Mit einer bösen Vorahnung starrte ich zu dem zweiten, bislang leeren Bett in meiner linken Zimmerhälfte, bevor ich langsam darauf zu ging. Auf der Matratze lag ein ordentlicher Stapel Kleidung, daneben ein Umhang sowie ein Handtuch. Und auf meinem sonst so kahlen Schreibtisch lagen mehrere Dokumente, ein paar Bücher und Schreibzeug. Darauf hoffend dass diese Sachen nicht Levi gehörten, nahm ich das oberste Kleidungsstück vom Stapel und entfaltete es, wobei der große Blutfleck an der Seite nicht zu übersehen war.
"Seit wann fasst man Dinge an die einem nicht gehören?" kam es von der Tür in der leider tatsächlich der Hauptgefreite stand. Und anscheinend hatte er es immernoch nicht geschafft sich etwas anzuziehen, weshalb ich einen kurzen Blick auf seinen von Verbänden gezierten Oberkörper werfen konnte. Jedoch verdrängte ich jegliches Schamgefühl das in mir aufzukommen drohte sofort wieder, und konzentrierte mich auf das Wesentliche. Empört warf ich das Oberteil aufs Bett. "Sie beziehen jetzt also doch ein Zimmer mit mir? Warum fällt ihnen das erst jetzt ein??" fuhr ich den Schwarzhaarigen etwas aggressiver als beabsichtigt an und ging einen Schritt auf ihn zu. Seine Miene blieb ausdruckslos. "Falls es dir entgangen sein sollte, bei deinem Rettungsversuch vorhin ist ein Fenster in meinem Büro zu Bruch gegangen. Und da es nachts sehr stürmisch ist, und zu allem Überfluss noch dein Blut überall dort auf dem Boden klebt, bin ich gezwungen die folgenden Nächte hier zu bleiben. " erklärte er. Mein Gott ich fasse es einfach nicht!
"Tut mir wirklich aufrichtig Leid, dass ich ihnen das Leben gerettet habe." Mein Tonfall triefte nur so vor Sarkasmus. Nun kam der Hauptgefreite einen Schritt auf mich zu.
"Hättest du dich nicht fangen lassen, wäre mein Eingreifen nicht nötig gewesen und es wäre gar nicht erst dazu gekommen dass er mich abknallen will."
"Tja wenn sie mich vorher im Nahkampf trainiert, oder mich auf die Mission mitgenommen hätten-"
"Ich sagte ich würde über Training nachdenken. Und wenn du bei der ersten Prüfung nicht so stur gehandelt hättest, würde ich keinen Grund sehen dich nicht mitzunehmen."
"Das habe ich nur getan um sie ...!" ich stockte.
"Um was?" knurrte er auf mich herab und stand nun wieder direkt vor mir, was mich zugegebenermaßen etwas einschüchterte.
Um sie zu beeindrucken. Sagte ich innerlich. Herrisch blitzten Levis Augen auf während er mich eindringlich mit seinem Blick durchbohrte. Ich versuchte so selbstbewusst wie möglich zu wirken und erwiderte den Blickkontakt. Was sollte ich denn jetzt sagen? Die Wahrheit? Dass ich Anerkennung und Respekt von ihm wollte. Nur weil er mich nicht, im Gegensatz zu den anderen, ab dem ersten Moment mochte? Es war einfach nur dumm von mir, aber das würde ich jetzt auf keinen Fall zugeben. Also wandte ich mich schweigend von ihm ab und betrat mein Bad. Hinter mir knallte ich die Tür ins Schloss. Scheiß drauf was er jetzt von mir denkt, wie ich mich einfach nur verkrieche... Soll er doch denken was er will, sobald ich die Prüfungen bestanden habe bin ich ohnehin nicht mehr an ihn gebunden.
Durchatmend fuhr ich mir durchs Haar. Was er jetzt wohl macht? Ich ging neugierig und genervt zugleich vor der Tür auf die Knie und spähte durch das Schlüsselloch, welches glücklicherweise genau zu seinem Bett zeigte. Ich beobachtete wie Levi seine Klamotten in seinen Schrank gegenüber vom Bett verstaute, und sich dann wie ein Sack auf die Matratze plumpsen ließ. Er sah sich im Raum um und fuhr sich schließlich ebenfalls durch sein Haar, zuckte allerdings kurz zusammen und drückte dann eine Hand auf seine unter Druckverbänden versteckte Wunde.
Eine Weile sah ich ihn einfach nur an, musterte sein Gesicht, seinen Körper, seine Atmung und jede Bewegung die er ausführte. Doch dann schüttelte ich schockiert den Kopf. Er ist ein arroganter, gefühlloser Idiot. Redete ich mir ein und begann mich bettfertig zu machen.
