Nachdem Effie mich und Peeta ins Justizgebäude gebracht hatte, wurde ich sofort von einem Friedenswächter in einen kleinen Raum gebracht. In dessen Mitte stand ein Sofa und an den Wänden standen ein paar Regale. Ansonsten gab es nur ein Fenster und die Tür, durch die ich hereingekommen war. Ich ging langsam auf die Couch zu und strich mit den Fingern über das schon aufgeraute Leder. Hier wurden die Tribute wahrscheinlich jedes Jahr nach der Auslosung hergebracht. Ich wollte gar nicht wissen, wie viele Kinder hier ihre Familie das letzte Mal gesehen haben. Der einzige, der bisher als Sieger nach Distrikt 12 zurückgekehrt war, war Haymitch Abernathy. Das hieß, dass er mein Mentor sein würde. Doch man hat mir erzählt, dass nach seinen Spielen seine ganze Familie umgebracht wurde, weil er die Spielmacher mit einem Kraftfeld ausgetrickst hat. Seit dem soll er dem Alkohol verfallen sein. Eine große Hilfe würde er wahrscheinlich nicht sein. Wobei ich mir sowieso keine Hoffnungen mehr hatte.
In dem Moment flog die Tür auf und Katniss stürmte herein. Ihr Gesicht war tränenüberströmt und sie schluchzte herzzerreißend. Die sonst so starke Katniss Everdeen weinte vor meinen Augen, und das machte die Lage nicht besser. Doch wie hätte ich es ihr verübeln können? Ich hätte auch geweint, wenn der Staat mir gerade meine kleine Schwester weggenommen hätte. Sie kam auf mich zu und nahm mich fest in die Arme. „Oh, Prim, oh, Prim. Es tut mir so leid, ich...ich“, wimmerte sie. Ich drückte mich fest an sie und schlang meine Arme so fest um ihren Hals, dass sie, als sie sich wieder aufrichtete, mich hochhob. Nach einiger Zeit, in der nur Katniss Schluchzen zu hören war, löste sie sich langsam von mir. „Hör zu, wir haben nur drei Minuten. Ich bin der festen Überzeugung, dass du dein bestes geben wirst. Du bist klein und flink, die meisten anderen Tribute werden dich wahrscheinlich unterschätzen oder gar nicht bemerken. Das verschafft dir schon mal eine große Chance. Prim, du kannst das schaffen!“ Sie fasste mich bei den Schultern und schaute mich eindringlich an. Glaubte sie das wirklich? Glaubte sie wirklich, ich würde wieder zurück kommen? War sie sich so sicher, dass wir uns wieder sehen würden? Ich denke, dass war sie nicht. Sie wollte die ganze Lage nur nicht noch schlimmer machen, wollte mir zumindest ein wenig Hoffnung machen. Doch wir beide waren uns sicher, dass das nicht der Fall sein würde. Ich meine, was konnte ich schon? Ja, ich war vielleicht klein und schnell, aber ich konnte weder kämpfen noch mich verteidigen! Es wäre schon ein Wunder, wenn ich das Blutbad am Füllhorn überleben würde. Jetzt trat meine Mutter hinter Katniss hervor. Sie schaute mich nur traurig aus ihren glasigen Augen an. Heute früh hatte ich noch darüber nachgedacht, wie es für meine Mutter wäre, jetzt auch noch ein Kind in den Hungerspielen zu verlieren, und jetzt war es grausame Wahrheit. Ich ging auf sie zu und umarmte sie fest. Ich hatte seit dem tödlichen Unglück meines Vaters keine allzu starke Bindung zu ihr gehabt, ihr stumpfer Blick hatte mich zu sehr an den schmerzlichen Verlust erinnert. Seitdem war Katniss meine Mutter gewesen. Aber trotzdem war sie meine Mutter, und ich erinnerte mich wieder an den Mensch, der sie früher einmal war. Damals war sie immer glücklich gewesen, war singend durchs Haus gelaufen, und hatte mir das beschwerliche Leben im Saum etwas erträglicher gemacht. Sie hatte mir erlaubt, Butterblume zu behalten, obwohl das Essen oft für uns kaum gereicht hatte. Früher hatte ich ihr oft zugesehen, wie sie die Menschen geheilt hat, und manchmal habe ich ihr auch geholfen. Deshalb weiß ich auch einiges über Heilkunde. Aber das konnte mir in der Arena wohl kaum helfen. Obwohl... In diesem Moment ging die Tür wieder auf. „Die Zeit ist um!“, schnauzte der Friedenswächter und packte Katniss und meine Mutter am Arm. Katniss versuchte sich seinem Griff zu entwinden, aber er drückte nur noch fester zu und zerrte sie zur Tür. „Prim, denk an die Bäume!“, rief Katniss mir noch zu. Bäume? Was für Bäume? Ich hatte keine Zeit mehr, mir darüber Gedanken zu machen. Der Friedenswächter schubste Mum und Katniss aus dem Raum.
„Nein!“, schrie ich, doch er zog die Tür energisch zu. Ich rannte zur Tür, rüttelte an der Türklinke, hämmerte mit den Fäusten gegen die Tür und warf dem Friedenswächter wüste Beschimpfungen an den Kopf. Doch die Tür ging nicht mehr auf. Ich ging ein paar Schritte zurück, bis ich das Sofa spürte, und ließ mich darauf fallen. Ich zog die Beine an und legte die Stirn auf die Knie. Das Gesicht vergrub ich in meinen Händen. Leise Tränen tropften auf den abgewetzten Lederbezug des Sofas. Sie konnten mir doch nicht einfach meine Familie wegnehmen! Das konnten sie mit keinem Kind machen! In diesem Moment verspürte ich so großen Hass auf das Kapitol wie noch nie. Das war doch unfair! Man konnte doch nicht einfach 24 unschuldige Kinder in einer Arena einpferchen, nur damit die Distrikte eingeschüchtert und die Leute aus dem Kapitol eine Unterhaltung hatten. Denn das war ja das schlimmste: Dass das alles nur eine Fernsehshow war! Wütend sprang ich auf und trat mit voller Wucht gegen die Tür. Ich hörte, wie jemand davor vor Schreck ein wenig zurücksprang. Im nächsten Moment öffnete sich die Tür wieder und Gale streckte den Kopf zur Tür herein. „Hast du gerade dagegen...“, begann er, doch ich zerrte ihn ganz in den Raum und schmiss mich in seine Arme. Er reagierte sofort, hob mich hoch und wiegte mich sanft hin und her. Meinen Kopf in seinem Oberteil vergraben begann ich leise zu wimmern. Der Abschied von Gale fiel mir auf besondere Weise schwer. Seitdem er und Katniss sich im Wald beim Jagen kennen gelernt hatten, hatte er so viel für unsere Familie gemacht. Zuerst mal hatte er Katniss das Jagen beigebracht, so dass sie uns immer Essen besorgen konnte. Er hatte uns auch immer mit Essen oder anderen notwendigen Dingen unterstützt. Er war wie ein großer Bruder für mich. Ich hatte schon viel Zeit im Hause Hawthrone verbracht, um mit Gales Brüdern Rory und Vick und seiner Schwester Posy zu spielen. Unsere beide Familien waren kaum mehr zwei, wohl eher eine große Familie. Er flüsterte mir leise ins Ohr: „Gib nicht auf! Du musst an dich glauben, dann kannst du es schaffen. Zeig dem Kapitol, dass man so kleine Mädchen nicht einfach als Schachfigur verwenden kann!“ Dann stellte er mich wieder hin, gab mir einen Kuss auf den Scheitel und wurde dann vom Friedenswächter weggebracht. Ich schrie nicht, ich bettelte nicht. Ich ließ mich einfach zu Boden sinken und wartete. Wartete, und ließ Gales Worte auf mich einwirken. Zeig dem Kapitol, dass man so kleine Mädchen nicht einfach als Schachfigur verwenden kann... Wie hatte er das gemeint? Nicht als Schachfigur... Irgendwie sollte ich dem Kapitol zeigen, dass ich auch eine Meinung habe, ein eigenes Leben. Nur wie? Ich nahm mir fest vor, auf der Fahrt ins Kapitol darüber nachzudenken.
Die Tür ging ein drittes Mal auf, und diesmal stand Effie davor. Sie hatte ihr breitestes Lächeln aufgelegt, weshalb ich ihr einen finsteren Blick zuwarf. Diese Angelegenheit war ganz und gar nicht zu Lächeln. Neben ihr stand Peeta, der zwar auch nicht gerade glücklich aussah, aber anscheinend nicht geweint hatte oder den Abschied sonderlich emotional gezeigt hatte. Effie hackte sich links bei mir und rechts bei Peeta unter, dann ging sie mit uns den Gang entlang. „Denkt dran, da draußen sind die Kameras. Brust raus, Po rein und Lächeln!“, erklärte sie, dann stieß jemand die Tür vor uns auf und wir wurden von gleißendem Licht empfangen, sodass ich die Augen mit meiner freien Hand abschirmen musste. Im Nachhinein denke ich, das es gar nicht die Sonne, sondern die vielen Blitzlichter waren, die alle den 12 Jährigen Tribut fotografieren wollten. Ja, ich war wirklich etwas Besonderes. Die einzige, die das nicht so sah, war ich selbst. Effie lotste uns gekonnt durch die Menschenmassen und Reporter und bugsierte uns in eine Kutsche. „Auf zum Zug!“, trällerte sie fröhlich, als sich die Kutsche in Bewegung setzte.Heii Ihr Hübschen!
Ich habe es doch geschafft, ein Cap zu schreiben und hochzuladen! Ich hoffe, es gefällt euch, und ist nicht zu kurz (ich kann das so schlecht einschätzen). Ich würde mich auch sehr über Feedback freuen, auch wenn es nur ein Rechtschreibfehler ist ;D Ansonsten nehmt euch einfach zwei Sekunden und drückt auf den Stern (ich würde mich wirklich sehr über Votes freuen! :3)
Stay beautiful! <3
~Elli xx
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Safe&sound *on hold*
FanfictionWas, wenn Katniss sich nicht für Prim gemeldet hätte? Was, wenn Prim in die Hungerspiele müsste? Wie lange würde sie überleben? Würde sie überleben?