Die meist gesuchte Frau

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»Warten Sie!«, rief eine Stimme über ihm. Cassie stand am Ende der Treppe und sah ihn ungläubig an. »Es regnet im Strömen. Warum bitten Sie Ihren Gast nicht herein?«

Oliver schnitt eine Grimasse, während er die Tür ein zweites Mal aufzog. Er befürchtete eine Katastrophe, wenn Felicity auf Cassie traf. Bis jetzt war sie mit der Situation etwas angespannt umgegangen, um es gelinde zu sagen. Er wusste nicht, ob sie eifersüchtig war. Na ja, vielleicht war das hier die beste Gelegenheit, Felicity zu zeigen, dass es dafür keinerlei Grund gab.

Sie war gerade dabei, den Motor ihres Minis anzulassen, als er in das Licht der Scheinwerfer trat und sie hereinwinkte. Das musste er ihr nicht zweimal sagen. Der Motor erstarb, zwei Sekunden später stürmte sie an ihm vorbei zurück ins Haus.

Als sie die Eingangshalle betrat, entdeckte sie Cassie auf der Treppe. Sie trug noch immer ihre Jeans und ein T-Shirt. Große Erleichterung durchströmte sie. Sie trugen beide Kleidung, keiner von ihnen sah verlegen aus. Alles in Ordnung, sagte sich Felicity. Es ist nichts passiert.

»Es tut mir leid, aber ich konnte nicht umhin, Ihr Gespräch mit anzuhören«, erklärte Cassie und kam die Treppe herunter.

Also, das war die geheimnisvolle Frau in Olivers Haus. Endlich lernte Felicity sie kennen. Sie beäugte die junge Frau, wie sie es bei einem neuen Computer tun würde. Sie war definitiv kein Supermodel wie die anderen Frauen, mit denen Oliver sonst so ausgegangen war, bevor er Schiffbruch erlitten hatte. In echt bestätigte sie ihren Eindruck. Sie schien nett.

»Felicity, das ist Cassie«, stellte sie Oliver vor. »Cassie, das ist Felicity, meine ...«

Wenn er jetzt Sekretärin sagt, bringe ich ihn um, dachte Felicity. Ihre Augen verengten sich, um ihn vorzuwarnen. Und er bemerkte es tatsächlich.

»Sie ist meine IT Expertin. Sie weiß einfach alles über Computer. Ohne sie wäre ich verloren.«

Felicity lächelte zufrieden. Okay, natürlich würde er nicht Freundin sagen, aber ein Mädchen durfte doch noch Träume haben, oder? Egal, er hat die Sekretärin clever umschifft, also konnte sie sich trotzdem glücklich schätzen.

»Dann waren Sie es, die meine Identität herausgefunden hat?«, sagte Cassie bewundernd.

Felicity zuckte mit den Schultern. »Das war nicht besonders schwer.«

»Was haben Sie sonst noch herausgefunden? Ich habe gehört, wie Sie etwas über meine Arbeit gesagt haben?«

»Ja, ich kann es Ihnen zeigen.«

Während Oliver seinen Augen nicht traute, schnappte sich Felicity die Akten von ihm. »Vielleicht hilft das Ihrem Gedächtnis auf die Sprünge. Ich habe nicht alles verstanden, aber mit Ihrer Hilfe ...«

Beide Frauen gingen in Richtung Küche, tief versunken in ein wissenschaftliches Gespräch, und ließen einen erstaunten Oliver zurück.

Cassie folgte der blonden Frau zurück in die Küche. Felicity, erinnerte sie sich, wie Oliver sie vorgestellt hatte. Mit ihren High Heels und dem kurzen roten Kleid sah sie nicht wie ein IT-Nerd aus, eher wie eine Sekretärin, aber ganz offensichtlich wusste sie, wovon sie sprach. Die äußere Erscheinung konnte täuschen. Cassie hatte ihr Gespräch nicht belauschen wollen, sie war auf dem Weg in die Küche, um sich noch ein Glas Wasser zu holen, als sie gehört hatte, wie Oliver sie nach draußen bugsiert hatte. Was hatte er sich bloß dabei gedacht, sie in den Regen zurückzuschicken? Sie konnte an seiner Miene und seinem Verhalten erkennen, dass er sich unwohl fühlte. Als ob er sich davor fürchtete, wenn sie beide aufeinandertrafen. Und sie hatte bemerkt, wie Felicity ihn von oben bis unten gemustert hatte, wahrscheinlich weil sie seinen Ruf kannte.

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