59- Eine große Leere

1K 64 13
                                        

Ein sachtes Klopfen, eine leise Stimme. Ein lauteres Klopfen, eine lautere Stimme. Dennoch rühre ich mich nicht. Ich liege auf den Fliesen des Mädchen Badezimmers und starre in die Leere. Genau wie es sich in meinem Herz anfühlt, völlig leer so wie mein Blick. "Bitte öffne die Tür. Kira bitte", bettelt die Stimme meiner Schwester. "Komm doch bitte raus. Kira du sperrst dich schon viel zu lange dort ein", meint Aiden. "Wir wollen dir doch alle nur helfen", fügt Lena hinzu. Allerdings rühre ich mich immer noch nicht, ich bleibe liegen, bewege mich nicht. Zu mehr fühle ich mich nicht im Stande. Ich habe Angst. Angst davor aufzustehen und es noch mehr wehtut. Angst davor akzeptieren zu müssen, dass Leia tot ist, wenn ich nun aufstehe und ihnen Zutritt gewähre. Es kommt mir so vor, als könnte ich mich nur in dieser Position vor dem Zusammenbrechen bewahren. Als würde mein Herz erneut in Stücke zerreißen, würde ich mich jetzt bewegen. Also bleibe ich liegen und starre ins Nichts. Zwei Wochen sind seit ihrem Tod vergangen und heute war ihre Beerdigung. Nichts außer den schwarzen Sarg bestückt mit Rosen, sehe ich vor mir. Weinen kann ich nicht mehr, es scheint als wären meine Tränen aufgebraucht. Ich würde so gerne weinen, gerade eben weil es gut tut. Doch ich kann nicht. Meine Augen sind trocken wie eine Wüste. "Kira bitte." Aiden räuspert sich "Du kannst nicht ewig da drinnen bleiben." Sie versuchen es weiter, doch vergeblich. Sie klopfen, betteln, meinen sie könnten mich aufmunternden Worten anlocken. Doch ich will die Tür nicht öffnen. Ich will nicht mit ihnen reden. Ich will nicht wissen, dass ich sie loslassen muss und das Leben weitergeht. Dann geben sie auf. Auf einmal ist es erdrückend ruhig.

"Es ist mittlerweile abends, willst du nicht etwas essen?", da sind sie schon wieder. Ich will nichts essen. Ich will das ihr geht. Ich will alleine sein, spreche ich in Gedanken zu ihnen. Mein Mund bleibt versiegelt. "Ich weiß das es schwer ist, hörst du? Auch ich habe sie verloren und auch ich vermisse sie fürchterlich", sagt Aiden vorsichtig. Genau in diesem Moment, läuft mir eine Träne über die Wangen, nach so langer Zeit. "Lass mich rein okay? Du musst das nicht allein durchstehen. Du hast uns." "Du musst dir nur helfen lassen. Wir lassen dich damit nicht allein." Es scheint als hätten es sich die beiden vor der Tür gemütlich gemacht. "Wir lassen dich damit mit nicht allein", wiederholt Aiden. Mittlerweile liege ich auf dem Rücken und mein Blick liegt auf dem Kronleuchter.

"Kira tu mir das nicht an, bitte rede mit mir", sie macht eine kurze Pause. "Ich weiß welche Schmerzen du hast, ich spüre deinen Schmerz. Lass mich dir helfen, bitte öffne die Tür. Du bist seit heute Morgen da drinnen."

"Bitte antworte mir. Sag wenigstens irgendetwas."

"Wir warten hier bis du rauskommst, ob du willst oder nicht", flüstert Aiden. Dennoch so laut dass ich es hören kann. Nach kurzer Zeit sinke ich in einen traumlosen Schlaf.

"Was sollen wir denn noch tun? Sie ist seit einem Tag da drinnen", höre ich Aiden sagen "Ich weiß wer helfen kann", sagt May. Ich schlage meine Augen auf. Ich liege immer noch auf dem Boden, ich habe mich kaum bewegt seit ich von ihrer Beerdigung zurückgekommen bin. Mein Kleid trage ich auch noch. Und ich habe immer noch nicht vor die Tür zu öffnen. Einen zu großen Hass trage ich in mir. Es ist alles meine Schuld. Hätte ich es nicht zugelassen das unsere Freundschaft zu Bruch gegangen ist, hätten wir ein Jahr länger zusammen gehabt.

Auf einmal ertönt ein anderes Klopfen. "Kira, ich bin's. Darf ich rein?", ertönt Ethans Stimme. Ich presse meine Lippen aufeinander. Wie kann sie es nur wagen, Ethan zu holen? Gerade er soll derjenige sein der mich hier rausholt?
"Verwinde, ich will niemanden von euch sehen", sage ich mit schmerzender Stimme, seit Ewigkeiten habe ich nicht mehr gesprochen. "Leia würde es nicht wollen, dass du dich hier verschanzt", meint er. "Hör auf! Du hast keine Ahnung", schreie ich beinahe. Es ist kurze Zeit leise "Ich weiß. Ich weiß, ich kenne sie nicht. Wir müssen nicht darüber reden, wir können uns auch über etwas anderes unterhalten." "Geh einfach weg. Lasst mich in Ruhe", schluchze ich und hoffe das er endlich geht. Doch er geht nicht.

"Du weinst", sagt er nach einer Weile. "Was hat dich das zu interessieren?", ich wische mir die Tränen weg. Woher will er das überhaupt wissen? "Ich will nicht das du weinst." Seine Stimme ist nun um einiges lauter. Er scheint nun nicht mehr vor der Tür zu sitzen, sondern sein Gesicht scheint direkt zur Tür gerichtet. "Lass mich rein Kira. Lass mich dir helfen. Lass mich für dich da sein." Ich schüttle den Kopf "Du kannst mir nicht helfen. Niemand kann das", ich fange wieder an zu schluchzen."Lass es mich wenigstens versuchen." Es geschieht eine Weile nichts, bis ich nach einer langer Zeit aufstehe und die Verriegelung der Tür aufhebe. Ich lege mich gerade wieder hin, als er auch schon reinstürmt. Er überlegt nicht lange und legt sich neben mich. Seine grünen Augen betrachten mich fürsorglich. Ich breche den Blickkontakt ab.

"Was hältst du von der Idee von hier zu verschwinden?", fragt er nach dem wir einige Minuten stumm nebeneinander lagen. "Okay." Ich stehe auf. Als er sieht dass ich wackelig auf den Beinen bin, legt er einen Arm um meine Taille und den anderen unter meine Knie und hebt mich hoch. Als er mich zum Gemeinschaftsraum trägt fällt mein Blick auf meine Schwester, welche erleichtert zu uns sieht. Ethan platziert uns so, dass ich seitwärts auf seinem Schoß sitze. Mein Gesicht habe ich in seiner Schulter vergraben "Ich vermisse sie so sehr. Sie ist nicht mehr da und es tut einfach nur verdammt weh. Ich dachte ich schaff das, doch gestern auf ihrer Beerdigung...- Ich weiß wie ich es jemals schaffen soll wieder glücklich zu sein." Während ich rede streicht Ethan mir sanft und beruhigend über den Rücken "Ich spüre so eine große Leere in mir und ich habe Angst sie jemals zu vergessen." Er ergreift mein Handgelenk, seine warme Hand bringt mich zum Zittern. "Du hast euer Freundschaftsarmband seitdem nicht mehr abgelegt und soweit ich weiß trägt auch sie es. Egal was passieren sollte, du wirst sie niemals vergessen. Sie wird immer einen Platz in deinem Herzen haben. Du wirst sie nicht vergessen", sagt er mit seiner warmen Stimme. Plötzlich setzt sich Aiden neben uns "Du hast selbst gesagt, sie will das wir nicht weinen. Sie möchte das wir ein tolles Leben haben. Diesen Wunsch sollten wir ihr erfüllen. Zu Ehren von ihr", sagt Aiden und nimmt meine Hand. Max und May kommen ebenfalls dazu. "Ihr wart ihre besten Freunde und seid es immer noch. In jedem von euch wird ein Teil von ihr weiterleben. Für immer", sagt meine Schwester und lächelt mich an. Ich lächle, das erste Mal seit ihrem Tod lächle ich. Nun versuchen alle mich gleichzeitig zu umarmen. "Lass dir Zeit. Du wirst merken das es dir immer besser gehen wird und irgendwann kannst du auch wieder lachen."

Und Ethan hatte Recht. Bis zum Weihnachtsfest, geht es mir mit jedem Tag besser. Und am Heiligen Abend ist es Max der zu uns kommt und meint "Ich habe eine Idee." Zu fünft folgen wir ihm aus dem Schloss hinaus. Die Sterne über uns glitzern. Wir legen uns alle in den Schnee. "Wenn du mich vermisst sieh zu den Sternen, sie werden sagen ich bin da für dich", ihre Worte wiederholen sich in meinen Gedanken. Ein Stern funkelt besonders hell, ich grinse "Fröhliche Weihnachten Leia."

× × ×

Little Miss Malfoy [ Draco Malfoy ] ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt