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•Sad girl - Lana del Rey•

27. Oktober 2015
[am Abend]

Die Klosterstraße war einfach zu finden.
Es waren drei aneinander gereihte kleine Häuser. Sie sahen einladend und freundlich aus. Ich schätze, das mussten sie auch, wenn sie die Jugendlichen, die ein Zuhause suchten, nicht abschrecken wollten.
Die Frau vom Jugendamt hatte gefühlte hundert mal gefragt, ob wir wirklich alleine sicher ankommen würden.
Sie hatte uns offensichtlich nicht geglaubt, was die Frau am Eingang erklärte.
Sie hatte schwarze Haare und lächelte freundlich.
Das war mir alles definitiv zu freundlich.
Als wir in das erste kleine Haus reingelassen wurden, huschte mein Blick nach Rechts.
Ich sah vier Kinder und zwei Frauen am Esstisch in der Küche sitzen.
Sie sahen mich alle neugierig an.
Der kleine Junge war der Erste, der sich wieder fing.

»Katrin, kannst du mir den Käse reichen, bitte?« ,hatte er gefragt.

Wir liefen die Treppen hoch, in einen Raum.
Ich musste alles erzählen. Vom Anfang bis zum Ende.
Ich weinte kein einziges mal. Ida wurde auch befragt.

Ida wurde weggeschickt. Wir hatten uns lange umarmt und ich wollte sie nicht gehen lassen.
Alles war mir so fremd, sie war das einzig Vertraute und musste gehen.
Als sie weg war, sollte ich mich mit an den Tisch setzen. 
Es saß nur noch eine Frau am Tisch.
»Ich habe keinen Hunger.« ,sagte ich mit gebrochener Stimme.

»Das hatte ich beim Ersten mal auch gesagt. Glaub mir, die erste Nacht ist die schlimmste.«
Ich sah das Mädchen an, das mir gegenüber saß. Sie trug eine Brille und hatte lange, braune Haare.
Sie hatte Recht.
Es war die schlimmste Nacht meines Lebens.

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