Als wir den Club betraten, trafen uns die Musik, der Rauch und die Farben wie ein Faustschlag - naja, zumindest Mandy sah danach aus. Ich war es gewöhnt von diesen teilweise echt krass gekleideten Leuten umringt zu werden.
"Wow, das ist mal cool hier.", staunte sie.
"Ja, hab ich doch gesagt."
Es entstand eine kurze Pause, während wir uns in der Menge umsahen.
Ich hielt Ausschau nach vertrauten Gesichtern, wurde jedoch leider in dem Gewusel aus tanzenden und quatschendes Menschen nicht fündig.
"Wollen wir uns was zu trinken holen?", fragte mich meine Freundin.
"Aber klar doch."Wir erreichten gemeinsam die Bar und ließ und auf zwei freie Hocker fallen. Ah endlich ein bekanntes Gesicht!, dachte ich. Björn, der Barkeeper und ein Kumpel von mir, kam auf uns zu.
Ein breites Grinsen breitete sich in seinem Gesicht aus, als er mich erkannte.
"Thomas, mein Freund! Lange nicht gesehen! Was verschlägt dich denn nach so langer Zeit wieder hierher, dachte schon, du hättest mich vergessen!", plapperte er - ständige Frohnatur wie er war - fröhlich drauf los.
"Na, Big B. Hatte viel um die Ohren in letzter Zeit. Job und Karriere und so. Ich würde dich doch nie vergessen! Das geht gar nicht.", meinte ich und schlug bei ihm ein.
"Jaja, unser Tommy wird erwachsen. Aber schön, dass es heute geklappt hat!" Ich rollte mit den Augen und lachte, er stimmte mit ein."Und wer ist diese Schönheit hier?", fragte Björn mit einem prüfenden Blick auf Mandy. Ich glaubte, etwas wie Bewunderung in seinen Augen aufblitzen zu sehen.
"Das ist meine gute Freundin Mandy.", erklärte ich, weil sie, ganz untypisch für ihr überschwängliches Wesen, kein Wort heraus brachte.
"Freut mich, dich kennenzulernen, Mandy. Ich bin Björn, auch als Big B bekannt.", er reichte ihr eine Hand über den Tresen hinweg. Etwas zögerlich ergriff sie diese und schüttelte sie. Er lächelte sie mit einem verschmitzten Grinsen an. Erst als sie sich losließen erwachte meine Freundin aus ihrer Starre und erwiderte: "Freut mich auch.""So ihr beiden Hübschen, was wollt ihr denn trinken?"
"Ich nehme einen Tequila.", meinte ich.
"Für mich einen Martini bitte.", sagte Mandy viel leiser als normalerweise.
Da war eindeutig jemand sehr begeistert von Björn. Ich konnte es ihr keineswegs verübeln. Er war gut gebaut, über 1,90 Meter groß und hatte markante Gesichtszüge, die rehbraune Augen und volle Lippen ausmachten. Sein Bart war etwas länger, dafür waren seine Haare zu einem kurzen bus cut rasiert. Tattoos zierten seine muskulösen Arme und an Augenbraue und Lippe glänzten uns Piercings entgegen."Hier ihr Süßen.", er reichte uns unsere Drinks. "Bin gleich wieder bei euch, muss noch andere Gäste bedienen." Er zwinkerte und wandte sich wieder ab.
Wie er außer Hörweite war, neigte sich Mandy zu mir und flüsterte - sie sprach ganz normal, nur über die laute Musik klang es wie ein Flüstern: "Bitte sag mir, dass er hetero ist!"
Ich sah sie an und setze eine ernste Miene auf: "Da muss ich dich leider enttäuschen, M..."
Sie schob ihre Unterlippe etwas vor und schaute seufzend auf ihr Glas.
Ich grinste in mich hinein, als ich mich nach einem Schluck aus meinem Glas zu ihr beugte und meinen Satz unerwartet vollendete: "Big B ist nämlich bi."
Ihr Blick schnellte zu mir zurück und sie schubste mich. Lachend hielt ich mich fest, ihr Gesicht war zu köstlich, als sie mir ein "Idiot" entgegen zischte.Eine Stunde, zwei weitere Tequila und einen Sex on the Beach später, saß ich noch immer an der Bar. Mandy unterhielt sich angeregt mit Björn und hing ihn regelrecht an den Lippen.
'Wenn da heute nichts läuft, esse ich meinen Schuh.', dachte ich.
Gelangweilt und frustriert, dass ich mich heute Abend mit noch niemand interessanten unterhalten hatte und nun nur dumm neben zwei Turteltauben rumsitzen musste, leerte ich mein Glas.Der Situation überdrüssig geworden, sprang ich vom Barhocker. Die Welt drehte sich kurz, doch ich hatte mich im Griff. Mandy und Björn bemerkten mein verschwinden gar nicht, doch bis zwei Uhr würde meine Freundin noch genau an dieser Stelle sitzen bleiben, da ihr Schatzi so lange arbeiten musste.
Ich zupfte meine Klamotten zurecht und richtete meine Haare. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen sah ich kurz den tanzenden zu und stürzte mich dann mitten ins Getümmel.
Ich tanzte ausgelassen werden und traf sogar jemand bekannten dabei. Ein alter Bekannter, Shawn, umarmte mich und wir unterhielten uns eine Weile über die Zeit, in der wir uns nicht mehr gesehen hatten. Shawn studierte noch Geologie und war eine ruhige Persönlichkeit. Er erzählte mir von seinem neuen Freund und wie wunderbar und fürsorglich dieser doch war.
Das Gespräch weckte ein wenig Eifersucht in mir. Shawn war noch frei und brauchte sich nicht um Job und Karriere zu sorgen, dazu hatte er auch noch einen anscheinend total süßen Lover. Glückspilz. Bald schon kam auch sein Freund und holte ihn ab, er verabschiedete sich von mir und verließ den Club.Schon wieder alleingelassen holte ich mir noch einen Drink. Diesmal aber von Lisa, da diese mir wesentlich lieber war, als ein mit Mandy flirtender Björn. Lisa war die zweite Barkeeperin. Sie hatte lange Dreadlocks, so einige Piercings und trug immer weite Hosen mit Top unter ihrer Schürze.
"Na, was guckst du denn so bedröppelt?.", begann sie.
"Meine Begleitung flirtet lieber mit Big B, als sich mit mir zu amüsieren." Ich zog am Strohhalm des Drinks und schaute für einen Moment in ihre Richtung.
"Nicht nett...sag mal, wie läufst mit dem Job und so?"
"Echt klasse, bin auf einem guten Weg für eine Beförderung."
"Respekt, Kleiner." Kleiner, pah, nur weil sie 35 war.
"Wie sieht's in der Liebe aus?"
Ich überspielte das unangenehme Gefühl, das allein bei der Erwähnung gekommen war, indem ich zwei tiefe Schlucke nahm.
"Nichts in Aussicht.", antwortete ich knapp.
"Ach schade, naja, ich habe heute gegen halb drei Feierabend, also könnten wir danach noch was machen.", sie zwinkerte mir zu.
Ich winkte ab. Lisa spielte auf unsere kleinen Eskapaden an. Als ich sie mit achtzehn kennenlernte, war ich wie jeder junge Erwachsene auf Spaß und Abenteuer aus. Sie war älter und gutaussehend, dazu noch ziemlich aufdringlich. Und ich hatte gedacht, obwohl ich wusste, dass ich auf Männer stehe, warum nicht mal was mit einer Frau anfangen. Wir hatten ein paar Mal rumgemacht. Doch nachdem wir Sex gehabt hatten, stellte ich fest, dass die Beziehung nichts für mich war und wir beendeten das Ganze. Dieses Kapitel war also lange abgeschlossen.
"War nur ein Angebot. Aber trinken können wir trotzdem einen zusammen, darauf bestehe ich!"
"Ja, geht klar."
"Klasse. Geht auch aufs Haus!"
Und schon stellte sie mir einen Sauerkirsch - ihre Lieblingssorte - vor die Nase und wir stießen damit an."Thomas, mein Lieber, ich glaube du hast einen Verehrer.", meinte sie und nickte in Richtung der Tanzfläche. Verwundert drehte ich mich um.
Ich erstarrte und meine Augen wurden groß.
"Alles ok?", hörte ich Lisa fragen. Ich konnte nicht reagieren.
Wen ich da gerade sah, verschlug mir vollkommen die Sprache.
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The Tie // #wattys2017
RomanceThomas ist mit 21 schon ziemlich erfolgreich. Er hat einen guten Job und eine eigene Wohnung. Er kennt sich selbst genau. Make-up, sexy Klamotten und gutes Styling sind Standard. Sein Leben ist gut, nur die Einsamkeit plagt ihn. Er ist schwul, nur i...