Seine Eltern schienen ihn zu hassen oder bestrafen zu wollen, denn wie sonst hätten sie darauf kommen können, ihm diesen Namen zu geben? Doch nicht nur die Namensgebung seiner Eltern machten ihm zu schaffen, die Gene taten das Übrige. Für sein Alter war er viel zu klein, die Stimme, trotz des Stimmbruchs, kein Stück männlicher. Von seinem Aussehen erst gar nicht anzufangen. Seine schmale Statur versuchte er mit schlabbrigen Oberteilen oder Pullover, sowie zu groß geschnittenen Hosen zu überdecken. Doch gegen sein Gesicht konnte er nicht viel machen. Die Wangenknochen waren zu sanft geschnitten, zu rundlich, die Lippen viel zu weich und voll, sein Gesicht hatte ein makellosen Teint ohne Unreinheiten oder Pickel und seine großen braunen Rehaugen hätten jeden Kerl um den Verstand gebracht - wäre er ein Mädchen.
Er musste verflucht sein, Dominique Garcia wusste es sich nicht anders zu erklären. Wäre er wohl als Mädchen auf die Welt gekommen, dann hätte er bestimmt ein wesentlich besseres Leben gehabt. Der 17-jährige Junge war ein Außenseiter, nicht nur sein Aussehen erschwerte es dem Teenager, Anschluss zu finden. Sein Charakter erledigte den Rest. Er war schüchtern und zurückhaltend, zog ein gutes Buch, Sport oder Computerspiele vor. So gab er sich in den Pausen den Träumereien seines Buches hin und versuchte krampfhaft die Beleidigungen an sich abprallen zu lassen, denn selbst die Mädchen wollten nicht mehr als nötig mit dem stillen Jungen zu tun haben. Dafür hatte Jules Bonnet gesorgt. Der braunhaarige Schönling hatte ihn, Dominique, auf Platz eins seiner Blacklist gesetzt, seitdem der schüchterne 17-jährige letztes Jahr sein Wasser auf das Oberteil des Schulschwarms gekippt hatte. Das war der Moment, ab dem Jules beschloss, Dominique das Leben zur Hölle zu machen.
Doch einen Strohhalm hatte der Außenseiter, an den er sich immer wieder klammern konnte. Ironischerweise, hatte er auch das Jules Bonnet zu verdanken, 'Weibische Hackfresse' hatte er ihn genannt. Der Junge konnte sich daran erinnern, als wäre es gestern gewesen. Um sich selbst zu beweisen, dass er als Mädchen keine 'Hackfresse' hatte, stibitzte er sich einige Kosmetikutensilien seiner Mutter und wollte sich davon überzeugen. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Immer öfter versuchte er sich mit den Artikeln, die seine Mutter besaß, neu zu erfinden. Bis Dominique beschloss einen Schritt weiter zu gehen. So entstand Garcia, ein wunderschönes Mädchen, dem die Jungen und auch Mädchen staunend hinterher schauten. Das Einzige, was ihn die Grausamkeit der Schulzeit überleben ließ, war dieses zweite Leben, in welches er flüchten konnte.
Und jetzt brauchte er es mehr als sonst, denn Jules hatte heute seine bestehenden Grausamkeiten mühelos getoppt. Vor Schulbeginn hatte der Schönling 'Homo-Schwuchtel' auf Dominiques Tisch geritzt. Kaum hatte der Lehrer das gesehen, bekam der ruhige Schüler Strafarbeiten, durfte Nachsitzen und wurde zu einem Gespräch zum Direktor verwiesen. Warum war die Welt nur so schrecklich ungerecht? Kaum war er daheim angekommen, schmiss er achtlos seine Schulsachen ins Eck. Er brauchte frisch Luft, Luft zum Atmen. Der Junge suchte sich das schönste seiner selbstgenähten Kleider aus, strich über die vielen Perücken, die er mittlerweile sein Eigen nenne durfte und entschied sich für eine weiße Perücke mit zwei hohen Zöpfen. Er liebte die dicken Korkenzieherlocken dieser Perücke, es war seine erste gewesen. Zufrieden mit der Auswahl fing er an sich zu schminken, bevor er sich anzog, die Perücke zurechtrückte und das Haus verließ.
Garcia spazierte die Straße entlang. Sein Ziel war die Eisdiele, dieser warme angenehme Tag war perfekt dafür geeignet, seine Probleme bei einem großen Eisbecher vergesse zu können. Doch das Schicksal war ihm heute nicht wohl gesinnt. Dominiqes Augen weiteten sich vor Schreck und er hielt die Luft an. Vor ihm stand Jules mit einem kleinen Mädchen an der Hand und seinen Freunden. Die Gruppe hatte ihn noch nicht bemerkt und liefen laut erzählend an Garcia vorbei. Doch dann rempelte Jules den verkleideten Jungen an. "Entschuldigung, Mademoselle. Das war keine Absich... ." Seine verführerisch flirtenden Augen wurden eiskalt und die Worte blieben ihm im Hals stecken, als er erkannte, wer da wirklich vor ihm stand. Die Augen vor Schreck weit aufgerissen fiel der schüchterne Junge in eine Schockstarre. Es war aus! Dominique wollte fliehen, davon rennen, doch seine Beine bewegten sich nicht.
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Ein Tag wie jeder andere?
FanfictionNun war es passiert. Der trotteligen Tollpatschigkeit von Marinette war es zuzuschreiben , dass Adrien nun eines ihrer wohlgehüteten Geheimnisse kannte. Sie hatte ihm unabsichtlich ihre Liebe gestanden. Wie wird Adrien darauf reagieren? Was wird es...