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Er strich kurz über meinen Arm. "Wollen wir noch einen Film schauen oder willst du nach Hause?", fragte er. Ich schielte zum Wecker auf der dunklen Kommode neben seinem Bett. 20:34 Uhr. Ich überlegte und war kurz davor abzulehnen, doch das Funkeln in seinen Augen brachte mich zu einem kleinen Nicken.
"Du bleibst?", hakte er nach. Die freudige Erwartung in seiner Stimme war deutlich herauszuhören.
"Ja.", lächelte ich.
"Nice. Also...welchen Film?", fügte er hinzu.
"Ich weiß nicht..."
"Magst du Horrorfilme?"
Ich zuckte mit den Schultern. Eigentlich war ich kein Fan von Gruselstreifen, aber ich wollte auch nicht wie ein Weichei wirken, also stimmte ich zu, als er mir einen Film namens Insidious vorschlug.

Da in seinem Zimmer kein Fernseher stand und er den Film auf DVD hatte, setzten wir uns ins Wohnzimmer. Ich hoffte inständig, dass ich einer peinlichen Situation mit seinen Mitbewohnern weiterhin aus dem Weg gehen konnte.

Doch meine Hoffnung wurde zunichte gemacht, als wir im Wohnraum ankamen, denn am Tisch saßen seine Mitbewohner. Den Blonden der beiden kannte ich schon und sein plötzliches Grinsen zeigte mir, dass auch er mich erkannte. 'Na toll...'
Der Andere war brünett und blickte mich skeptisch durch braune Augen an. Er sah noch krasser aus als Janos. Die Augenbrauen, Lippe und Nase gepierct, große Tunnel in den Ohrläppchen und eine wild abstehende Igelfrisur, deren Spitzen blau schimmerten.
"Hey.", meldete sich der Blonde zu Wort.
"Na, Ben. Schmeckt euch die Pizza?"
"Sie hat geschmeckt, ja. Danke, dass ihr uns was mitgebracht habt!"
"Kein Ding."
Janos ging zum Tisch und stützte sich auf den freien Stuhl. Ich blieb unsicher in der Tür stehen.
"Wen hast du uns da mitgebracht?", fragte nun der Dunkelhaarige. Seine Stimme war höher und sein Tonfall freundlicher, als sein düsteres Äußeres vermuten ließ.
"Das ist Thomas."
"Hey, Thomas. Ich bin Kyle.", stellte er sich vor.
"Hey.", gab ich schüchtern zurück.
"Nicht so schüchtern, Kleiner!", meinte der Blonde, der sich danach als Ben vorstellte.
"Komm her.", lächelte Janos aufmunternd und winkte mich zu sich. Langsam setzte ich mich in Bewegung und ging zu ihm.
Er legte mir einen Arm um die Schultern, was mich beruhigte.

"Wir wollen Insidious schauen. Guckt ihr mit?", fragte er.
"Bin dabei!", sagte Ben. Auch Kyle nickte.
"Cool, dann...", er schien kurz zu überlegen, ehe er sich an mich wandte, "...setz' dich ruhig schonmal auf die Couch, Thomas. Ich besorge noch schnell Chips."
Ich nickte und ging nur allzu gern zum Sofa. Ich ließ mich nah an der Armlehne des dunklen Leders nieder. Um meine Nervosität zu überspielen, als mir Janos' Mitbewohner folgten und sich am anderen Ende des Möbelstückes niederließen, zog ich mein Telefon hervor und schrieb Mandy eine Nachricht.

"Hey, M! Das Date war/ist klasse! Ich muss dir morgen unbedingt davon erzählen. Janos ist so einfühlsam und...sexy. Schaue jetzt noch einen Film mit ihm und seinen Mitbewohnern."

Sie antwortete beinahe sofort.

"Aha aha. Hatte unser Tommy etwa Sex mit einem süßen Typen? Sind seine Mitbewohner auch heiß? :D"

"Du bist doof! Wir hatten keinen Sex! Und seine Freunde sind ok. Erzähle dir morgen mehr."

"Da bin ich aber gespannt ;) Viel Spaß noch!"

In diesem Moment kam auch schon Janos mit zwei Tüten Chips und einer DVD-Hülle in der Hand zurück. Er legte den Film ein, warf seinen Freunden eine der Tüten zu und setzte sich dann neben mich.

Der Film war ganz spannend, obwohl es mir etwas peinlich war, dass ich mich bei jeder Kleinigkeit erschrocken zusammen zuckte. Die anderen Drei unterhielten sich nebenbei und kommentierten das Geschehen auf dem Bildschirm. Als die Hexe - oder Medium, was auch immer - die gruselige Gestalt über dem Bett des kleinen Jungen sah, bekam ich eine Gänsehaut und krallte mich in den Stoff von Janos Pullover. Er lachte leise und legte einen Arm um mich. Nach einem kurzen Schielen zu den Anderen, deren Blick zu meiner Erleichterung nicht uns galt, lehnte ich mich an den Hellhaarigen und legte einen Arm über seinen Bauch. Für meine Geste bekam ich ein süßes Lächeln von ihm. In diesem Moment war ich mir ziemlich sicher, dass er absichtlich einen Horrorstreifen ausgesucht hatte, damit ich mich an ihn kuschele. Obwohl...er konnte ja nicht wissen, wie empfindlich ich war oder sah man mir an, dass ich ein Weichei war.

The Tie // #wattys2017Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt