Kapitel 8

27 1 0
                                    

  Ohne anzuklopfen, riss Alec die Tür zu Lydias Büro auf. Überrascht wandte sich die blonde Schattenjägerin zu ihm. Zuerst weiteten sich ihre Augen, doch dann zeigte sich ein erleichtertes Lächeln auf ihren Lippen. Er hingegen konnte dieses nicht erwidern, denn seine Wut hatte sich mit jedem Meter, den er auf den Raum zugelaufen war, nur noch vergrößert. Dies schien sie auch wahrzunehmen, denn das Lächeln verschwand.
"Ich freue mich, dass du wach bist und es dir besser geht."
Alec sagte nichts dazu. Er wusste, dass er sich bei ihr dafür bedanken sollte, dass sie ihm - trotz seiner Drohung - Hunter hinterher geschickt hatte, um ihm helfen zu können. Doch er brachte es einfach nicht über sich. Im Moment war von seiner Dankbarkeit nicht mehr viel übrig. Nicht, seit er wusste, dass sie einen großen Anteil an der Situation, in der Magnus und er steckten, trug. Er selbst war auch Schuld daran, aber das änderte nichts daran, dass er ohne sie nicht in dieser Lage stecken würde. Lydia schien zu merken, dass er nicht antworten würde, denn sie durchbrach erneut die Stille.
"Was ist denn los, Alec?"
Bei dieser Frage lachte er bitter auf. Es war alles andere als lustig, aber er konnte es einfach nicht verhindern.
"Fragst du mich das gerade ernsthaft? Du müsstest doch am besten wissen, was los ist."
Um seinen Worten mehr Nachdruck zu verleihen und ihrem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen, hob er seinen rechten Arm. Beim Anblick der hellen Narbe, welche die Vergessens-Rune dort hinterlassen hatte, weiteten sich ihre Augen. Neben der Überraschung darüber, dass sie verschwunden war, zeigte sich auch Angst in ihnen. Scheinbar wusste sie nun ganz genau, wovon er sprach, denn er bemerkte, dass sie schlucken musste und leicht anfing zu zittern. Da sie allerdings nichts sagte, fuhr er einfach fort.
"Wieso hast du das getan?"
Lydia zuckte zusammen, da er ziemlich laut gesprochen und seine Wut in seine Stimme gelegt hatte. Es gab ihm ein wenig Genugtuung, denn sie hatte sicher gewusst, wie sehr ihn das verletzen würde, was sie ihm kurz vor ihrer Hochzeit erzählt hatte. Er wusste allerdings nicht, welchen Grund sie dafür hatte. Doch noch immer sagte sie nichts und stand nur wie angewurzelt da. Langsam wurde er wirklich böse und er musste eine Hand zur Faust ballen, um sich zurückzuhalten. So oft hatte sie in den letzten Tagen mit ihm reden wollen, und jetzt, wo es einmal andersherum war, brachte sie kein Wort heraus. Dies steigerte seine Wut nur, denn er wollte unbedingt ihre Beweggründe wissen. Alec presste die Kiefer aufeinander und brachte die nächsten Worte nur mühsam hervor, um nicht wieder laut zu werden. Vielleicht hatte er so bessere Chancen, eine Antwort zu erhalten.
"Warum hast du mir erzählt, dass Magnus nur Interesse an mir hätte, weil er Will Herondale damals nicht haben konnte und ich ihm so ähnlich sehe?"
Die Schattenjägerin schluckte erneut und er versuchte ruhig zu bleiben. Es würde ihm auch nichts bringen, wenn er sie anschrie. Normalerweise war sie diejenige, die schnell lauter wurde, wenn sie diskutierten und er war immer ruhig geblieben. Zumindest war dies die letzten Jahre so gewesen. Doch nun wirkte sie nicht mehr, wie die Lydia, die er kannte. Was vermutlich daran lag, dass sie nicht damit gerechnet hatte, dass er sich irgendwann wieder erinnern konnte, und sich nun ertappt fühlte. Nach einer gefühlten Ewigkeit, setzte sie endlich zu einer Antwort an. Dabei sah sie ihn allerdings nicht an, sondern starrte auf den Boden.
"Hast du es etwa nie gemerkt?"
Sie brach ab und Alec war genervt. Am liebsten hätte er kehrt gemacht und wäre wieder gegangen, doch dann bekäme er keine Antwort. Zudem wollte er nun auch wissen, was sie meinte. Vorsichtig hob sie ihren Blick und sah ihm in die Augen.
"Ich habe mich bereits vor unserer Hochzeit in dich verliebt. Ich wusste, dass du Gefühle für Magnus hattest und ich merke, dass es noch immer so ist. Nachdem du mir den Antrag gemacht hattest und ich merkte, was ich für dich empfand, wollte ich dich nicht an ihn verlieren. Deswegen habe ich über ihn recherchiert und dir das erzählt. Und nachdem du dich für mich entschieden hattest, hatte ich gehofft, dass du irgendwann auch Gefühle für mich entwickelst..."

Ungläubig starrte Alec zu der Frau, mit der er verheiratet war. Er hatte es tatsächlich nicht gemerkt, dass sie mehr für ihn empfand. Doch umso wütender machte es ihn, dass sie ihm diese Geschichte aufgetischt hatte. Dass es eine war, dessen war er sich inzwischen sicher. Magnus hatte am Morgen so verletzt gewirkt, dass es unmöglich stimmen konnte, dass er lediglich ein Ersatz für diesen Will für ihn war. Und dass der Hexenmeister seinen eigenen Vorsatz gebrochen hatte, um ihm das Leben zu retten, sprach ebenfalls dafür. Er konnte nicht glauben, dass Lydia so hinterhältig war.
"Ich fasse es nicht. Wenn du mich wirklich lieben würdest und gemerkt hast, wie viel mir Magnus bedeutet, hättest du es nicht getan."
Die Worte kamen ihm schneller über die Lippen, als er denken konnte. Doch wenn er jetzt genau darüber nachdachte, stimmte es. Magnus bedeutete ihm immer noch unglaublich viel. Die letzten Tage hatte er immer nur das Gefühl gehabt, dass zwischen ihnen etwas gewesen sein musste. Aber nun wurde ihm klar, dass es immer noch da war. Er liebte Magnus und seine Gefühle hatten über die Jahre nicht nachgelassen. Er ballte nun auch die zweite Hand zur Faust, denn eine neue Welle der Wut breitete sich in ihm aus. Lydia beobachtete ihn nur und sagte nichts. Sie wirkte eingeschüchtert, doch es war ihm egal.
"Du wusstest, dass ich mir nichts aus Frauen mache. Wie kamst du also auf die Idee, dass es bei dir anders wäre? Unsere Hochzeit hatte von meiner Seite aus nichts mit Gefühlen zu tun und wenn du mir nicht kurz vor der Zeremonie diese Geschichte erzählt hättest, wäre es auch nie zu dieser Ehe gekommen."
Er öffnete seine Hand, griff nach seiner Stele, die zu seiner Verwunderung noch immer in seiner Hose steckte, und zog sie heraus.
Lydia blickte ihn verwirrt an, denn sie wusste nicht, was er damit vorhatte. Er sah ihr tief in die Augen. Der Ausdruck in seinem Gesicht war hart und unnachgiebig.
Alec streckte seinen rechten Arm nach vorn und biss die Zähne vor Schmerz zusammen, als die Spitze der Stele seine Haut berührte. Langsam zog er sie über die Rune, die ihm Lydia während der Hochzeitszeremonie aufgetragen hatte. Seine Aktion hatte keine Auswirkung auf die Rune, doch sie verlieh seinen nächsten Worten mehr Nachdruck. Als er fertig war, hielt er seinen Arm erneut nach oben, damit Lydia genau sah, was er getan hatte.
"Hiermit ist unsere Ehe für mich beendet."
Geschockt über seine Tat und seine Worte, stand sie einfach nur stocksteif da und starrte auf seinen Arm. Das Zittern, das in den letzten Minuten immer wieder ihren Körper ergriffen hatte, wurde nun stärker. Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper, denn sie hatte das Gefühl, sonst auseinanderzufallen. Heiße Tränen bahnten sich langsam einen Weg über ihre Wangen, doch sie wischte sie nicht weg. Sie war nicht fähig, sich zu rühren.

Alec bemerkte, dass Lydia weinte, doch es interessierte ihn nicht. Sie war teilweise schuld daran, dass er sich gegen Magnus und für sie entschieden hatte. Natürlich war er auch selbst schuld. Er hätte ihr nicht glauben dürfen. Er war viel zu leichtgläubig gewesen, aber er hatte ihr vertraut und sie hatte es ausgenutzt. Da Alec ihren Anblick nicht mehr ertrug, drehte er sich ohne ein weiteres Wort um und verließ den Raum. Sein Weg führte ihn direkt zu seinem Zimmer. Er wollte so schnell wie möglich zu Magnus. Doch bevor er zu ihm gehen konnte, brauchte er dringend eine Dusche und frische Kleidung. In seinem Bad angekommen, schlüpfte er aus seiner zerfetzten Schattenjägerkluft und stellte sich unter die Dusche. Das warme Wasser tat ihm gut. Er schloss die Augen und genoss es, wie die Wärme die Anspannung in seinen Muskeln löste. Während das Wasser das getrocknete Blut von seinem Körper spülte, verrauchte auch seine Wut immer mehr. Stattdessen machte sie Schuldgefühlen Platz. Seine Entscheidung, die er getroffen hatte, machte ihm nun noch mehr zu schaffen, nachdem er seine Erinnerungen wiedererlangt hatte. Er war so dumm gewesen. Dass er nun endlich den Grund für seine Entscheidung kannte, machte es nicht besser, sondern eher noch schlimmer. Er hatte wie ein bockiges Kind gehandelt. So schwer ihm dieser Gedanke auch fiel, aber er hatte Magnus verletzen wollen, weil er sich selbst verletzt gefühlt hatte. Dabei hätte er mit ihm reden sollen, anstatt so eine schwerwiegende Entscheidung zu treffen. Er biss die Zähne zusammen und schüttelte den Kopf, um die Gedanken loszuwerden. Die Erinnerung und die Konsequenzen seiner Tat schmerzten einfach zu sehr und er musste sich diesem Schmerz bald noch einmal stellen. Doch für den Moment wollte er einfach nur kurz entspannen.

Nachdem er fertig war mit duschen, wickelte er sich ein Handtuch um die Hüfte und lief aus dem Bad. In seinem Zimmer suchte er sich neue Sachen aus dem Schrank. Unter anderem eine dunkle Jeans, ein schwarzes T-Shirt und eine Jacke seiner Schattenjägerkluft. Als Alec angezogen war, schweifte sein Blick zum Fenster. Es war bereits dunkel draußen und der Himmel erinnerte ihn an die Nacht, in der es in Strömen geregnet hatte und er Magnus wieder begegnet war. An diesem Tag hätte er nie gedacht, dass sein Wunsch nach seinen Erinnerungen so schnell in Erfüllung gehen würde, auch wenn sie schmerzhafter waren, als er gedacht hatte. Dennoch war er froh, dass er nun wusste, was mit ihm los war. Es war unerträglich, wenn man wusste, dass es da eine große Lücke in den eigenen Erinnerungen gab und man unbedingt wissen wollte, was da fehlte. Erneut schüttelte er den Kopf. Er hatte jetzt keine Zeit für solche Gedanken. Nervosität und ein Anflug von Angst machten sich in ihm breit, wenn er daran dachte, dass er nun zu dem Hexenmeister gehen würde. Er wusste zwar, dass dieser noch immer Gefühle für ihn hatte, doch konnte er ihm auch verzeihen, was er getan hatte? Er hoffte es inständig, auch wenn die Angst, dass sein Wunsch wie eine Seifenblase zerplatzen könnte, ihm das Herz zusammenschnürte. Er musste positiv bleiben und es einfach versuchen. Mit diesem Gedanken zog er seine Jacke über und machte sich auf den Weg zu Magnus.

Unruhig tigerte Magnus in seinem Loft auf und ab. Er wollte unbedingt wissen, ob Alec's Erinnerungen zurückgekehrt waren oder ob er mit seinem Verdacht, was die verblasste Rune betraf, falsch lag. Er hoffte es nicht, denn als er sie gesehen hatte und ihm der Gedanke kam, dass die Blockade an dieser Rune lag, hatte sich Hoffnung in ihm breit gemacht. Obwohl er sonst äußerst geduldig war, würde er im Moment am liebsten wieder ins Institut gehen. Doch er ermahnte sich, es nicht zu tun. Alec sollte zu ihm kommen, denn wenn er es trotz ihres Gesprächs am Vormittag tat, wusste er eventuell alles wieder, das er vergessen hatte. Magnus blieb an dem Fenster stehen, an dem er bereits zwei Tage zuvor gestanden hatte, um den Schattenjäger zu beobachten. Es war noch gar nicht so lange her und doch fühlte es sich durch die Ereignisse seitdem schon wie eine halbe Ewigkeit an. Bis zu dieser Nacht hätte er es nicht für möglich gehalten, Alec überhaupt wiederzusehen, denn er hatte sich von jedem Schattenjäger ferngehalten und einen großen Bogen um das Institut gemacht. Anfangs hatte er Alec dafür verfluchte, dass er wieder bei ihm aufgetaucht war. Vor allem nachdem ihm klar geworden war, dass er ihn nicht erkannt hatte. Doch inzwischen war er froh darüber, denn im Moment sah es so aus, als hätten sie vielleicht doch noch eine Chance. Sein Herz schlug in einem schnelleren Rhythmus, als er daran dachte und einige Schmetterlinge erwachten in seinem Bauch zum Leben. Magnus schüttelte den Kopf. Er durfte sich nicht zu viele Hoffnungen machen, denn wenn sie zerstört wurden, würde es ihm erneut das Herz brechen.

Eine dunkle Gestalt auf der Straße zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Als er genauer hinsah, bemerkte er, dass es sich um den Schattenjäger handelte, der seine Gedanken beherrschte. Ein kleines Lächeln schlich sich auf seine Lippen, denn sein Wunsch auf eine glücklichere Zukunft nahm immer mehr Gestalt an. Als Alec fast vor dem Haus stand, löste er seinen Blick von ihm und wandte sich vom Fenster ab. Mit schnellen Schritten lief er zu seiner Tür und betätigte den Türöffner, sobald es geklingelt hatte. Er fragte nicht einmal, wer es war, denn das wusste er ja bereits. Nur ein paar Augenblicke später öffnete er die Tür und erblickte Alec, wie er die letzten Schritte bis zu ihm lief. Nur ein paar Zentimeter von ihm blieb er stehen. Er hätte nur die Hand heben und den Arm ein wenig ausstrecken müssen, um ihn berühren zu können. Doch er tat es nicht, um der Hoffnung in seinem Herzen nicht noch mehr Nahrung zu geben. Denn noch immer kämpfte sie in seinem Inneren mit der Angst, dass er wieder verletzt werden könnte.
"Hey Alec. Komm rein."
Sein Gegenüber fuhr sich nervös durch die leicht feuchten Haare und zögerte einen Moment, bevor er der Aufforderung nachkam. Gemeinsam liefen sie in den großen offenen Raum des Lofts und der Schattenjäger wandte sich nach einem kurzen Moment zu ihm.
"Ich wollte gerne mit dir reden..."
"Das habe ich mir schon gedacht."
Noch am Morgen hätte seine Stimme kalt und abweisend geklungen, doch nun war sie sanft. Und wie er bemerkte, verfehlte es seine Wirkung nicht. Ein kleines schüchternes Lächeln stahl sich auf Alec's Lippen und Magnus' Herz schlug bei diesem Anblick noch ein wenig schneller. Wie sehr hatte er dieses Lächeln vermisst? Das Lächeln, in das er sich vor einigen Jahren verliebt hatte. Ein schwaches Leuchten war ebenfalls in seine strahlend blauen Augen zurückgekehrt. Allgemein wirkte Alec wieder wie der Schattenjäger, den Magnus kennengelernt hatte. Es hatte ihm einen Stich ins Herz versetzt, ihn nach so langer Zeit so frustriert und von Sorgen und Zweifeln zerfressen zu sehen. Natürlich hatte er sich nichts anmerken lassen, denn in allererster Linie war er noch immer verletzt gewesen. Bis zu dem Zeitpunkt, in dem er Alec schwer verletzt in dem Krankenbett hatte liegen sehen.
So schnell, wie es gekommen war, verschwand Alec's Lächeln wieder und er blickte betrübt zu Boden.
"Es tut mir so leid."
"Das hast du heute Morgen bereits gesagt."
Alec hob seinen Blick wieder und schaute Magnus direkt in die Augen. Dieser wusste nicht ganz, was er darin entdeckte. Nach einem kurzen Moment wusste er, dass es Angst und Nervosität waren.
"Ich weiß... Aber jetzt weiß ich wieder alles."
Im ersten Augenblick war Magnus ein wenig überrascht, doch dann nahm Freude diesen Platz ein. Er hatte nicht damit gerechnet, dass es so schnell gehen würde.
"Wirklich alles?"
Alec nickte nur und seine Freude wurde noch etwas größer. Doch er ließ es sich nicht anmerken, denn noch war der Schattenjäger ihm ein paar Erklärungen schuldig.
"Mit einer einfachen Entschuldigung ist es aber nicht getan."
Der Blick aus Alec's Augen tat ihm weh, doch er musste darauf bestehen. Sonst würden ihn die Fragen immer weiter quälen.
"Genau deswegen bin ich hier und wollte mit dir reden."
Er strich sich einige Strähnen zurück, die ihm ins Gesicht gefallen waren, doch es brachte nichts, denn kurz darauf hingen sie ihm wieder in den Augen. Magnus juckte es in den Fingern, ihm die widerspenstigen Haare zurückzustreichen, doch er riss sich zusammen.

Alec überlegte, wie er dem Hexenmeister erklären sollte, warum er sich damals gegen ihn entschieden hatte. Er wusste nicht so richtig, wo er anfangen sollte, doch als er gerade die Stille durchbrechen wollte, die sich über sie gelegt hatte, hob Magnus einen Finger kurz vor seine Lippen und bedeutete ihm damit, noch zu warten.
"Bevor du zu einer Erklärung ansetzt, wüsste ich gerne, warum du dich allein mit zwanzig Dämonen angelegt hast?"
Ein wenig erstaunt weiteten sich Alec's Augen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Magnus ihn danach fragen würde. Aber wieso wunderte es ihn eigentlich? Chelsea hatte es ihm sicherlich erzählt und, wenn er genau darüber nachdachte, war er sogar froh darüber, denn so hatte er etwas, womit er anfangen konnte.
"Nach unserem Gespräch heute Morgen war ich unglaublich wütend auf mich. Ich konnte nicht begreifen, wie ich damals so eine Entscheidung hatte treffen können. Als dann die Meldung kam, dass jemand ein Dämonennest entdeckt hatte, habe ich nicht überlegt und wollte dorthin. Ich wollte meine Wut an irgendwas oder irgendjemand auslassen und da kamen mir ein paar Dämonen gerade recht. Ich bin alleine gegangen, weil ich nicht wollte, dass mir dabei jemand im Weg steht."
Nach diesem Geständnis schaute er Magnus an und er entdeckte Erleichterung, aber auch Unverständnis in dessen Blick.
"Ein paar Dämonen ist bei der Anzahl ein wenig untertrieben. Das wäre eine Selbstmordmission geworden, wenn dir niemand gefolgt wäre. Ist dir das klar?"
Schuldbewusst löste er seinen Blick wieder von dem Hexenmeister. Die tiefe Sorge um ihn war aus den Worten herauszuhören.
"Inzwischen weiß ich, dass es eine blöde Entscheidung war. Eine von vielen, die ich getroffen habe..."
Magnus sagte nichts dazu und das musste er auch gar nicht, denn es war eine unumstößliche Tatsache. Alec atmete einmal tief durch, bevor er fortfuhr.
"Verdammt Magnus... Ich war damals so dumm... Und zudem noch naiv und leichtgläubig."
Nach einem kurzen Moment, in dem er wartete, ob der Hexenmeister etwas sagte, sprudelten die Worte einfach aus ihm heraus, ohne, dass er großartig darüber nachdachte.
"Ich war mir damals so unsicher. Ich wusste nicht, ob das mit uns klappen könnte. Du ein Schattenwesen und ich ein Schattenjäger. Mal davon abgesehen, dass du unsterblich bist, im Gegensatz zu mir. Ich wusste absolut nicht, was ich tun sollte und kurz vor der Hochzeit kam Lydia zu mir und hat mir etwas über dich erzählt. Sie meinte, ich wäre lediglich ein Ersatz für dich, da du damals keine Chance bei einem gewissen Will Herondale hattest."
Er machte eine kurze Pause, um wieder zu Atem zu kommen und dabei sah er, wie sich Magnus' Augen leicht verengten. Doch er sagte nichts und schien zu warten, ob er noch etwas sagen würde.
"Ich habe ihr geglaubt, Magnus... Ich war so verwirrt und habe ihr einfach geglaubt, anstatt mit dir darüber zu reden... Seit ich es wieder weiß, frage ich mich, wieso ich mich so verhalten habe? Wieso ich mich so verletzt fühlte, dass ich dir ebenfalls weh tun wollte? Nach der Hochzeit wollte ich einfach nur noch alles vergessen und habe Clary um eine Rune gebeten, die mir dabei helfen sollte... Ich hätte mit dir reden sollen, aber ich habe ihr vertraut und sie hat es ausgenutzt..."

Diese Worte trafen Magnus mehr, als er gedacht hätte. Dabei ging es nicht einmal darum, dass Alec auf eine schäbige Lüge hereingefallen war, sondern um seine Reaktion danach. Und um die Tatsache, dass er ihn mit Absicht hatte verletzen wollen und dies auch geschafft hatte. Er presste die Zähne zusammen, um nichts Unüberlegtes zu sagen. So seltsam es auch klang, er war froh, dass Alec so offen war. Die Wahrheit tat mitunter nun mal weh, aber sie war ihm bei weitem lieber als eine Lüge, denn wenn man dann erfuhr, dass man angelogen wurde, schmerzte es nur noch mehr.
Er schaute Alec in die Augen und der Blick des Schattenjägers schnürte ihm die Brust zusammen. Er machte sich Vorwürfe und er war der Meinung, dass diese berechtigt waren. Viel schlimmer aber war die Verzweiflung, die er ebenfalls entdeckte. Es tat ihm weh, ihn so zu sehen. Nach einer gefühlten Ewigkeit, in der Alec immer unruhiger wurde, ergriff er das Wort.
"Alec... Vertrauen zu haben ist nichts falsches. Falsch sind nur die Leute, die es ausnutzen, um einem zu schaden. Aber du hast recht, du hättest zu mir kommen und mit mir reden sollen. Ich weiß, dass es bei uns nicht einfach geworden wäre, aber wenn man es nicht probiert, wird man nie erfahren, ob es klappen könnte."
Alec senkte seinen Blick und Magnus hatte den Eindruck, dass er über seine Worte nachdachte.
"Du hast recht und ich war feige, weil ich den leichten Weg gewählt habe. Ich wollte das Risiko nicht eingehen, vielleicht verletzt zu werden..."
Seine Stimme war zum Ende hin nicht mehr als ein Flüstern, doch Magnus verstand dennoch alles. Er wusste allerdings nicht so richtig, was er darauf antworten sollte. Das musste er aber auch nicht, denn Alec kam ihm zuvor.
"Inzwischen weiß ich, dass Lydia gelogen hat, aber ich würde dich trotzdem gerne etwas fragen."
Er presste die Lippen kurz zusammen und wartete darauf, wie Magnus reagieren würde. Dieser sah ihn aber nur offen und neugierig an, obwohl er sich denken konnte, was nun für eine Frage kommen würde.
"Was war mit diesem Will? Warst du in ihn verliebt?"
Ein kleines Lächeln umspielte Magnus' Lippen. Er fand es ein wenig amüsant, dass Alec ihn jetzt noch danach fragte, aber besser spät als nie.
"Nein, war ich nicht. Ich habe viele Schattenjäger gekannt und einige von ihnen lagen mir sehr am Herzen, aber vor dir habe ich noch keinen von ihnen geliebt."
Ein wenig erstaunt weiteten sich Alec's Augen.
"Ich bin also der Erste?"
Magnus musste schmunzeln und sein Lächeln vertiefte sich. Die Schmetterlinge, die bei Alec's Erklärung verschwunden waren, lebten wieder auf.
"Ach Alec, du bist in vielerlei Hinsicht der Erste für mich."
Das Lächeln auf Magnus' Lippen verschwand und er senkte den Blick ein wenig.
"Heute Morgen habe ich dir gesagt, dass mir vor dir noch nie jemand so sehr das Herz gebrochen hat, wie du..."
Er sah, wie der Schattenjäger schlucken musste, und echte Reue zeigte sich in dessen Blick. Deswegen fuhr er fort, ohne darauf zu warten, ob er etwas sagen wollte.
"Doch egal, wie sehr du mich auch verletzt hast und wie schwer die Jahre auch waren, ich habe dich immer geliebt und tue es auch immer noch. Mir hat noch nie jemand so viel bedeutet wie du."
Er hatte es ihm bereits am Morgen gesagt, doch auch diesmal verfehlten seine Worte ihre Wirkung nicht. Doch anders als so viele Stunden zuvor, kehrte das Leuchten in Alec's Augen zurück und Hoffnung flackerte darin auf.

Alec stand einfach nur da und wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Ihm hatte es schlichtweg die Sprache verschlagen. Natürlich hatte er gewusst, dass Magnus noch immer Gefühle für ihn hatte, doch dass sie so tief gingen, damit hatte er nach allem, was er getan hatte, einfach nicht gerechnet. Doch trotz des kleinen Schocks, begann sein Herz schneller zu schlagen und die Hoffnung in seinem Inneren überdeckte alle Zweifel und Vorwürfe. Gab es noch eine Chance für sie, obwohl er dem Hexenmeister so verletzt hatte? Bisher wusste er allerdings noch nicht, ob er ihm trotz seiner Gefühle verzeihen konnte. Bevor er ihn dies allerdings fragte, wollte er noch etwas anderes loswerden.
"Damals hatte ich Angst und wusste nicht, was ich tun sollte und was ich wirklich wollte. Ich habe versucht dich zu vergessen und eine Zeitlang klappte es auch. Doch mein Herz hat dich nicht verdrängen. Es konnte dich nicht vergessen und als ich wieder hier war, hat es mir klar gemacht, was ich wirklich will. Es hat immer dir gehört und es wird dir auch immer gehören."
So schwer ihm diese Worte auch gefallen waren, er war froh, sie ausgesprochen zu haben. Magnus sagte nichts dazu, aber auf seinen Lippen breitete sich ein Lächeln aus. Eine Spur Traurigkeit war darin enthalten, aber das war auch nicht weiter verwunderlich. Es würde lange dauern, bis die Wunden verheilt waren, die er dem Hexenmeister zugefügt hatte. Doch, dass er lächelte, machte ihm noch mehr Hoffnung darauf, dass er ihm vielleicht irgendwann verzeihen konnte. Er biss die Zähne zusammen und atmete tief durch, bevor er die Frage stellte, die ihm auf der Seele brannte.
"Kannst du mir irgendwann verzeihen, was ich getan habe?"
Seine Unsicherheit schwang in seiner Stimme mit, obwohl er es nicht gewollt hatte. Zu seiner Überraschung war diese aber völlig überflüssig.
"Das habe ich schon. Du hast mir gezeigt, dass du es wirklich bereust, und wenn man jemanden wirklich liebt, sollte man ihm auch verzeihen können."
Das Lächeln auf Magnus' Lippen war sanft und zeigte doch all die Gefühle, die er für ihn empfand. Alec konnte nicht anders, als das Lächeln zu erwidern, und ihm wurde klar, dass er alles dafür tun würde, um es immer wieder zu sehen.
"Meinst du, wir könnten es noch einmal miteinander versuchen?"
Überrascht über diese Frage riss Alec die Augen auf und starrte den Hexenmeister an. Hatte er das gerade wirklich gefragt oder hatte er sich verhört?
"Das heißt, du gibst mir noch eine Chance?"
Ein wenig amüsiert über Alec's überraschtes Gesicht, musste Magnus schmunzeln. Er hatte geahnt, dass der Schattenjäger damit nicht gerechnet hatte, aber er hatte genug davon, sich zu quälen. Alec stand vor ihm, bereute zutiefst, was er getan hatte und vor allem liebten sie sich noch immer. Was sollte also dagegen sprechen, noch einmal einen Versuch zu starten?
"Wenn du möchtest."
Ein Kloß bildete sich in Alec's Hals, als ihm klar wurde, dass es Magnus scheinbar wirklich ernst meinte. Nie im Leben hatte er damit gerechnet, dass er einmal diese Situation erleben durfte. Er bekam kein Wort heraus und konnte Magnus einfach nur verblüfft ansehen. Dieser wartete gespannt darauf, was er antworten würde. Doch da er nicht in der Lage war, den Kloß hinunter zu schlucken und etwas zu sagen, trat er näher an Magnus heran. Bevor dieser realisieren konnte, was gerade geschah, griff Alec nach dem Kragen von dessen Jacket und zog ihn noch näher zu sich. Für einen Moment zögerte er, doch dann legten sich seine Lippen sanft auf die von Magnus. Der Hexenmeister war für einen Moment völlig überrascht, doch er ließ es zu. Als sie sich kurz voneinander lösten, nutze Magnus die Chance, um etwas zu sagen.
"Das deute ich jetzt mal als ja."
Dann legte er eine Hand in Alec's Nacken und zog ihn wieder zu sich, um ihn erneut zu küssen.  

Can't forget you - A Malec FanficWo Geschichten leben. Entdecke jetzt