Hope is our weapon.
Survival is victory.„Du hast auf der Bank übernachtet?" hakte Harry fassungslos nach, woraufhin sie nickte. „Du hast im Regen auf einer Parkbank an einer Straße übernachtet, nur, um mit mir zu sprechen? Und du ... sprichst ja noch nicht einmal wirklich mit mir. Ich weiß immer noch nicht, was du von mir willst!" Aufgebracht fuhr er sich durch die Locken und betrachtete die Gesichtskonturen des hübschen Mädchens vor ihm. Sie stand da wie ein Haufen Elend, jemand, der einfach Schutz suchte und eine riesige Angst vor etwas hatte.
Avery holte Luft und meinte: „Harry, ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, was ich sagen soll. Ich hielt es für die beste Möglichkeit, da vorne zu schlafen."
„Hast du kein Zuhause?" „Ich kann nicht nach Hause. Ich möchte dort nicht hin." „Ist das der Grund, weshalb du letzte Nacht am Bahnhof warst? Du konntest, oder wolltest, nicht nach Hause und hast deswegen gedacht, du könntest nirgends mehr hin und wolltest lieber sterben?" Harry wollte nicht so harsch klingen, aber es nervte ihn, dass sie nicht auf den Punkt kam. Selbstmord war in keinster Weise etwas, worüber man sich lustig machen sollte und er wollte es auch nicht so klingen lassen, doch es kam einfach aus ihm heraus. Verletzt sah Avery auf den Boden vor ihren Füßen, doch sie konnte Harry verstehen. Wie hätte sie reagiert, wenn jemand vor ihr stand, den sie vor dem Selbstmord bewahrt hatte und den sie vermutlich nie wieder sehen wollte?
„Okay, sorry", meinte Harry nun sanfter, „Ich muss das alles erst verarbeiten. Also. Du möchtest nicht nach Hause. Und Freunde hast du anscheinend auch keine, weshalb du im Regen auf der Bank geschlafen hast. Und jetzt bekommst du vermutlich eine Erkältung, weshalb ich zulassen werde, dass du mit in meine Wohnung kommst."
„Was?" Mit offenem Mund starrte Avery ihn an.
„Was, was?" „Ich soll in deine Wohnung? Obwohl du eben noch so aussahst, als wolltest du die Polizei holen?" „Ich weiß, ich begehe vermutlich einen dummen Fehler, aber ich weiß auch, dass man über manche Dinge einfach nicht sprechen kann und solange du mir versprichst, mir irgendwann die Wahrheit zu erzählen, werde ich dir helfen." Harry hatte nicht die leiseste Ahnung, was er da tat, aber es erschien ihm am sinnvollsten. Sie wäre nicht ohne Grund hier aufgetaucht, also sollte er versuchen, diesen herauszufinden. Und als sie dann auf einmal zu schniefen begann und ein paar Tränen abwechselnd ihre Wangen herunterrannen, da merkte er, dass es fürs Erste eine gute Tat war.
„Das brauchst du nicht tun. Eigentlich sollte ich sogar sauer auf dich sein, weil ... weil du mir meinen Absprung kaputt gemacht hast", weinte sie leise, sah noch immer auf ihre Schuhspitzen. Harry hasste es, jemanden weinen zu sehen und nun sah er gleich zwei Mädchen, die etwas bedrückte. Gestern seine Schwester, nun diese Fremde. Er bezeichnete sie irgendwie immer noch als fremd, obwohl er gestern selbst zu ihr meinte, er sei für sie nun kein Fremder mehr. Doch er wusste nicht wirklich etwas über sie. Die paar Dinge reichten höchstens als Grundlage für eine knappe Bekanntschaft. Vielleicht waren sie das – Bekannte. Vielleicht aber doch nur zwei durchs Schicksal zusammengeführte Personen, die dummerweise zur falschen Zeit am falschen Ort waren.
„Du rufst nicht die Polizei?", fragte Avery sicherheitshalber noch einmal nach.
„Nein. Nicht, solange ich nicht weiß, was du verbrochen hast", lächelte Harry und sie machten sich auf den Weg nach oben. Er kramte seinen Schlüssel hervor und hatte beinahe vergessen, dass er die Zeit über ein Brötchen in der Hand gehalten hatte. Das merkte er erst wieder, als er die Tür aufschloss.
„Achso, ähm, hast du Hunger? Ich habe Brötchen gekauft, aber mir ist der Appetit vergangen", bot er ihr an und trat ein. Sie folgte ihm leise und nickte unsicher, während sie sich von innen auf die Wangen biss. Seine Gastfreundlichkeit war in ihren Augen überhaupt nicht verständlich. Doch sie fror und hatte seit gestern Abend nichts mehr gegessen, da kam ihr jede Hilfe recht. Auch, wenn sie eigentlich gar nicht mehr am Leben sein wollte. Harry ließ das hübsche Mädchen an seinem Küchentisch Platz nehmen, an dem alles noch so aussah, wie er es vor einer halben Stunde verlassen hatte. Er reichte ihr ein Messer und sie schnitt das Brötchen auf. Harry lehnte sich an die Arbeitsplatte und beobachtete sie. Ihre Haare waren nass, doch da er selber vorhin alles nassgetropft hatte, störte es ihn nicht. Trotzdem holte er ihr ein Handtuch aus dem Bad, womit sie sich schnell das Haare abtrocknete, um nicht krank zu werden. Ihre Lippen waren spröde von der Kälte der Nacht und ihre Haut hatte keine gesunde Hautfarbe mehr. Unter ihren Augen waren deutliche Augenringe sichtbar und sie wirkte wahnsinnig müde. Stumm aß sie und er beobachtete sie, spielte nervös hinter seinem Rücken mit seinen Fingern.
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Miracle ➳ Harry Styles
Teen FictionHarry und Avery. Ein Ort. Ein Wunder. Eine Liebe. Und eine Nacht, die das Leben der zwei schlagartig ändern sollte. © Lina Christin, Juli 2017 || Warnung: Dieses Buch handelt mitunter von Suizidgedanken - es wird keinesfalls eine ausführliche Beschr...