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Orte zu finden, an denen sich nicht allzu viele oder am besten garkeine Menschen aufhielten war nie eine einfache Aufgabe gewesen, aber irgendwie schafften wir es immer wieder ohne Aufsehen zu erregen. So hatten wir schon zwei Wochen verbracht und waren mittlerweile in Ostdeutschland, ich schätze in der Nähe der Tschechischen Grenze. Sonderlich spektakulär war die Reise bis dato nicht, also nichts, worüber man erzählen könnte. Abgesehen davon, dass nie klar wurde, was zwischen Curry und mir eigentlich läuft. Wir beide haben logischerweise dieses antrainierte Vertrauensproblem, was uns jetzt allerdings in den Rücken fällt. Wir können beide nicht 100%ig sicher sein, ob das was der andere sagt nicht doch gelogen ist. Auch wenn wir uns glauben wollen, wir können es nicht ganz. Aber wir versuchen unser bestes, ich zumindest. Auch wenn es der größte Fehler meines Lebens sein könnte, mich auf ihn einzulassen. Ich empfand etwas für diesen Mann. Ich konnte nicht genau definieren was, aber allein die Tatsache, dass er eines meiner verschollenen Gefühle in mir auslöste war Indiz genug, dass es eines der stärksten Gefühle sein musste, das es gab. Allerdings bedeutete das nicht, dass er mir nicht auch mal auf die Nerven gehen konnte. Wenn man sein Leben lang allein war ist plötzliche ständige Gesellschaft wahnsinnig gewöhnungsbedürftig. Wir stritten uns andauernd. Nie wirklich ernst, aber wir stritten uns, undzwar nicht selten. Immer ging es um irgendwelche albernen Kleinigkeiten, ich kann gleich garkeine Beispiele nennen. Das erste Mal, das es wirklich ernst schien, war kurz nach unserer Ankunft in einem weiteren verlassenen Gebäude, in dem ich gerade wieder den Essensvorrat inspizierte, als er plötzlich hinter mir auszurasten begann.
"Ist das dein Ernst Tobi?!"
Ich drehte mich zu ihm um.
"Jetzt beruhig dich doch mal ey, was hab ich denn schonwieder gemacht?!"
"Ne. Ne, sei leise."
"Hä? Was ist denn bei dir kaputt?!"
"Lass mich doch einfach in Ruhe man!"
"Könntest du mir mal erklären was zur Hölle mit dir los ist?!"
"Das weißt du doch!"
"Bitte wa- hä?! Wovon redest du denn alter?!"
"Du hörst mir nie zu!"
"Ich war gerade beschäftigt man, sorry das ich nicht immer zuhören kann! Was hast du denn gesagt?"
"Is jetzt auch egal."
"Sag mal willst du mich verarschen Curry?! Jetzt sag mir verfickt nochmal was los ist verdammt!"
"Ne, Tobi, ne."
"Ey du gehst mir richtig auf die Nerven gerade echt."
"Ja toll Tobi, dann kann ich auch gehen."
Tatsächlich drehte er sich um und setzte zum Gehen in Richtung Tür an.
"W-warte mal, so hab ich das jetzt nicht gemeint.."
"Ich aber, scheinbar brauchst du mich ja hier nicht!"
"Was? Natürlich brauche ich dich! Du- bleib doch mal stehen, ich rede mit dir!"
Ich ging auf ihn zu und hielt ihn fest, um ihn dann ernst anzusehen. "Ich brauche dich Curry. Du glaubst nicht wieviel mir das abverlangt. Das mit dem Vertrauen - du weißt selbst genau, wie verdammt schwer das ist, aber ich versuche es, wirklich, weil du mir... wichtig bist, und ich das hier möchte. Das letzte was ich könnte wäre das hier allein. Gut, allein wäre das auch nicht nötig, aber du weißt wie ich das meine. Ich liebe dich Curry. Und das ist absolut nicht gelogen. Soetwas könnte ich garnicht imitieren."
Er musterte mich eingehend, sagte aber nichts. "Willst du jetzt auf Ewig schweigen?" Immernoch keine Antwort. Meine rechte Hand lag bereits auf seiner rechten Schulter, die linke kam jetzt auf seine linke, ich stellte mich auf Zehenspitzen und näherte mich seinem Gesicht immer weiter, bis ich ihn letztendlich küsste. Unsere Lippen bewegten sich gegeneinander als hätten wir nie etwas anderes getan, ich hatte das Gefühl es wurde immer intensiver, spätestens als er seine Hände an meine Hüften legte. Die Abstände wurden kürzer, die Küsse weniger zärtlich als fordernder und wilder und ich konnte mich nicht entscheiden wohin ich jetzt mit meinen Händen sollte, letztendlich lagen sie auf seiner Brust und er drückte mich ein wenig gegen die Wand hinter uns, während er etwas mit der Hand unter mein Shirt fuhr. Er ließ den Kopf etwas sinken, sodass ich nun seinen warmen Atem und seine Küsse gegen meinen Hals spürte. Auch wenn ich zugegebenermaßen wirklich Angst hatte ließ ich ihn. Ich hatte sowas nie gemacht, wie und wann auch. Aber ich vertraute ihm, zumindest mehr als ich anderen vertrauen würde, deshalb wehrte ich mich nicht.

Mein Atem ging stoßweise, mir war wahnsinnig warm, aber ich war auch.. glücklich. Irgendwie. Ich ließ mich tiefer in die Matratze sinken und sah etwas zu Curry herüber, der sich schwer atmend auf den Rücken hatte fallen lassen. "Das äh- hast du das jemals vorher gemacht?", fragte ich, wobei ich mir beinahe etwas dumm vorkam. "Nicht so", sagte er und lachte etwas, sah mich dann an und grinste. "Du nicht?" Ich schüttelte zaghaft den Kopf und wandte meinen Blick wieder der Decke zu, nur um kurz danach die Augen zu schließen. "J-jetzt bin ich müde", keuchte ich und konnte langsam wieder normal atmen, meine Worte verloren zum Ende hin an Lautstärke und ich hauchte sie eher, weil ich wirklich totmüde war und sofort hätte einschlafen können. "Dann schlaf ein bisschen Tobi", meinte er und kurz darauf spürte ich seine Lippen sanft auf meinen, allerdings nicht sonderlich lang, dann stand er auf. "Was machst du?", fragte ich schon halb schlafend. "Für was zu Essen sorgen. Schlaf ruhig ein paar Stunden, ich komm klar." Mehr als ein zustimmendes Brummen konnte ich nicht von mir geben, da war ich schon eingeschlafen.

Kill or be killed / #currbiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt