Kapitel 12

86 6 0
                                    

Meine Fesseln wurden gelöst und ich fiel beinahe vom Stuhl. Sofort war die Frau, die das Zepter getragen hatte zur Stelle und fing mich auf. Als ich einigermaßen sicher stand flog die Tür auf und Strucker stürmte gefolgt von den Zwillingen hinein. Direkt vor mir blieb er stehen. „Unglaublich." Er musterte mich und schien nach etwas zu suchen. „Wie lange dauert es, bis wir erfahren ob es funktioniert hat?" Dr. List stellte sich neben ihn und blätterte in einigen Unterlagen. „Theoretisch ist sie jetzt bereits im Besitz einiger Kräfte, allerdings haben diese drei Stunden sie ausgelaugt und sie ist erschöpft. Wir sollten sie zurück zur Zelle schicken und Fragtelli anweisen, auf sie aufzupassen." Strucker nickte leicht und beobachtete mich weiter. Mein Blick viel auf die Zwillinge. Wanda lächelte mich leicht an und in Pietros Gesicht stand einfach nur Erleichterung. „Gut, morgen früh beginnen wir mit dem Training."sagte Strucker und unterbrach Dr. List bevor er zu einer Erwiderung ansetzten konnte. „Wir können es uns nicht leisten sie zu schonen. Sie muss so schnell wie möglich einsatzbereit sein um weitere Mutanten zu rekrutieren." Dr. List seufzte nur und wendete sich wieder seinen Unterlagen zu. Strucker drehte sich zu den Zwillingen um und wies sie barsch an, mich zurück zu Marina zu bringen.

Wolfgang ist zu sehr auf Krieg aus, er vergisst den wahren Wert unserer Waffen-wo hab ich meinen Stift nochmal?-Ich glaube nachher stoße ich mit mir selber auf den Erfolg an-Stift-Wein-Essen-Licht-Stab-Zepter-Experiment

Erst als ich durch mit einem Ruck zurück gerissen wurde, bemerkte ich das ich gefallen war. Meine Beine trugen mich nicht und so hing ich zum zweiten Mal an diesem Tag in Pietros Armen. „Was war das denn?" fragte Wanda erschrocken. Ich drehte mich so gut es ging in Pietros Umarmung um und sah Dr. List, wie er in seinen Unterlagen wühlte und etwas zu suchen schien. Er murmelte nicht vor sich hin sondern hatte eine ernste Miene aufgesetzt. Ich war mir sicher, seine Stimme gerade in meinem Kopf gehört zu haben. Ich schüttelte den Kopf und murmelte „Nichts, ich bin wirklich am Ende." Wanda sah mich abschätzend an, sie glaubte mir nicht. Mit wackeligen Beinen versuchte ich einige Schritte zu gehen. Mit besorgten Gesichtern folgten die Zwillinge mir, Pietro stets darauf vorbereitet mich wieder aufzufangen.

Wir durchquerten das Labor langsam, da ich immer wieder stehen bleiben musste um Luft zu holen. Mir war schlecht und ich hatte das Gefühl meinen Körper zum ersten Mal seit langer Zeit wieder zu bewegen. Ich konnte meine Arme und Beine kaum koordinieren und mehr als einmal musste ich mich auf Pietro stützen.

Mit letzter Kraft erreichte ich den Aufzug und ließ mich von Pietro sanft hineinschieben. Er stellte sich neben seine Schwester und legte wie automatisch einen Arm um sie. Die Zwillinge lächelten ein trauriges Lächeln und verabschiedeten sich. Ich bekam kaum noch etwas mit und lehnte mich unbewusst gegen die Türen, sodass ich direkt in Marinas Arme fiel als diese sich öffneten. Ich spürte, wie ihre Hände meinen Rücken streichelten und hörte, wie sie leise in mein Ohr flüsterte. „Ich bin so froh dich wiederzusehen. Ich bin so froh dich wiederzusehen."

Ich fühlte mich ein wenig besser, was wahrscheinlich daran lag dass ich mich näher an der Oberfläche befand. Wieder halbwegs aufrecht gehend folgte ich Marina zurück zu meiner Zelle. Erschöpft ließ ich mich auf das Bett fallen und bemerkte gerade noch wie Marina mich zudeckte und die Zellentür wieder abschloss. Ich wunderte mich wenige Sekunden über ihr Verhalten und schlief sofort ein.

Wieder der Schmerz. Die Dunkelheit. Eva. Wieder dieser Strudel aus Verzweiflung, aus dem es kein Entrinnen gab. Bilder stürzten auf mich ein und ich konnte mich nicht wehren. Fremde Gefühle und Erinnerungen machten sich in mir breit. Da war ein Cello und ein Mann mit langen Haaren, der es spielte. Er blickte immer wieder zu mir und lächelte, und ich liebte ihn. Dann war da eine Frau, die einen Flur hinunterlief. Sie blickte immer wieder gehetzt über die Schulter, sah mich und schrie. Sie stolperte und ich spürte eine unbändige Freude auf das Kommende in mir aufkommen. Ich hob ein Messer, doch noch im Heruntersausen meines Armes wechselte die Szenerie wieder. Ich lag unter einem Bett, neben mir ein kleiner Junge. Er zog mich in seine Arme und gemeinsam lagen wir da und beobachteten eine scharfe Granate, die kurz vor uns auf dem Boden lag. Ich drückte mich enger an meinen Bruder und versuchte verzweifelt, seinen Worten zu glauben. „Alles ist gut." flüsterte er immer wieder, und bei jedem herabrieselnden Steinchen glaubte ich ihm ein Stückchen mehr. Ich wurde unter dem Bett hervorgerissen und lag jetzt auf einem drauf. Die Laken waren wunderbar weich und kuschelig, ich drehte mich zur Seite und erblickte den Cellisten, dessen tote Augen mich mit einem letzten Blick voller Liebe bedachten. Ich picknickte plötzlich. Ich saß auf einer Wiese und Menschen in seltsamen Kleidern liefen herum. Es war ein wunderschöner Tag und ich war glücklich.

Und dann war der Traum vorbei und ich war wieder zurück in meiner Zelle, allein mit der mir Freund gewordenen Dunkelheit und den fremden Gedanken, deren Ursprung ich nicht kannte.

BlackoutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt