Kapitel 9 - Besuchszeit

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Kapitel 9 - Besuchszeit

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Der Pfleger Manuel legte die Akte von Claudia beiseite, als er von einer Stationsschwester gerufen wurde: "Hey, Manu - kommst du mal eben? Das Bett hier muss dringend runter in den OP!"

"Ja, komme sofort!" und mit diesen Worten ging er los, um seinen Auftrag auszuführen. Im Vorbeigehen bat er seine Kollegin Mirella, doch zwischenzeitlich mal nach Claudia zu sehen. Mirella räumte noch einige Papiere weg und ging dann hinüber ins Krankenzimmer, wo Claudia sogar zwischenzeitlich aufgewacht war. Sie konnte sich nur undeutlich erinnern, was passiert war und war schon auf der Suche nach dem Klingelknopf, als Mirella das Zimmer betrat. "Na - da ist ja schon jemand wach geworden" sagte sie freundlich. "Wie fühlen Sie sich, Frau Bianccino?"

Claudia war noch ziemlich benebelt und antwortete: "Keine Ahnung. Was ist passiert?"

"Nun, Sie hatten einen Zusammenstoß mit einem Reh auf der Landstraße und sind von der Fahrbahn abgekommen. Aber keine Sorge, Sie sind nicht schwer verletzt, nur ein wenig unter Schock. Das wird bald wieder", erklärte die Schwester lächelnd. Claudia atmete auf und lehnte sich wieder zurück in ihr Kissen. "Okay, alles klar."

"Soll ich vielleicht jemanden benachrichtigen für Sie von Ihrer Familie?"

"Ähm, ja, das wäre sehr nett, wenn Sie meinen Bruder anrufen könnten."

Die Schwester reichte ihr einen kleinen Zettel und Stift, worauf sie die Telefonnummer notierte und ihn dann wieder zurückgab.

"Gut, das mache ich sofort. Möchten sie vielleicht etwas trinken? Wasser oder Tee?"

"Ja, einen Tee könnte ich jetzt vertragen, vielen Dank."

"Bring ich Ihnen sofort."

Etwa 15 Minuten nachdem Schwester Mirella ihr Getränk gebracht hatte, klopfte es leise an der Tür und sie wurde vorsichtig geöffnet. Claudia wunderte sich, daß ihr Bruder schon so schnell hier war und schaute neugierig in seine Richtung. Völlig überrascht war sie jedoch, als sie erkannte, daß es Bastian war, der ins Zimmer trat. Sie war sprachlos. Er kam auf sie zu und sagte leise: "Naa, was machst denn du nur für Sachen, hm?" Dann trat er zu ihr ans Bett, beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie zärtlich. Unmittelbar fing das Überwachungsgerät neben ihr an, viel schneller zu piepen, weil sich ihr Puls so sehr beschleunigte. Er grinste sie an und meinte: "Du freust dich ja wirklich, mich wiederzusehen, wa?" Sie lächelte zurück und flüsterte: "Ich kanns nicht leugnen!"

In dem Moment kam Pfleger Manuel ins Zimmer, um nachzusehen, wieso das Gerät auf einmal verrückt spielte. "Ach wie süß ... jetzt weiß ich ja Bescheid." lachte er. "Na, dann kann ich Sie ja mal von den ganzen Kabeln befreien, wenn Sie jetzt wach sind. Und dann bekommen Sie noch eine neue Infusion, damit Sie bald wieder fit sind."

Bastian nahm sich einen Stuhl, stellte ihn neben das Bett und nahm darauf Platz, sodaß er dann mit dem Rücken zur Tür saß. Als Manuel seine Arbeit beendet und den Raum wieder verlassen hatte, fragte Claudia neugierig: "Sag mal - was MACHST du eigentlich hier? Die Schwester hat gesagt, daß sie Matthias, meinen Bruder anrufen will." Verständnislos sah sie ihn an.

“Tja, keine Ahnung - aber dieser Manuel hat vor 20 Minuten bei mir angerufen und mir gesagt, wo du bist und was passiert war. Also bin ich gleich hergekommen.”

Claudia lächelte glücklich. “Das ist aber lieb. Ich freu mich sehr, daß du da bist. Hätte ja gar nicht damit gerechnet, dich so schnell wieder zu sehen.”

Er grinste zurück. Ihm ging es wohl genauso. Immerhin war die Planung für diesen Abend ja eine Andere gewesen, als Krankenbesuche zu machen.

Kurz darauf klopfte es erneut an der Tür und Claudias Bruder betrat das Zimmer. Er ging auf das Bett zu, in dem seine Schwester lag, aber weil Basti mit dem Rücken zur Tür saß, konnte er ihn nicht gleich erkennen. Noch während der letzten Schritte zum Fußende des Bettes hin sprach er: “Na, so was, Schwesterherz … was schaffst du denn, daß du hier im Kranken- ...“ und mit einem Seitenblick auf Bastian verstummte er verwundert. Dieser grinste ihn freundlich an und meinte: “Hi! Wie geht´s so?” Matthias bekam keinen zusammenhängenden Satz zusammen. “Ähh, wie jetzt … was? … wieso? … wie kommst DU denn hierher, Mensch?” Er war so perplex - Claudia musste lachen und hielt sich sogleich den Kopf, weil es so schmerzte, wenn sie lachte.

“Schön, dich kennenzulernen, Matthias - ich bin Basti” und mit diesen Worten hielt er ihm seine Hand zum Gruß entgegen. Matthias nahm sie entgegen und erwiderte: “Ist mir ebenfalls ein Vergnügen … Mensch, das ist ja n Ding … Aber wie kommt es, daß du hier bei meiner Schwester am Bett steht? Woher kennt ihr euch denn?”

“Weißt du, das ist schon eine außergewöhnliche Geschichte. Ich finde, das sollte dir deine Schwester mal schön selber erklären. Ich muss mich jetzt sowieso wieder auf den Weg machen und daheim noch´n paar Sachen aufnehmen. Wollte hier ja nur mal kurz nach dem Rechten sehen, ne?” und damit stand er von seinem Stuhl auf.

Claudia bedauerte es sehr, daß er schon wieder aufbrechen musste, aber hatte auch Verständnis, weil er doch die anderen so abrupt wegen ihr hatte verlassen müssen. Sie streckte ihren rechten Arm nach ihm aus und bat damit um eine letzte Berührung. Sogleich nahm er ihre Hand, beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie leicht auf den Handrücken. “Werd´ schnell wieder fit, hörst du?”

“Ich geb mir Mühe” hauchte sie verzückt und dann richtete er sich wieder auf, winkte nochmal Matthias zum Abschied und verließ das Zimmer.

Ihr Bruder war immer noch total perplex darüber, daß ein bekannter Youtuber bei seiner kleinen Schwester im Krankenzimmer gewesen war. “Nun erzähl’ aber doch mal … was ist denn genau passiert? Und wieso war der Knasti eben hier??”

Claudi unterdrückte ein herzhaftes Lachen, weil sie sich noch erinnerte, wie schmerzhaft es beim letzten Mal gewesen war und begann, ihm zu berichten, was sich alles zugetragen hatte. Wie sie die Idee mit der Wette gehabt hatte, daß das Ganze tatsächlich stattgefunden hatte und letztendlich ein paar Details von dem Unfall, an die sie sich so langsam wieder erinnerte.

“Und wo ist dein Auto?” fragte Matthias nach.

“Oh - daran hab ich ja noch gar nicht gedacht. Ich hab keine Ahnung, ehrlich gesagt.”

“Kein Problem”, sagte er. “Ich werde mich drum kümmern und herausfinden, was damit passiert ist. Wahrscheinlich ist es ein Totalschaden - du warst immerhin ziemlich schnell unterwegs, schätze ich mal - auf der Landstraße?”

“Ja, wahrscheinlich. Danke, daß du dich der Sache annimmst.”

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Eine Wette in MinecraftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt