Kapitel 8 - ein Reh ... ein Kontra...

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Kapitel 8 - ein Reh … ein Kontra…

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Wie in Trance verließ Claudia das Haus. Sie konnte noch gar nicht so richtig fassen, was sie da an diesem Nachmittag erlebt hatte. Keine Vorstellung in ihrer Fantasie hätte ausgereicht um dieses wundervolle Erlebnis vorauszusehen. Sie hatte schon öfter Tagträume über ähnliche Situationen gehabt, aber die Realität übertraf doch alles.

Sie stieg in ihr Auto und atmete erst einmal gut durch. Sie würde eine Zeitlang brauchen, um das Geschehene zu verarbeiten. Sie startete den Motor, blickte in den Rückspiegel und fuhr auf die Straße. Das Navi leitete sie zielstrebig durch die dunklen Straßen. Dafür war sie dankbar, denn großartig auf den Weg konzentrieren konnte sie sich nicht. Vielmehr schweiften ihren Gedanken immer wieder zurück - und daß sie immer noch seinen Geruch wahrnahm, der von ihren Haaren ausströmte, verstärkte das alles noch. Einerseits war sie total happy - aber andererseits auch verunsichert. Wie würde es weitergehen? Würden sie sich wiedersehen? Hatte er überhaupt Interesse an einem Wiedersehen? Nun, sie hatte seine Handynummer - die gab er bestimmt nicht jedem. Wenn er ihr nicht vertrauen würde, hätte er die Nummer ja nicht raus gegeben... Und augenscheinlich war er auch daran interessiert, daß sie wohlbehalten nach Hause kam. Sonst hätte er ja nicht um eine Nachricht gebeten.

Sie beschloss, sich jetzt zu diesem Zeitpunkt noch nicht allzu viele Gedanken zu machen, und alles erst einmal auf sich zukommen zu lassen. Sie könnte jetzt hin und her überlegen - aber was würde das schon bringen?

Plötzlich sah sie im Scheinwerferlicht eine Gestalt auf der Straße, die sich nicht bewegte. Weil sie so sehr in ihren Gedanken vertieft gewesen war, hatte sie zu spät erkannt, daß dort ein Reh stand und vom hellen Fernlicht ihres Autos geblendet wurde und sich deswegen nicht von der Stelle rührte. Reflexartig zerrte sie am Steuer, um dem Tier auszuweichen, aber es reichte nicht mehr ganz. Sie erwischte das Reh an der Seite mit dem vorderen Kotflügel, kam von der Fahrbahn ab und knallte gegen die Leitplanke. Der Airbag löste aus im Moment des Aufpralls und schlug ihr ins Gesicht. Das war das Letzte, was sie bewusst wahrnahm.

Sie bemerkte nicht den Autofahrer hinter ihr, der anhielt, um nach ihr zu sehen. Er öffnete mit Gewalt die verklemmte Fahrertür und kontrollierte als erstes, ob sie noch lebte. Als er feststellte, daß sie wohl nur bewusstlos war, holte er sein Handy heraus und rief einen Krankenwagen. Nur wenige Minuten später konnten die Sanitäter sie aus dem Auto befreien und sie ins Städtische Krankenhaus bringen. Dort wurde sie - immer noch bewusstlos - untersucht, und die Ärzte stellten fest, daß sie nochmal Glück gehabt hatte. Sie hatte nur ein leichtes Schleudertrauma und einen Schock erlitten.

Nachdem sie einigermaßen stabilisiert worden war, kam sie in ein Stationszimmer und wurde an ein Überwachungsgerät angeschlossen, das ihren Puls kontrollieren sollte.

Einer der Pfleger - sein Name war Manuel - überprüfte ihre persönlichen Sachen, um herauszufinden, wen er über den Unfall benachrichtigen könnte, doch er fand nur eine Brieftasche mit Ausweis und Führerschein und das Handy. Ein Kollege sagte: "Schau mal nach Kosenamen im Adressbuch ... wenn du nix findest, dann nimm einfach die zuletzt gewählte Nummer. Kannst ja dann fragen, ob das jemand von der Familie ist."

Gut, genauso machte er es. Letztendlich blieb ihm keine Wahl. Er notierte sich die letzte gewählte Nummer, legte das Handy wieder zurück in die Tasche und ging rüber ins Schwesternzimmer, um von dort aus anzurufen.

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Basti lehnte sich in seinem Stuhl zurück. "Na Jungs - wie sieht’s aus? Sollen wir mal ne kurze Pause machen? Ich würde mir gerne was zu trinken holen, wenn ihr nix dagegen habt."

"Ja, da bin auch auch für", kam es von Mirko. "Ich glaub ich hol mir noch was zu Essen."

"Na, klar, bei dir geht’s doch immer ums Essen, wa?", lachte Basti und erhob sich von seinem Stuhl. In diesem Moment summte sein Telefon. ‘Ah, ne Nachricht von Claudi’, dachte er sich. Doch es war nicht einfach nur ein Nachrichtenton, sondern ein Anruf. Er nahm das Telefon und sah auf das Display. Hmm, die Nummer kannte er nicht, aber sie war hier aus der Stadt. Neugierig nahm er den Anruf entgegen: "Ja - Hallo?"

"Ja, guten Abend, mein Name ist Manuel, ich rufe an aus dem städtischen Krankenhaus. Sie sind bekannt oder verwandt mit Claudia Bianccino?" Basti war irritiert. Was war das? Krankenhaus? Was war da passiert? "Befreundet", sagte er mit unsicherer Stimme. "Wir sind befreundet. Sie war vor kurzem noch hier bei mir gewesen. Wieso? Ist was passiert??"

"Kein Grund zu großer Sorge. Sie hatte einen Unfall mit einem Reh - aber es ist nichts Schlimmes. Sie wird bald wieder okay sein. Ich wollte Sie nur informieren, damit Sie Bescheid wissen und sie eventuell besuchen kommen können. Vielleicht können Sie mir auch jemanden aus der Familie nennen, der noch informiert werden sollte?" Basti ließ sich wieder auf seinen Stuhl fallen. "Nein, tut mir leid. Da kann ich Ihnen nicht weiterhelfen. Aber ich mache mich sofort auf den Weg zu Ihnen."

"Ja, alles klar, vielen Dank." Und damit war das Gespräch beendet.

Bastian war geschockt und musste sich erst einmal sammeln. Die anderen, die ja nur mitbekommen haben, was er selber gesagt hatte, wollten natürlich wissen, was los war. Er fasste kurz zusammen und sagte dann: "Sorry, Leute, aber ich glaube, wir müssen weitere Aufnahmen erstmal verschieben. Ich muss da hinfahren." Natürlich hatten die Jungs größtes Verständnis für die Situation und so machte er sich sofort auf den Weg und fuhr mit dem Bus ins Hospital.

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Eine Wette in MinecraftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt