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Es war nun zwei Monate her. Zwei Monate hatte ich nun ohne ihn verbracht. Zwei Monate, die mich belasteten.

Meine Zeit verbrachte ich mittlerweile zu 50% zu Hause und zu 50% in einer Bar in der Nähe. Ich hörte nach wie vor die Stimmen, die mit mir sprachen, und nach wie vor kam ich nicht mit der Sache mit Curry klar. Ja, ich ertränkte meine Sorgen in Alkohol. Ich wusste, dass das dumm war, aber in be- und angetrunkenem Zustand hörte ich die Stimmen nicht und konnte über die Sache lachen. Ich konnte dann über alles lachen, was passiert war, das war das einzig positive momentan. Alles machte mich komplett fertig, zugegeben, ich trauerte der Zeit mit Curry nach. Ich vermisste ihn wahnsinnig, ich wollte ihn wieder zurück haben, aber ich wusste, dass ich damit leben musste. Er war ein Lügner, ein dreckiger, mieser Lügner, der mich verraten und ausgenutzt hatte. Ich musste vergessen, was er getan hatte, was ich für ihn empfand und was wir für Erlebnisse teilten, ich musste vergessen, dass er existierte. Aber das war verflucht schwer.
Wie so oft, wenn ich mal zuhause war, saß ich da und starrte die Wand an. War ich nicht eben etwas trinken, sprich nüchtern, prasselten die Vorwürfe und die Stimmen auf mich ein, die Gedanken und Alpträume, die mich verfolgten. "Tobi..." - "Komm zu uns, Tobi..."
Mittlerweile wusste ich es zu ignorieren, aber das klappte nicht immer. Manchmal ließ es mich kalt, und manchmal entwickelte sich tatsächlich der Gedanke, einfach zu tun, was Erik mir sagte. Zu ihnen gehen. Sterben. Und manchmal war ich auch schon kurz davor. Denn ich fing ohnehin nichts mit meiner Zeit an, was auch: Ich hatte keine Arbeit und keine Freunde mehr, ich saß den ganzen Tag nur da und tat garnichts. Außer, ich versteckte mich vor meiner Organisation, die mittlerweile hinter mir her war, weil ich sie verraten hatte. Ich hatte darüber nachgedacht mich ihnen auszuliefern, aber ich glaube, das wäre irgendwie schwach gewesen. Dementsprechend haute ich einfach ab, so lange ich konnte.

Ich bestellte mir noch einen Vodka und ließ meinen Blick durch die Bar streifen. Es waren nie sonderlich viele Menschen hier, schon garnicht vor 10 Uhr abends, trotzdem hatte ich das Gefühl, heute wäre etwas anders. Aber ich wusste nicht, was das war. Ich hörte das Geräusch von Glas auf Holz, und als ich wieder auf die Mahagoniholzplatte der Bar vor mir sah, wurde mir mein Glas wieder hingeschoben. Ich trank den Vodka auf Ex aus, auch wenn es super eklig war, und knallte das Glas unsanft auf die Platte zurück.
"Du bist oft hier, woran liegt das eigentlich?" Ich war mir unsicher, warum den Barkeeper das interessierte, aber scheinbar brannte ihm die Frage so unter den Nägeln, dass er sich noch zu mir vor lehnte. Ich sah ihn an, nichts erwartend, und zu meinem Erschrecken sah ich in bekannte Augen.
Dennis' Augen.
Aber es waren nur die Augen, die mich mit der gleichen erdrückenden, vorwurfsvollen Leere anstarrten wie damals, als er tot auf dem Waldboden lag, der Rest war vollkommen fremd. Er begann zu grinsen, als ich beim Versuch aufzustehen fast vom Hocker fiel, und während ich nach draußen stolperte hörte ich ihn lachen.
Ich rannte eine Weile ziellos irgendwo hin, ganz egal wo hin, hauptsache weg, dachte ich.

Kill or be killed / #currbiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt