Als ich das Ende der Wendeltreppe erreichte, ließ ich Kally sanft auf den Boden und setzte mich neben sie. Schmerzten vorher meine Beine von der Wanderung, waren sie jetzt taub. Erst als ich leises Stimmengewirr hörte, rappelte ich mich wieder auf. Die Schülerinnen, an denen wir vorbeigegangen waren, würden auch bald am Ende ankommen, also nahm ich Kally wieder auf die Arme und trug sie den Korridor entlang. Zweihundertundfünf.
Ich lehnte sie vorsichtig an die Tür, was nicht meine klügste Idee war, da sie einfach an ihr runterrutsche und unsanft auf dem Boden ankam. Ihren Schlüssel fand ich schnell und schloss die Zimmertür auf. Es war ein relativ großes, viereckiges Zimmer mit roséefarbenden Wänden. Unter einem Fenster stand ein rießiges Himmelbett. Links ein Schreibtisch. Rechts ein Kleiderschrank. Ich legte Kally behutsam auf ihr neues Bett und schrieb ihr ein Zettel.
Kally
Du bist bewusstlos geworden und jetzt in deinem Zimmer.
Falls noch etwas ist, kannst du in mein Zimmer kommen. (212)
Trink etwas!
V.Dann schlich ich mich aus ihrem Zimmer, schloss die Tür und suchte nach meinem Zimmer. Schließlich stand ich, etwas weiter den Gang hinunter, vor einer Eisentür, die unbeschriftet war. Links war Zimmer Zweihundertundzehn und rechts Zweihundertundvierzehn. Als ich nach langem Überlegen beschloss die Tür einfach aufzumachen, fand ich wieder eine Wendeltreppe vor. Diesmal aus Holz. Ich seufzte und war erleichtert, als es maximal nur fünfundzwanzig Stufen waren bis ich eine graue Tür vorfand. Sie glitzerte bisschen und bestand wahrscheinlich auch aus Eisen. Als ich probierte sie mit meinem Zimmerschlüssel zu öffnen, funktionierte es. Ich trat in mein neues Zuhause ein.
Mir stockte der Atem: Auf dem ersten Blick erkannte ich, dass es ein Turmzimmer war, denn die Wände waren mehr oder weniger rund, aus grauen Mauersteinen gebaut und die Decke sah aus wie eine Kuppel. Insgesamt war es ein kleines Zimmer, aber dadurch umso gemütlicher. Ich schloss die schwere Tür hinter mir, ließ alles stehen und lief direkt zum kleinen Turmfenster. Ich riss es auf und bestaunte den Ausblick. Ich konnte den ganzen Innencampus sehen und ein gutes Drittel davon bestand aus Bäumen und den darunter stehenden Bänken. Ich entdeckte ein paar ältere Schülerinnen, die den Platz durchquerten. Das beeindruckendste war aber, was hinter dem Campus lag. Zuerst sah man den Eisenzaun, welcher das Grundstück umschloss und von der Außenwelt trennte. Dahinter erstreckte sich der, wie es schien, endlose Wald. Da es schon leicht dämmerte, sah er mystisch und etwas unheimlich aus. Die Kronen waren von einem weißen Schutzmantel bedeckt, der fast so aussah wie Koks. Ich musste es ja wissen.
Ich trat einen Schritt zurück und zog die schwarz-roten Vorhänge zu. Erst als ich mich umdrehte, betrachtete ich das eigentliche Zimmer. Links vom Fenster aus stand ein relativ großes Bett mit silbernen Bezug und daneben ein kleiner Nachttisch mit einer Leselampe. Rechts stand ein großer Kleiderschrank aus Holz. Ich fing an meine Kleiderstücke in ihm aufzuhängen und einzusortieren. Danach nahm ich den Rucksack und holte meinen leeren Kaffeebecher heraus.
Seit Jahren trank ich ihn schon und war inzwischen ziemlich süchtig, was nicht unbedingt positiv zu deuten war. Es kam dazu, weil ich unter Schlaflosigkeit litt. Ich blieb jeden Tag solange auf wie möglich, da ich Angst vor Albträume hatte. Wenn ich einschlief obwohl ich nicht zum Sterben müde war, träumte ich von dem Unfall meiner Eltern. Seit das angefangen hatte, trank ich Kaffe, damit ich wach blieb. Umso erfreuter war ich, als ich den kleinen Kaffeeautomaten in der Ecke, meines Zimmer endeckte. Ein Klopfen versetzte mich in die Gegenwart und ich stand auf, um die Tür zu öffnen.
"Hey Varvara, ich war mir etwas unsicher, weil- oh! Wow, wieso hast du so ein schönes Zimmer?", fing sie gleich an zu reden.
"Es ist ein Turmzimmer", erklärte ich ihr, "Und ich habe es mir nicht ausgesucht. Geht es dir besser?"
"Ja, ich habe auch etwas getrunken. Hast du mich aufs Zimmer gebracht? Alleine, dir restlichen Stufen?", fragte sie halb ungläubig, halb beeindruckt.
Ich nickte, woraufhin sie lächelte und vorschlug: "Gehen wir morgen zusammen zum Unter- Warte! In welcher Klasse bist du überhaupt?"
Zum wiederholten Male las ich meine Anmeldefomulare durch und sagte schließlich: "Anscheinen gibt es drei Klassen. Ich bin in der Zweiten, du?"
Sie fing kurz an zu kreischen und klatschte in die Hände: "Perfekt! Ich auch, dann treffen wir uns morgen um halb sechs vor der Wendeltreppe, okay? Warte- Ist das etwas Kaffe?"
Als ich nickte, verzog sie angewidert das Gesicht. "Und du magst das? Ist ja schrecklich!", fuhr sie fort.
Ich ignorierte den Kommentar und bestätigte: "Ok, morgen um halb sechs vor der Wendeltreppe."
"Gute Nacht, Varvara"
"Nacht", verabschiedete auch ich mich und schloss hinter ihr die Tür.
Als ich mich wieder auf mein Bett setzen wollte, sah ich ein Umriss an der Wand und ging darauf zu. Es war eine Tür, die man aber gar nicht richtig sah, weil sie aus dem gleichen Stein wie die Wand gebaut war. Sie verriet sich nur durch den silbernen Knauf, den ich jetzt zog. Es quitschte und knarrte fürchterlich, aber schließlich kam ein Badezimmer zum Vorschein. Es war nicht groß, aber ich wusste, dass die anderen Mädchen sich ein Gemeinschaftsbad auf dem Flur teilen mussten. Ich holte meine Badsachen, duschte und putzte meine Zähne.
Als ich die versteckte Tür hinter mir geschlossen hatte, ging ich nochmal zum Fenster. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es bereits kurz vor Mitternacht war. Trotzdem zog ich die Vorhänge ein Stück weit zurück und spähte auf den jetzt vollkommen dunklen Campus. Ich entdeckte insgesamt nur vier Laternen an den Ecken, weswegen der mittlere und größte Teil nicht zu erkennen war. Es schneite noch immer und die Flocken glitzerten, wenn sie den Lichtstrahl durchquerten.
Nach ein paar Minuten zog ich die Vorhänge wieder ganz zu, legte mich aufs Bett und las bis ich müde genug war, um ohne Albträume zu schlafen.
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Hey meine Lieben!
Kapitel überarbeitet :)
Im nächsten Kapitel erfahrt ihr wer der gutaussehende Mann auf der Wendeltreppe war ❤
BRXXKENGIRL
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F O R E S T A C A D E M Y
Teen FictionDie 17-jährige Lilie Varvara kommt auf die 'forest academy'. Dort passieren mysteriöse Vorfälle, die für Lilie immer gefährlicher werden. Was steckt dahinter? Und wird sie es mit Hilfe ihrem gutaussehenden 25-jährigen Lehrer und Mentor durchstehen...