, wenn sie nicht Unschuldige töteten oder neue Männer und Söldner anheuerten. Es war schrecklich. In den Dörfern ließ man seine Kinder nach Sonnenuntergang nicht mehr aus dem Haus, die Frauen gingen nicht mehr alleine nach draußen. Auch hatte Rhaenys in letzter Zeit immer öfter einfache Männer mit Waffen an den Gürteln gesehen. Man wollte sich schützen.

Die Männer strebten zielstrebig auf eine große hölzerne Tür am Ende eines Ganges zu, die sogleich von zwei Männern geöffnet wurde. Hier nahm man ihr das Tuch wieder ab. In alten Zeiten musste es ein Saal gewesen sein, in dem gegessen und getanzt hatte. Jetzt war aus diesem Raum jegliche Freude und Musik verschwunden. An den alten Tischen saßen grimmig dreinblickende Männer, in der Hand einen Krug Bier und die Hand am Griff ihrer Waffen. Sie pfiffen ihr zu, doch sie blickte zu Boden und wandte sich nicht den Gesichtern zu. Zu viel Angst hatte sie, wer sie hier erkennen könnte.

Am Ende der Halle saß, auf einem erhöhten Stuhl erhaben sitzend, ein ehemaliger Freund ihres Vaters. Sie erkannte es an dem Rotstich in seinen gewellten Haaren. Ehemals Lord Estermont, nun ein Geächteter und Vogelfreier unter seinem eigenen Banner. Sie konnte nicht in seine Augen blicken, wagte es nicht ihn auch nur mehr als eine Sekunde anzusehen. Die dunklen, durchdringenden Augen, der harte Strich seines Mundes, mit dem er schon so viele unheilbringende Befehle gegeben hatte. Die Hand, in der er das Schwert gehalten hatte..." Hätte Rhaenys in diesem Augenblick ihren Pfeil und Bogen gehabt, sie hätte keine Sekunde gezögert ihn zu benutzen... ,,Lady Rhaenys, wie geht es eurem Vater? Hat er sich schon nach einem neuen Weib umgesehen?" Man hörte Gelächter von den Bänken. Ihr Herz schien sich vor Schmerz zusammenzuziehen. ,,Wagt es euch nicht so über meinen Vater zu reden! Er ist ein ehrbarer Mann, ganz im Gegensatz zu euch. All die unschuldigen Frauen, Kin..." Ihr Kopf flog zur Seite und sie wäre fast gefallen, als ihr einer der Männer eine schallende Ohrfeige gab. ,, Hätte er nicht seinen König beim Urteil über mich und meine Männer unterstützt, wäre er ein noch viel ehrbarer und mächtiger Mann geworden! Falls ihr hier lebend herauskommen wollt, könnt ihr ihm das gerne von mir mitteilen." Nun hob die junge Frau doch den Kopf. ,,Was wollt ihr von mir? Warum habt ihr mich hierher gebracht?"

,, Wir haben vor zwei Tagen beim Versuch, das Schloss einzunehmen, lediglich einen der Königsfamilie hierherbringen können. Das war jedoch nicht unser Anliegen. Ich wollte sie alle in meiner Gewalt sehen. Das Volk sollte beim Tod seiner geliebten Familie zusehen, bevor wir an die Macht kommen würden. Doch nur ein Teil unserer Männer, jene die euch zu uns bringen konnten, hatten Erfolg. Es gibt neue Anlagen, neue Waffen und neue Hindernisse, was es uns nicht ermöglicht hat in das Schloss des Königs einzudringen." Er machte eine kurze Pause. ,,Hier kommst du ins Spiel, Lady Rhaenys. Mit deiner Hilfe wirst du uns ins Schloss bringen. Dir liegt deine Familie doch sicher am Herzen oder?" Er hatte ihr unmissverständlich gedroht. ,,Ich werde euch nicht helfen, heute nicht und auch in Zukunft nicht, bis zum Tage meines Todes werde ich euch für den Tod meiner Mutter hassen." Stille. Er schien kurz über eine Antwort nachzudenken. ,,Morgen werde ich euch erneut fragen Rhaenys, und übermorgen, und den Tag danach...und wenn ihr vor Schmerz vor diesen Stuhl wankt, wird euch mein Angebot noch wie eine Erlösung vorkommen. Tom, schaff sie in ihre Zelle." Nach einem hasserfüllten Blick zu dem Mann vor ihr stieß man Rhaenys wieder aus der Halle und verband ihre Augen. Sie konnte nicht klar denken, es gelang ihr einfach nicht. Irgendetwas musste sie sich überlegen.

Plötzlich blieben die Männer abrupt stehen und rissen ihr das Tuch vom Kopf. ,,Im Schlaf hast du ständig seinen Namen gemurmelt. Hier, sieh ihn dir an. Wenn du dem Lord keine Antworten gibst wird man mit dir dasselbe machen."

Sie war unfähig zu sprechen, als sie in die Zelle schaute auf die der Mann gedeutet hatte. Das Blut schien ihr in den Adern zu gefrieren und sie schluckte schwer, eine Träne lief ihre Wange hinunter.

Es war Tristan.

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Was haben sie Tristan angetan? Wird Rhaenys einen Ausweg aus der Situation finden?

Über Kommentare und Meinungen würde ich mich total freuen!:)

XO, FlowersInOur_Hair

I'll hold youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt