Ein Jahr

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Kapitel 9:

Es scheinen Stunden zu vergehen, bis Wincent sich zu mir beugt und unsere Lippen sich treffen. Der Kuss mit ihm fühlt sich so unglaublich gut an, dass ich mir wünsche, dass dieser niemals endet. Doch noch während ich mit diesem Gedanken spiele, meldet sich mein Gewissen. LIA WAS TUST DU DA??!! Wincent hat sich gerade von seiner Freundin getrennt und nun ist er betrunken, küsst dich und weiß morgen wahrscheinlich nicht mal mehr, was er gestern getan hat.

Ich drücke Wincent von mir weg.
L:" Winnie, ich glaube das ist keine Gute Idee! Du bist betrunken - mach nichts, was du später bereust."

W:" Fuck, du hast recht Lia, sorry keine Ahnung was mit mir los ist. Ich... Du hast mir einfach so geholfen in den letzten..."

L:" Alles gut Wincent!", unterbreche ich ihn. "Ich weiß wie du dich fühlst - Du musst dich nicht rechtfertigen.. Lass uns rein gehen und du schläfst dich aus."

Während Wincent sofort einschläft, liege ich noch eine ganze Weile wach und mache mir Gedanken über das, was gerade passiert ist und über dessen Bedeutung. Schließlich rede ich mir aber ein, dass das von ihm nur eine Kurzschlussreaktion war. Dieser Gedanke fühlt sich für mich wohl am besten an - zumindest kann ich mich damit sehr gut abfinden. Welches Mädchen träumt nicht davon, einmal mit jemandem wie Wincent Weiss zusammen zu sein. Eigentlich wohl jedes, doch bei mir ist es jetzt anders. Ich will die Freundschaft mit ihm nicht kaputt machen! Dafür habe ich ihn im letzten Jahr viel zu gut als besten Kumpel lieben gelernt.

Als ich am nächsten Morgen aufwache ist Wincents Bett bereits leer. Ich schäle mich aus meiner Bettdecke, mache mir einen Zopf und schlendere ins Wohnzimmer, um ihn zu suchen. Dort finde ich zwar keinen Wincent, aber immerhin einen kleinen Zettel auf dem steht, dass er kurz joggen gegangen ist. Als ich den Zettel wieder auf den Couchtisch lege, klingelt es an der Tür. Wincent steht grinsend mit einer Tüte Brötchen vor der Tür und streckt mir diese entgegen, als ich ihm die Tür öffne. Wir frühstücken gemeinsam, als Wincent mich auf gestern Abend anspricht.

W:" Lia... Ähm, was da gestern passiert ist... Du... Du bist meine beste Freundin und das soll auch so bleiben. Ich liebe Yvonne und auch wenn wir getrennt sind - das kann ich nicht einfach so unterdrücken. Es tut mir leid, dass ich dich gestern Nacht geküsst habe. Ich weiß auch nicht wieso, aber du hast mir so gut beigestanden die letzten Tage in denen ich wirklich Ablenkung gebraucht hab. Dafür kann ich dir einfach nur danken! Ich hoffe dass unsere Freundschaft dadurch jetzt nicht kaputt geht. Aber ich glaube wir können uns Beiden sagen dass da nichts zwischen uns ist oder?"

Seine ehrlichen Worte gehen mir sehr nah. Das erste Mal hat auch er gesagt, dass wir mittlerweile beste Freunde geworden sind. Deshalb stimme ich ihm zu und wir einigen uns das einfach alles zu vergessen. Ich weiß, dass Wincent Yvonne liebt und dass es ihm immer noch weh tut, sie nicht mehr seine Freundin nennen zu können.

Da nun schon 5 Tage vergangen sind, macht Wincent sich auf den Heimweg. Seine Sommer- und Festivaltour geht weiter und ich muss mich wieder auf die Uni konzentrieren. Es gibt noch viel zu tun, bevor es Anfang Oktober endlich los geht. Als wir Wincents Koffer nach draußen tragen, steht dort bereits ein Taxi, das ihn zum Flughafen fahren wird. Für ihn wird der nächste Stop Wismar sein. Wir verabschieden uns und Wincent bedankt sich noch für die tolle Woche, bevor er einsteigt und das Taxi davon fährt. Komisch, dass er jetzt wieder einfach weg ist und ich ihn eine Zeit lang nicht mehr sehen werde.

Trotzdem lebt sich bei mir, nach der langen freien Zeit voller Konzerte, Open Air Festivals und toller Momente, der Alltag wieder schnell ein. Ich beginne mit meinem Studium und starte schnell, den Alltagstrott eines 0815 Studenten zu leben. Ein komisches Gefühl, wenn man vorher über 3 Monate durch Deutschland gereist ist, um einen Sänger immer wieder auf seiner Tour zu begleiten. Doch nun beginnt wieder der Ernst des Lebens und mein Studium ist die Grundlage für meine weitere Zukunft.

Einige Monate vergehen. Wincent und ich sind weiterhin täglich in Kontakt - sehen uns aber nur noch selten. Über die Wintermonate verbringt er viel Zeit im Studio um neue Songs zu schreiben und ich sitze täglich in der Uni - lerne etwas über die Gestaltung von Medien, Marketing und das Organisieren von Events. Zudem stecke ich mitten in der Prüfungsphase, die zu jedem Semesterende ansteht.

Es ist Februar und ich sitze wie so oft an den Unterlagen der Uni, die ich mir bis in zwei Wochen ins Gedächtnis gekloppt haben muss. Nebenher bewerbe ich mich noch an unzähligen Stellen im Ausland für mein Auslandssemester, das ab Oktober ansteht. Es stehen einige Orte, wie Australien, USA oder Thailand zur Auswahl. Ich bin gespannt, welche Firma mich annehmen wird.

Mit Wincent schreibe ich viel und gelegentlich treffen wir uns noch am
Wochenende, um uns über die vergangenen Tage und Zeiten auszutauschen. Morgen steht wieder ein Treffen an. Wincent hatte spontan darum gebeten, um mir was zu zeigen. Ich packe meine Tasche und fahre zu ihm nach Hause zu seiner Wohnung in München. Unterwegs läuft bei mir sein Album mal wieder rauf und runter. Als ich dort ankomme steht Wincent bereits in der Tür und grins mich an. Wir liegen uns eine ganze Weile in den Armen und gehen dann zusammen rein. Auch wenn wir uns seit einigen Wochen nicht mehr gesehen haben und es jetzt fast ein Jahr her ist, dass Wincent die 5 Tage bei mir zuhause verbracht hat, ist es wieder so, als wäre es gestern gewesen. Wir haben uns super viel zu erzählen, sprechen über die vergangene Tour, meine Uni und auch über Yvonne, über die Wincent leider noch immer nicht hinweg ist. Er erzählt, wie oft er an die schönen Zeiten zurückdenken muss und wie sehr er sie vermisst. Zusehen, dass Yvonne bereits mit jemand anderem glücklich ist, verletzt ihn deshalb sehr. Ich kann ihn vollkommen verstehen und höre ihm deshalb genau zu, als er sich mir anvertraut.

Wir sitzen schon eine halbe Ewigkeit da und erzählen uns, als mir einfällt, dass Wincent mir ja was zeigen wollte. Er holt seine Gitarre und kündigt einen neuen Song an, den er aus gegebenem Anlass geschrieben hat. Er beginnt zu singen:

W:"  Ich dachte ein Jahr reicht, um dich zu vergessen
Ich dachte ein Jahr reicht, um dich zu vergessen.
Meine Schritte sind schwer, ich kämpfe mich durch meine Straße
Meine Füße werden nass, weil ich wieder mal die falschen Schuhe trage.
Und vorm Café an der Ecke steht der Tisch an dem wir sonst immer saßen.
Irgendwie anders
Es ist alles so anders

Ich hab so sehr versucht es zu verdrängen,
doch es hört einfach nicht auf zu brenn'
Und die Wahrheit ist, dass ich dich immer noch vermiss.
Obwohl ein ganzes Jahr vergangen ist und mit eigentlich rein gar nichts fehlt.
Und die Wahrheit ist, dass ich dich immer noch vermiss!"

Als er die letzten Takte beendet sitze ich sprachlos und gerührt auf dem Sofa und weiß garnicht was ich zu dem neuen Song sagen soll. In ihm steckt so viel Gefühl und Hingabe.

W: "Wie findest du ihn..?"

L: "Wie ich ihn finde..? Wincent er ist wunderschön! Unglaublich wie viel Gefühl und Emotionen in diesen Zeilen stecken...", dann stockt mein Eifer."Du... Du hast ihn für Yvonne geschrieben oder?"

Forever - Wincent WeissWo Geschichten leben. Entdecke jetzt