Kapitel 5: „Tanz der Gefühle"

12 0 0
                                    

Paare wirbelten umher, prunkvolle Abendroben glitten durch den ebenso prächtigen Ballsaal und mittendrin saß Hans Vater auf seinem großen Thron. Seine Brüder hatten sich im Saal verteilt und mischten sich unter das adlige Volk. Alle seine Brüder, nein! Damon, der älteste der Brüder, für den der Ball abgehalten wurde, hatte sich in einer Ecke gegen eine Säule gelehnt. Er musterte das bunte und fröhliche Treiben nur widerwillig, denn er war schon immer nicht gerade begeistert davon gewesen, sich eines Tages eine Braut zu suchen. „Warum..."
„Ich verstehe dich, Damon, ich kann es auch nicht verstehen, warum Vater jetzt deinen Ball gibt; Mutter ist... vor nicht einer Woche von uns gegangen und da sollst du jetzt diese Entscheidung treffen? Er stellt sich das so leicht vor, das ist es jedoch nicht!"
„Hans...?" Damon blickte seinen jüngsten Bruder verwundert an, räusperte sich dann aber, „Das war schon lange so geplant gewesen und nur wegen dieser besonderen Umstände sagt man so etwas nicht ab; Das solltest du eigentlich wissen!" Der Blick seines Bruders schweifte im Saal umher. Hans stieß einen Seufzer aus und nickte nur. „Ich weiß doch, für mich ist es aber nun mal undenkbar, in dieser Zeit eine solche Entscheidung zu treffen! Ich würde nicht in deiner Haut stecken wollen...", gab der Braunhaarige zu. „Tja, daran sieht man, dass du noch viel zu lernen hast, bis du eines Tages König bist!", lachte Damon nun laut und klopfte seinem Bruder auf die Schulter. „Ich weiß...!", meinte Hans und senkte beschämt seinen Blick, da er die Röte, die seine Wangen befallen hatte, nicht zeigen wollte. Er wusste selbst, dass er noch unerfahren war, aber seine Mom wollte ihn auf dem Thron sehen und diesen Wunsch würde er ihr erfüllen; Egal, wie lange es auch dauern mag – Eines Tages würde er König sein. „Wenn ich denn überhaupt einmal König werden sollte? Immerhin bin ich der Jüngste von euch.", murmelte er und sah nun wieder zu seinem ältesten Bruder hinauf. Dieser wuschelte ihm aber nur nochmals durchs rotbraune Haar und lachte belustigt auf. „Keine Angst, das schaffst du schon irgendwie! Wenn nicht, heiratest du einfach in ein anderes Königshaus ein. Ich glaube, Arendelle ist noch relativ ‚verlobungsfrei''."
Arendelle? Noch nie davon gehört!"
„Ach, Bruderherz, weißt du denn nichts vom Krieg, der zurzeit zwischen den Königreichen Arendelle und Corona herrscht, der ist fast weltbekannt? Wenn du einheiraten würdest, könnte unser Königreich Arendelle helfen gegen Corona vorzugehen, denn laut Corona hat Arendelle ihre Prinzessin entführt, was laut Arendelle nicht stimmen soll... Naja, ist ein wenig kompliziert! Aber der Punkt ist, die Königsfamilie von Arendelle soll gleich zwei Töchter besitzen. Das wäre die Chance für dich, wenn die eine Prinzessin nichts für dich ist, nimm' einfach die andere!" Damon sah ihn begeistert an, bemerkte jedoch, wie sein Bruder zögerte. „Ich weiß ja nicht...? Eigentlich würde ich gerne der Nachfolger von einem von euch werden." Das sagte der Prinz nur, weil ihm nun wieder Isabelle und seine Gefühle für sie, die er sich nicht erklären konnte, in den Kopf schossen. „So eine Gelegenheit bietet sich dir zwar nie wieder, aber, bitte, du musst ja nicht auf meinen Rat hören!"
„Das habe ich damit nicht gemeint...", versuchte Hans sich zu erklären, doch der Älteste fiel ihm ins Wort, „Nein, ist schon gut, es ist deine Entscheidung. Schließlich ist es dein Leben. Wenn du ewig auf der Thronfolgerliste stehen willst, mach' nur! Ich schreib' mir das nicht zu."
Hans schluckte. Damon hatte ja Recht; Er sollte versuchen in ein anderes Reich einzuheiraten, aber Isabelle rumorte ihm noch immer im Kopf herum, daher wollte er sich erst einmal über seine Gefühle klar werden. Dann bemerkte er, wie ihm jemand auf die Schulter tippte und ihn somit aus seinem bisherigen Gedankengang riss. Es war Damon gewesen, der jetzt mit einer Hand vor seinem Gesicht herumwedelte. „Ja...? Was willst du denn noch?", fragte Hans abwesend. „Hey, kein Grund, gleich so genervt zu reagieren! Ich wollte nur sagen, dass ich mich mal unters Volk mischen sollte. Du kommst sicher alleine zurecht, oder?"
„Klar, natürlich!"
„Gut, dann denk' über meine Worte nach, okay? Bis dann, ‚Hänschen klein'!"
„Hör' auf mich so zu nennen!", rief Hans seinem Bruder noch nach, aber dieser lachte nur vergnügt auf und verschwand in der herumwirbelnden und tanzenden Menge, die ihn zu verschlucken schien. „Doch, keine Sorge, ich werde darüber nachdenken...", murmelte er noch, während der älteste seiner Brüder immer mehr aus seinem Sichtfeld schwand. Und nun kam ihm auch nicht mehr in den Sinn, was er heute Abend eigentlich vorgehabt hatte. Hans überlegte stark und sah dabei womöglich mehr als seltsam aus, doch es ihm fiel nicht ein. Schließlich ließ er sich von einer gut aussehenden jungen Dame mit blondem Haar zu einem Tanz auffordern und vergaß damit vollkommen Zeit und Raum. Das silbern schimmernde Kleid der Dame wirbelte herum, als Hans sie unter seinem Arm hindurchdrehte. Und dann geschah es; Er sah plötzlich nicht mehr das blonde Fräulein in seinem Arm liegen, sondern blickte in die grau-blauen Augen von Isabelle, deren rote Locken über ihren Rücken fielen und wunderbar mit dem silbernen Gewand harmonierten. Sie lächelte ihn an und das Funkeln in ihren Augen raubte ihm fast den Atem. „Du bist so wunderschön...", säuselte Hans verträumt, schloss die Augen und lehnte den Kopf zurück. Er genoss es, Isabelle in seinen Armen zu wissen und endlich wusste er, was diese Gefühle bedeuteten. Als er seine Augen wieder öffnete, war der Traum jedoch aus und vorbei. Es war also wirklich nur seine Fantasie gewesen, die mit ihm durchgegangen war. Hans sah wieder in die blauen Augen der blonden Dame, die nun übers ganze Gesicht strahlte. „Finden Sie denn wirklich, dass ich wunderschön bin, Prinz Hans?", quasselte die Blonde unmissverständlich drauf los, „Ich finde, Sie auch mehr als wundervoll. Wollen wir nicht noch in den Garten hinausgehen, um uns besser kennenzulernen?" Sie spitzte schon die Lippen, woraufhin Hans unsicher zurückwich. „Tut mir Leid, dass ich Sie enttäuschen muss, aber ich sollte jetzt gehen!" Er ergriff die Hand der Dame und küsste diese höflich. Dann nahm er rasch Reißaus, weshalb die Blonde trauernd zurückblieb, sich aber gleich dem nächsten Edelmann an den Hals warf. Hans verdrehte nur die Augen, als er das durch die Menge hindurch sah. Manche Mädchen werde ich nie verstehen, dachte er und schlich sich unbemerkt durch eine Seitentür des Ballsaals in einen dunklen Flur, der unbewacht zu sein schien. Nun wusste er wieder, was er vorgehabt hatte und er würde sich nicht mehr davon abbringen lassen; Er würde es ins Dorf schaffen und Niemand würde etwas davon mitbekommen.

Langsam tapste er durch die finstereren Flure des Schlosses, bis in die Palastküche. Von Dort aus, wusste er, wie er hinausgelangen konnte. Hans öffnete die Tür, durch die die Dienstboten ebenfalls jeden Tag vom Dorf ins Schloss kamen und schaute einmal nach links und rechts, aber er konnte keine Wachen erspähen, die sich um die Mauern des Palastes herum aufhielten. Sie mussten wohl alle auf dem Fest sein, dachte Hans und trat hinaus in eine kleine Gasse, die direkt an der Mauer des Schlosses lag. Leise schlich er weiter durchs Dorf, vorbei an zusammenstehenden Häusern und Läden. Es sah alles ganz friedlich aus. Isabelle musste womöglich in einem dieser Häuser leben, wenn ich nur wüsste in welchem, dachte Hans und musterte die vielen Häuserreihen, an denen er vorbeiging. Was hatte Radcliffe noch gesagt, überlegte der Prinz weiter, sie verkauft Blumen; Ich sollte wohl nach einem Blumengeschäft Ausschau halten. Und das tat er dann auch, doch er konnte auch keines finden als er dann auf einem großen Platz ankam, auf dessen Mitte ein riesiger Brunnen thronte und der, umrundet von den Häuserreihen, der Mittelpunkt des Dorfes sein musste. „Vermutlich bin ich nun auf dem Marktplatz herausgekommen...", murmelte Hans und fasste sich grübelnd ans Kinn. Er schaute sich auf dem Platz um, doch auch hier wusste er nicht weiter. Was dachte ich mir nur dabei, dass ich sie hätte finden können, seufzte er verzweifelt auf, es ist doch unmöglich bei dieser Finsternis jemanden im Dorf zu finden, von dem man nicht mal weiß, wo er wohnt. Hans wollte schon aufgegeben, um wieder dem Fest im Palast beizuwohnen, da riss ihn eine Stimme aus seiner Verzweiflung und holte ihn auf den Marktplatz zurück. „Hans? Was..." Sie klang überrascht, „Was tust du hier?" Der Prinz drehte sich ruckartig um – er würde diese Stimme unter Millionen wiedererkennen –, dann blickte er auch schon in vertraute blau-graue Augen, die ihn verwirrt musterten. Da er nicht daran gedacht hatte, sein Prinzengewand abzulegen, musste Isabelle sich nun ein wenig beschämt fühlen, denn ihre Wangen flammten rot auf und verschmolzen mit ihren Locken. Doch dann ging sie rasch vor Hans auf die Knie und knickste höflich: „Es tut mir Leid, Euer Hoheit! Vergebt mir, dass ich Euch so dreist angesprochen habe. Ich hätte mein Zunge zügeln sollen." Aber Hans winkte nur ab. „Bitte, erheb' dich, Isabelle!", meinte er stöhnend, worauf diese folgte, „Hatten wir nicht etwas ausgemacht? Wir würden, wenn wir unter uns sind, Freunde sein. Hast du das etwa schon vergessen?" „Nein, Sir... – Äh, tut mir Leid – Hans, meine ich natürlich!" Sie kratzte sich verlegen im Nacken und räusperte sich, „Das hatten wir ausgemacht! Doch wir hatten eigentlich auch ausgemacht, dass wir uns nicht mehr sehen dürfen. Das hast du wohl vergessen, oder?" Daraufhin fiel Hans nichts mehr ein. „Äh, nun ja, ich...", begann er eine Erklärung, aber er bemerkte schnell, dass es sinnlos war, herumzureden. „Ich halte es im meinem Heim nicht aus, ohne... meine Mom." Und dich, dachte er noch, doch er verkneifte sich ihr dies zu sagen, da er sich seiner Gefühle eben noch immer nicht sicher war, „Ich musste dich sehen! Ich will dich nun mal näher kennenlernen. Du kannst mir diesen Wunsch nicht nehmen, da ich genau weiß, dass du auch einen Freund brauchst." Die Rothaarige sah ihn nur stumm nickend an und befahl ihm dann mit einem Wink zu folgen. „Na schön, aber nur diese eine Nacht, dann sehen wir uns nicht mehr wieder." Isabelle hob drohend einen ihrer schlanken Finger in die Höhe, „Wirst du dich diesmal daran halten?" „Ich werde es versuchen, doch ich kann nichts versprechen." Der Prinz grinste das Mädchen schuldbewusst an und folgte ihr dann in eine Seitengasse hinein, die, nebenbei bemerkt, ganz schön nach Urin stank. „Damit muss ich wohl leben!", meinte die Rothaarige seufzend und öffnete eine Kellertür, die in einen dunklen Raum führte. „Da runter?" – „Ja, das ist mein Unterschlupf, wenn ich nicht bei meiner Stiefmutter im Haus schlafe." – „Oh, sieht ja ‚gemütlich' aus!" – „Ist dem werten Prinz das etwa nicht recht?" Isabelle kicherte mit vor gehaltener Hand, worauf Hans rasant abwinkte, „Ach, nein, das geht schon! Hab' nie ein besseres Kellerloch gesehen. Sag' mal, was riecht denn hier so streng?" Isabelle sah ihn skeptisch an und verschränkte die Arme vor der noch wachsenden Brust: „Keine Sorge, in meinem Kellerloch riechst du das nicht mehr! Das kommt nur von den Nachttöpfen, die die Leute auf der Straße auskippen."
„Ist ja... Äh, toll!"
„Widerlich, wolltest du wohl sagen, was? Ja, das ist es, aber immerhin riecht die Wohnung dann nicht danach."
„Da hast du wahrscheinlich Recht!", stimmte Hans ihr zu. Isabelles Wangen erröteten schlagartig, weshalb sie ihren Blick auf ihre kaputten Holzschuhe richtete. „Das hab' ich wohl...", flüsterte sie leise, sodass Hans sich anstrengen musste, überhaupt etwas zu verstehen. Damit sprang Isabelle mit wehenden roten Locken in ihren Keller hinein. Wenige Bruchteile später folgte Hans ihr dann auch und kletterte in die Dunkelheit hinunter. Als er unten angekommen war, schlug Isabelle sogleich die Klappe zu, somit waren die beiden Freunde nun unter sich und konnten sich ungestört unterhalten.

Frozen & Tangled: Eine Erinnerung an vergangene ZeitenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt