The Cold Case ➳ L.S.

2

Harry's P.v.O.

"Sie sind gar nicht liiert, oder, Styles?" Ich grinse und schüttle den Kopf. "Nein. Aber das war das Einzige, das mich aus dieser Situation befreit hat." Niall schnallt sich an und sieht zu mir rüber. Liam's Fahrer fädelt sich in den Verkehr ein. "Dieser Tomlinson hat wohl gefallen an dir gefunden." Ich atme tief durch und sehe aus der getönten Scheibe. "Kann sein ..."

Der Gedanke ist zugegebenermaßen sehr sympathisch. Und tief in mir hoffe ich einfach, dass er auf das Angebot zurück kommt und noch etwas zu sagen hat. Ich umklammere mein Smartphone. Könnte dieser Mann wirklich so etwas tun? Und warum sollte er? Ich bin mir nicht mal sicher, ob Mr. Tomlinson wirklich Männer bevorzugt, oder ich mir nur zu viel einbilde.

"Du wirkst so unruhig.", stellt Niall fest und dreht mein Kinn zu sich. Ich bin überrascht. "Horan?", frage ich und hebe eine Braue. Er nimmt seine Finger von meinem Kinn und zuckt mit den Schultern. "Anders hören Sie mir nicht richtig zu." "Es tut mir leid. Ich versuche nur die Entführungen mit Mr. Tomlinson in Verbindung zu setzen. Er hat kein Motiv." "Ja. Kein Motiv außer seiner Blutbadvergangenheit. Harry, dieser Mann ist gestört, anders kann man sich das nicht erklären." Ich hole mein Smartphone aus der Manteltasche und wähle die Nummer meines Bruders. "Liam. Ich brauche seine Akte." Dann lege ich auf. Niall lacht leise. "Eure Beziehung ist wirklich sehr speziell.", stellt er fest und steigt aus, weil wir an unserer Wohnung sind. "Ich würde sie eher als kaputt bezeichnen, aber es freut mich, dass Sie das, wie so alles in Ihrem Leben, optimistisch sehen." Niall verdreht die Augen und schließt die dunkelgrüne Haustür auf.

Am Abend sitze ich mit einem Kräutertee am Kamin und gehe die dicke Akte durch. Tomlinson wird ständig überwacht. Es wird genau dokumentiert, wann und für wie lange er das Vereinigte Königreich verlässt. Aber das interessiert mich herzlich wenig. Denn danach kommen seine Straftaten. Mord. Misshandlung. Erpressung. Ich atme tief durch und klemme meine Haare hinter die Ohren. Es sind Fotos von ihm dabei. Auf jedem hat er ein schälmisches Lächeln aufgesetzt. Angsteinflößend. Es steht geschrieben, dass er seine Opfer zunächst verführt und dann kaltblütig ermordet haben soll. Insgesamt 9 Fälle sind bekannt. Was mich aber misstrauisch werden lässt: Keiner dieser Morde konnten ihm zu 100% nachgewiesen werden. Deshalb war es für seine Anwälte auch nicht so schwer ihn vor dem Gefängnis zu bewahren.

"Schwer beschäftigt?" Der blonde Ire kommt ins Wohnzimmer und klappt seinen Laptop auf. "Hm.", gebe ich nur zurück. Dann klingelt mein Smartphone. Ich zucke zusammen und stehe schnell auf. Es ist noch immer im Mantel. Ich werfe einen Blick auf das Display. Es ist unsere Vermieterin. "Schönen guten Abend, Mrs. Lockwood. Wie kann ich Ihnen weiterhelfen?" Niall grinst. "Oh, das wäre wunderbar. Ja, wir kommen direkt runter." Ich nicke Niall zu und schlüpfe in meine Hausschuhe. "Abendessen ist fertig.", pfeife ich gut gelaunt und springe die Treppe hinab.

"So ist's gut. Nehmt euch ruhig noch etwas." Niall und ich grinsen unsere Vermieterin mit vollem Mund an. Sie ist einfach unersetzlich. "Ich habe von deinem neuen Fall gehört, Harry. Ist das nicht eine Nummer zu groß für dich? Ich meine, ist Louis Tomlinson nicht eine Nummer zu groß für dich?" Bei ihrer Frage zieht sich in mir alles zusammen. Oh, er ist bestimmt zu groß für mich. "Horan und ich hatten schon vergleichbare Fälle. Der einzige Unterschied hierbei ist, dass ich mich zunächst mal darauf fokussieren werde, herauszufinden, ob Tomlinson wirklich Schuld an allen Verbrechen ist, die ihm angehängt werden." Mrs. Lockwood seufzt und setzt sich zu uns an den Tisch. Ich beachte Niall's Fragenden Blick nicht. "Ihr seit gerade mal 25 Jahre alt.", gibt sie zu bedenken. "Ich, ich bin 26, Mrs. Lockwood.", wirft Niall ein und presst die Lippen aufeinander. Ich lache kurz. "Machen Sie sich keine Gedanken. Mr. Tomlinson ist selber erst 28 Jahre alt. Umso wichtiger scheint mir dieser Fall." Sie nickt zustimmend. "Seien Sie nur vorsichtig. Sie beide."

Später dann werde ich von Niall zur Rede gestellt.  "Er wird nicht mit sich arbeiten lassen, wenn nicht sicher ist, dass er diese ganzen Taten wirklich begangen hat. Vertrau mir. Ich weiß schon, was ich tue.", versuche ich ihn zu überzeugen. "Ich würde deine Arbeit auch niemals in Frage stellen. Aber ich habe nur Angst, dass er das ausnutzen wird." Ich schüttle denk Kopf. "Dazu müsste er intelligenter sein als ich."

Der nächste Tag startet zum Glück ohne Niall's neumodischem Weckton. Ich schleppe mich vom Bett ins Badezimmer und vom Badezimmer in die Küche. Wie jeden Morgen. Gedankenverloren werfe ich einen Blick auf mein Handy. Eine Message von einer unbekannten Nummer. Sofort bin ich hellwach.

Unbekannt

Ich hoffe Sie hatten eine angenehme Nacht. Ich würde gerne ein Treffen mit Ihnen vereinbaren. Es gibt ein paar Dinge, die ich mit Ihnen besprechen möchte. Kommen Sie allein. Ohne Ihre blonde Freundin. Halb sieben im Casino Royal. Ich warte auf Sie.
L. T.

Ich überlege nicht lange, was ich antworte.

Harry Styles

Abgemacht.
H.

Zufrieden stolziere ich ins Schlafzimmer zurück und suche meine Klamotten zusammen. Erst jetzt fällt mir auf, dass Niall gar nicht da ist. Aber das geht mich auch gar nichts an, daher beschließe ich dem örtlichen Fitnessstudio einen kurzen Besuch abzustatten. Drei Runden im Kraft-Ausdauerzirkel werden mir gut tun.

18:24 Uhr, ich komme ins Casino Royal. Dieses Casino ist viel mehr eine Bar oder ein Restaurant. Es gibt nur einen Spielautomaten hinten in der Ecke. Und einen kleinen Pokertisch. Kopfschüttelnd gehe ich durch bis an die Bar. Er ist noch nicht hier. Unsicher sehe ich mich um. Ob mein hellblaues Hemd und die dunkle Skinnyjeans zu underdressed sind? Zugegeben, meine braunen Stiefeletten holen einiges wieder raus. Trotzdem verunsichern mich die anderen Gäste im Anzug. Ich bin das erste Mal hier.

"Sie wirken nervös, Mr. Styles." Tomlinson's unverwechselbare Stimme reißt mich aus meinen Gedanken. Ich drehe mich zu ihm und stelle fest, dass er mal wieder einen Anzug trägt. "Mir geht es gut, danke.", antworte ich flach und nicke kurz. Louis beobachtet mich kurz, er scheint mich abzuschätzen. "Wollen wir uns setzen?" "Gerne."

Ich folge ihm zu einem Tisch, der sich etwas weiter hinten befindet.