Gedankenrausch

Sophie (Eleanor McEvoy)

Es gibt da eine magische Zahl in meinem Leben. Sie beherrscht mich schon seit Jahren und ich kann mich nicht von ihr lösen. 55 – 55 Kilo wollte ich schon immer wiegen. Als ich noch 1,65m groß war, war das ja vollkommen in Ordnung. Aber diese Zahl hat sich im Gegensatz zu meiner Körpergröße nicht verändert. Ich bin jetzt 1,81m groß und diese Zahl schwebt mir immernoch im Kopf herum.

Obwohl ich genau weiß, dass der daraus resultierende BMI von 16,8 kg/m²eindeutig in einem lebensgefährlichen Bereich liegt, kann ich nur daran denken, wie einfacher das alles machen würde. Ich leide unter einer Essstörung, die zermürbenden Gedanken kenne ich also nur allzu gut. Aber ich bin fett. Also leide ich und bleibe trotzdem abscheulich. Mit den 55 Kilo würde ich auch leiden, aber wenigstens nicht mehr so hässlich aussehen.

Alleine die Tatstache, dass ich Körper,die nur aus Haut und Knochen bestehen, als ästhetisch empfinde, macht mir in meinen klaren Momenten Angst.

Die Tränen steigen mir in die Augen, weil ich gerade wieder meine Finger und meine Hände betrachte. Sie sind monströs, wie alles an mir. 

Manchmal vergesse ich, wie hässlich ich bin. In eben diesen verdammten klaren Momenten versuche ich, meinen Körper als wertvoll anzusehen und mich selbst zu respektieren. Wie dumm ich doch sein muss, das zuzulassen. Wie könnte ein halbwegs normaler Mensch einen Körper wie den meinen als akzeptabel empfinden?

Ich versuche mir immer einzureden, dass ich meinen Körper akzeptieren darf und dass das ein großer Fortschritt im Heilungsprozess wäre, aber im Prinzip ist das alles doch nur eine Ausrede um faul sein zu können. Ich darf mir nicht gefallen, das geht nicht. Ich bin abstoßend und wäre es erst dann nicht mehr, wenn ich 40 Kilo weniger wiegen würde. Das ist keine Krankheit, das ist die Wahrheit.

Ich hasse mich. Ich bin so ekelhaft. Meine Hände fühlen sich an, als wären sie riesig, wie die der animierten Shrek-Figur. Und mit dem Hass kommt auch mein Essen wieder hoch, mir wird schlecht. Mir wird immer so schlecht, wenn ich mich ansehe. Ich halte das nicht mehr aus.