Die Neue

Bad Amor

"Lukas mag Nicki."

"Bitte was?"

"Lukas. Mag. Nicki."

Mein Bruder schaut mich ungläubig an.

Jake schaut mich noch ungläubiger an.

"Denkt mal logisch. Die Beiden sind die ganze Zeit zusammen. Lukas' komisches Verhalten in letzter Zeit und jetzt noch das. Er hat dich geschlagen, weil er euch im Bett zusammen erwischt hat. Übrigens danke, jetzt habe ich diese Vorstellung für immer in meinem Kopf."

Die Jungs rühren sich nicht, bis sich langsam Bewusstwerdung bildet.

Sie verstehen es.

"Scheiße.", murmelt Mark.

Ja das ist es.

Das ist es wirklich.

-

Die nächsten Tage vergehen wie im Flug und schon fängt die Schule wieder an. Das mir nun mehr vertraute Gebäude kommt mir nur noch traurig vor. Der Tag zieht an mir vorbei und ich kann es noch immer nicht fassen.

Lukas, Mark und Nicki sind heute nicht in die Schule gekommen. Lukas, Mark und Nicki melden sich nicht.
Lukas ist nicht da.
Mark ist abgehauen.
Nicki ist zu Hause.

"Alles ok June?", fragt mich Jake, als wir zu Sozialkunde gehen.

"Alles gut."

"Lüg mich nicht an. Ist Mark schon zurück?"

Jake setzt sich auf unseren gewohnten Platz und legt seine Hand auf meine.

"Nein. Langsam mache ich mir wirklich Sorgen. Das passt gar nicht zu ihm, dass er sich wegen einem Mädchen so fertig macht."

"Vielleicht war es mit Nicki anders."

"Mark ist ein Player und dieses Mädchen, das den Player in eine gute, romantische, treue Person verwandelt gibt es nur in diesen Geschichten."

"Du hast mich doch auch..."

"So liebe Schüler, wer ist wohl heute der glückliche und darf seine Präsentation haben.", unterbricht Frau Bielen unser Gespräch.

"Reden wir dann weiter.", flüstere ich ihm zu.

"Alexander und Daniel. Bitte zur Tafel. Die Bühne gehört nur euch."

Und so beginnt eine langweilige Stunde in der wir darüber informiert werden, wie gut Alexander und Daniel im Fußball sind.

-

"Junia, können wir kurz reden?", fragt mich Anabell, als ich zu Jakes Auto gehe.

"Was ist denn los?"

Ich weiß genau was los ist.

"Weißt du was mit Lukas ist? Er meldet sich nicht und seine Mutter lässt mich nicht ins Haus."

Anabell schaut mich besorgt an.

Was soll ich sagen?

Dein Freund mag eine andere und hat sich deswegen mit meinem Bruder geprügelt?

Wohl eher nicht.

"Am besten du lässt ihm Zeit. Er hat sicher eine gute Erklärung."

Ja und die ist, dass er eine andere mag.

Amor hat wohl wieder Scheiße gebaut:

Wie immer.

"Wenn du meinst.", meint sie traurig.

Verdammte Scheiße.

Anabell verabschiedet sich und geht in die andere Richtung.

So ich muss etwas machen, jetzt, sofort. Langsam halte ich das nicht mehr aus.

"Hey June.", begrüßt mich der Brite, der schon auf mich wartet.

"Wir fahren zu meiner Oma."

"Was?"

"Wir fahren zu meiner Oma, Mark ist sicher dort."

Ich steige in Jakes Auto und warte, bis er realisiert hat, was ich gerade gesagt habe.

"Du meinst das ernst?", fragt er mich nach 30 Sekunden.

"Ernster als ernst."

Jake lächelt mich an und fährt los.

"Moment.", sagt er plötzlich und bleibt stehen. "Ich kann heute nicht."

"Was meinst du, du kannst nicht?"

"Ich hab ein wichtiges Fußballspiel und danach muss ich mit Elena und meinem Vater meine Mutter vom Flughafen abholen."

"Bitte wen?"

"Meine Mutter."

Ok, das war unerwartet.

"Du hast mir noch gar nicht gesagt, dass sie kommt."

"Ich wusste es bis vor ein paar Tagen auch noch nicht."

"Und wieso kommt sie?"

"Wegen meinem Geburtstag."

Ok, das war sehr unerwartet.

"DU HAST GEBURTSTAG?"

"Erst übermorgen."

"Und deine Mutter kommt heute?"

"Ja."

Wow, mir etwas zu erzählen ist wohl wirklich nicht sein Ding.

Für einen Moment bleibe ich still, während der Badboy neben mir so tut als ob das ganz normal wäre.

"Schön, dass du mir das auch mal sagst.", sage ich leise, fast unhörbar.

"Jetzt mach keinen Stress June..."

"Hör auf mich so zu nennen."

"Was ist dein Problem?"

"Weißt du was? Ich fahre alleine zu meiner Oma. Hab Spaß mit deiner Mutter."

Und schon steige ich aus. Ok, ich reagiere über, doch ich dachte mittlerweile kann er mi sowas erzählen.

"Warte June!"

"Hör auf mich so zu nennen!"

"Junia warte, ich habe eine Idee."

Er steigt aus dem Auto und kommt auf mich zu.

"Scott kann mitkommen. Er will Mum sowieso nicht sehen und er ist ein guter Fahrer."

Der Wind verweht Jakes Haare und er schaut mich mit seinen wunderschönen blauen Augen an.

Augen in denen ich mich immer wieder verliere.

"Ist gut.", sage ich nur. "Unter einer Bedingung."

"Wieso stellst du Bedingungen, ich tue dir einen gefallen." Er schaut mich fragend an.

"Halt die Klappe. Sag mir was du zum Geburtstag haben willst."

"Da fällt mir vieles ein." Jake lächelt und schaut mich frech an. Sein Mund in ein Halblächeln gezogen.

Also das war klar.

Er denkt ja doch nur an das Eine.

Manchmal vergesse ich, dass er der Badboy der Schule ist. Von Jungs bewundert und von Mädchen umschwärmt. Er kann jede haben. Wie viele Geschichten ich schon von ihm und irgendeiner Blondine am Klo gehört habe. Wie viele Gespräche über seine Unnahbarkeit und seine Schönheit ich schon belauschen konnte.
Und doch stehe ich hier mit ihm auf einem Parkplatz und seine Lippen sind nicht einmal einen Zentimeter von meinen entfernt.

Die Neue und der Badboy.

Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als ich Jakes Hände auf meiner Hüfte spüre.

"Wir machen auf jeden Fall etwas zusammen.", flüstert er mir ins Ohr. Sofort wird mir kalt und warm zugleich.

Jake Andrews, Player aller Player, was tust du nur mit mir?