Kapitel 9

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"Bitte tu es nie wieder" sagte er leise und setzte sich zu mir.
Mein Atem stockte kurz, ich hatte nicht erwartet, dass er das ansprechen würde.
"Ich will es nie wieder tun" erwiderte ich jedoch fest und entschlossen.
"Aber was ist passiert...wieso- ich- was war der Auslöser?" wollte er wissen.
Ich konnte ihn in der Dunkelheit nicht so gut erkennen, aber in seiner Stimme hörte ich, dass es auch ihm ziemlich zu schaffen machte "Habe ich etwa irgendw-" "Nein! Harry, denk gar nicht erst daran!" schrie ich schnell, als ich merkte worauf er hinaus wollte "dich trifft gar keine Schuld, es- es waren ...Erinnerungen" murmelte ich und ich spürte wie mir Tränen aufsteigen.
"Erinnerungen?"
"Ich- ich kann mich noch an den Tag erinnern, als meine Eltern gestorben sind. An jede Sekunde davon..." wimmerte ich und versuchte die Tränen zu unterdrücken.
"Hast du jemals mit jemanden darüber gesprochen?" fragte Harry einfühlsam und legte eine Hand auf mein Knie.
Ich schüttelte den Kopf "Nein... Aber in der Nacht, vor drei Tagen da- ich habe davon geträumt. Alles was damals passiert ist, habe ich wieder erlebt. All die Gefühle, die Ängste... Und dann auch noch alles was ich im Heim gefühlt habe, wie verzweifelt ich gewesen bin, ich- im Traum da- da saß ich auf meinem Bett in meinem Zimmer, es war der Tag, an dem du mich abgeholt hast.
Ich saß jede Sekunde auf meinem Bett und habe die Uhr angestarrt und dabei zu gesehen wie es immer später wurde.
Und als der Zeiger 12 schlug, kam alles über mich wie eine Welle" ich schluchzte auf und die Tränen flossen meine Wangen runter "in diesem Traum bist du nicht gekommen um mich zu holen. Ich war verzweifelt, ich habe aufgegeben, ich- ich bin ins Badezimmer gegangen und habe mir meine Klinge genommen und mir meine Arme längs aufgeschnitten- ich- ich habe mich in diesem Traum selber umgebracht" ich kniff meine Augen zusammen, versuchte alles um diese verdammten Tränen zu unterdrücken, aber nichts klappte, stattdessen schluchzte ich weiter "dann bin ich aufgewacht. All diese...Gefühle, die Wut, Angst, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit waren noch da und ich weiß auch nicht... Mein Körper hat sich wie von alleine bewegt, ich handelte ohne zu denken und dann bist du reingeplatzt"
Harry rutschte schnell zu mir und nahm mich in seine Arme.
Ich heulte mich an seiner Brust aus.
"Ich bin aber gekommen, Alice. Ich habe dich da raus geholt, meine Kleine. Jetzt bist du hier, bei mir und daran wird sich nichts ändern, ok?" sagte er sanft und strich mir mit dem Daumen über meine Schulter.
Ich nickte.
"Vielleicht fühlst du dich jetzt nicht in der Lage dazu, aber möchtest du mir nicht erzählen, was am Tag des Todes deiner Eltern passiert ist? Oft hilft es wirklich sehr, mit jemandem darüber zu reden. Möglicherweise hilft es auch dir?" Fragte Harry vorsichtig und sah mich an.
Ich schniefte und wischte mir die Tränen von der Wange. Ich atmete tief durch, um mich zu beruhigen und fing an zu erzählen.
Ich erzählte Harry alles, an das ich mich noch erinnern konnte, und was mich so fertig machte.
Natürlich, fing ich wieder an zu schluchzen, aber ich hörte nicht auf, bis ich alles gesagt hatte.
Harry hörte aufmerksam zu und unterbrach mich kein einziges mal.

Und als ich fertig war, fiel mir eine riesige Last von den Schultern.
Meine Tränen versiegten und ich fühlte mich um Tonnen erleichtert.
Harry hatte recht, ich fühlte mich etwas besser.
"Es ist schrecklich, was du erleben musstest" murmelte er und strich mir über den Kopf "Ich kann mir nicht vorstellen, wie das für dich gewesen sein muss..."

Ich lehnte mich erschöpft an ihn und schloss meine Augen.
"Geht es wieder?" fragte er.
Ich nickte "Ja, danke Harry..."
Ich spürte wie Harry uns etwas verrutschte und uns dann aufs Bett legte.
Schlaftrunken merkte ich auch gar nicht mehr, wie er uns zu deckte und mich eng an sich drückte. Das Weinen und Reden hat mich müder gemacht, als ich sowieso schon war.
Ich ließ mich fallen und meine Muskeln entspannten sich wieder.
Nur nebenbei hörte ich ihn "Ich hab dich lieb, meine Kleine"
"Ich hab dich auch lieb, Dad" erwiderte ich völlig abwesend und habe gar nicht gemerkt, wie ich ihn genannt hatte, bevor ich ins Land der Träume tauchte.
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Ich wachte auf, als mir die Sonnenstrahlen direkt in mein Gesicht scheinen.
Ich drehte mich murrend um und kuschelte mich wieder in meine Decke. Moment... die Sonne strahlt und ich bin noch nicht...-
Ich schreckte auf und richtete mein Blick auf meinen Wecker.
10.34 Uhr?!
Was!? Wieso hat er nicht geklingelt!? Wo ist Harry? Wieso hat er mich nicht geweckt? Oder ist er zur Arbeit gefahren?
Ich stand schnell auf und sprintete ins Badezimmer.
Ich machte mich dort schnell fertig, bevor ich mich auch umzog.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 25, 2017 ⏰

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