level 7: what we don't know

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"Weißt du", lächelte Brad leicht und bemerkte, wie sie langsam wieder einschlief, "meine Kinder sind immer verärgert, wenn ich auf Tour gehe. Das ist nicht einfach als Vater, sie zurücklassen zu müssen. Da denke ich selbst, dass ich versage. Ich lasse Elisa alleine. Sie muss das ganze Leben selbst handhaben, wenn ich nicht da bin und auf die Kinder aufpassen. Wir alle haben manchmal solche Situationen im Leben, in denen man meint, zu versagen. Aber du hast alles richtig gemacht."

"Du vermisst sie, nicht wahr?", fragte sie leise und hatte nun den Punkt getroffen, weswegen Brad immer und immer alleine in der Zelle geweint hatte, wenn sie nicht da war.

"Sehr sogar", hauchte er hervor und atmete tief durch, um damit die Frage mehr oder wenig leer im Raum zu lassen. Lucy fragte nun auch nicht mehr weiter. Sie wollte Brad nicht unnötig damit quälen, wo sie wusste, dass er es schon sah, seine Kinder und seine Ehefrau nicht mehr in die Arme schließen zu können.

Am nächsten Morgen, wurde leise etwas in den frühen Stunden auf dem Boden schlitternd hineingeschoben und ließ beide aus dem Schlaf schrecken, als das Tablett an ihren Fußspitzen ankam.

Brad wagte den ersten, noch leicht verschlafenen Blick und erkannte nun die Wasserflasche während seines Gähnens.

"Essen?", fragte Lucy leicht verwundert und nahm eine aufrechtere Haltung als ihre leicht zusammengekrümmte Schlafposition ein, "wirklich?"

"Hast du gestern ein Wunder vollbracht?", lächelte er, nahm einen kräftigen Schluck von dem Mineralwasser und reichte es an ihr weiter, bevor er über einen Müsliriegel herfiel und ihn genüsslich verzerrte. Das erste Essen seit fast zwei Tagen.

"Ich weiß es nicht", hauchte sie und schnappte sich ihren Anteil. Ein Lächeln stand ebenfalls auf ihren Lippen und sie war verwundert. Der Tag verlief ohne Wunden, ohne Blut, ohne Folter. Stattdessen hatte sie viel Zeit, um über einen Fluchtplan nachzudenken und hatte sogar Brad gezwungen, sie auf die Schultern zu nehmen und ihr einen Blick nach draußen zu geben, was leicht wackelig und fast in einem Desaster geendet war.

"Ich werde jetzt meditieren", hatte Lucy sich schon im Schneidersitz inmitten des ohnehin kleinen Zimmers platziert und erntete verwirrte Blicke von ihrem Zimmerpartner, der sich bereits in das Bett gekuschelt hatte.

"Kind, es ist fast Mitternacht", lachte er kurz und dachte nun an ihren Anstarrwettbewerb, den sie ausgetragen haben, um sich etwas die Zeit zu vertreiben. Obwohl es eigentlich wichtiger wäre, hier raus zu kommen.

"Das ist mir egal", schmunzelte sie und stemmte nun ihre Hände in die Hüfte, bevor ein aussagekräftiger Blick ihm galt, "warum bist du eigentlich noch wach?"

Kopfschüttelnd, zog Brad sich die Decke bis zu den Ohren und blieb stumm, während Lucy nur tief in sich sank. Es war ein weiterer Schritt ihres Plans, der fast bis in jedes noch so kleine Detail ein Ausweichmanöver in sich trug. Sie musste dort hin, wo niemand kam. Noch tiefer als der Verstand erlaubte.

"Ich brauche deine Hilfe", war ein sanftes Hauchen zu vernehmen. Klar und deutlich. In seinem Kopf nachhallend, als würde sich dort ein endloses Loch erstrecken. Endlose Weiten, die er nun auch erkannte.

Leicht blinzelnd öffnete er seine Augen und sah eine Person, mehrere Meter vor ihm. Das Hellbraun der Haare war meterweit zu erkennen und auch ihre grüne Jacke sprach für sich, worauf Mike sich nur wunderte, Lucy in seinem Traum zu haben.

"Mike, du musst mir helfen", hauchte sie erneut hervor und er wollte einige Schritte auf sie zugehen, war aber wie gewurzelt an den weißen Boden gefesselt. Das Weiß, welches alles um ihn herum einnahm. Eine angenehme Wärme kribbelte auf seiner Haut.

"Lucy, warum bist du hier?", fragte Shinoda verwirrt und fuhr sich kurz durch seine Haare, worauf wie ein Blitz ihm die nächste Frage schoss, die er nur so aus sich hinausrief, "wo ist Brad?!"

"Er ist bei mir", wurde ihre Stimme immer zarter und für Mike schwer verständlicher, "du musst uns helfen."

Mit einem Schrei schreckte Shinoda aus seinem Schlaf und saß pfeilgerade im Bett. Schweiß stand auf seiner Stirn und klebte dadurch seine Strähnen auf seine Haut. Er wusste nicht, wie viel Einbildung dieser Traum in sich hatte, die letzten Tage sind hart gewesen, aber aus irgendeinem Grund, auch wenn sie nicht gefallen war, hatte er nur eine Adresse in seinem Kopf.

Sie hat so ruhig ausgesehen. Weswegen sie auch in seinem Kopf gewesen war. Doch die Lage müsste verdammt ernst sein.

Es war niemand mehr im Zimmer von Brad gewesen. Alle beide spurlos verschwunden und nur die Schmerztabletten von Delson zurückgeblieben. Keine Antwort auf einen Anruf oder eine Nachricht. Als wären sie vom Erdboden verschluckt worden, während unter dem Sicherheitsschutz von Linkin Park Alarmstufe Rot ausgerufen worden war. Nachtschichtern wurden eingeschoben und keiner der Jungs ging mehr ohne Security irgendwohin.

Die Polizei wäre dran, doch alleine an den fehlenden Fakten wäre dies eine Suche wie eine Nadel im Heuhaufen zu finden. Also schlichtweg zwecklos.

Sein Blick fiel zum Fenster, hinter welchem Vorhang langsam die Sonne aufging und es Mike nur so aus seinem Bett hievte, vielleicht einen Anhaltspunkt zu haben. So sprintete er ein Zimmer weiter, von einem der schwarzen Anzugträger begleitet und klopfte an der Tür zu Chester und Rob. Es müsste nicht einmal sechs Uhr am Morgen sein, aber Shinoda war es herzlich egal. Auch wenn seine Vision in späterer Folge ins Nichts führen wird, so haben sie es wenigstens versucht.

"Chester!", hämmerte er gegen die Tür, ihm gleichgültig, wen er noch aufwecken würde damit, worauf sein Spektakel durch das Öffnen der Tür von Rob beendet wurde. Dieser war sichtlich noch in der Traumwelt gefangen und gähnte einmal kräftig, bevor er seine Worte hervorbrachte.

"Er ist nur jeden zweiten Donnerstag erreichbar."

Mike schnaubte kurz verärgert und schob Bourdon unter dem Türrahmen zur Seite, um in das Zimmer zu gelangen und eigenhändig Bennington die Decke vom Körper zu reißen, was ihn eigentlich immer aus den Federn zwang. Es war die einzige und effektivste Methode die einen leicht bitteren Beigeschmack mit sich trug.

"Hey!", rief Bennington nun empört, als Mike die Bettdecke auf seinen Händen zusammengeknüllt hatte und Chester, wie Shinoda vorhin, aufrecht im Bett saß, "bist du jetzt vollkommen am Durchdrehen?"

"Chester, ich habe geträumt", stammelte Mike leicht überrascht hervor, da Chester ihm nicht mit dem nettesten Tonfall entgegengekommen war.

"Jeder träumt mal", schnaubte er leicht genervt und zog Shinoda die Decke aus den Händen, worauf er sie auf seinem Körper ausbreitete und genervt murmelte, "und jetzt lass mich schla..."

"Von Lucy", hatte Mike nun wieder eine starke Stimme gefasst und konnte erkennen, wie die Augen von Chester immer größer wurden, "sie ist bei Brad und braucht unsere Hilfe. Ich weiß wo sie sind. In meinem Kopf ist eine Adresse."

Während dieser indirekten Ansprache, der Aufruf, sich fertig zu machen, hat Chester seine Füße unter der blauen Decke hervorgezogen und war aufgestanden. Er war ein wenig überwältigt, von dem, was Mike gesagt hat. Wenn nicht verwundert über eine Adresse, die vielleicht auch belangslos und eingebildet sein könnte. Doch Bennington dachte genau wie Mike und es genügte nur ein kurzes Nicken, bevor beide liefen, um sich anzuziehen.

"Eigentlich hätte ich noch schlafen können", gähnte Chester kurz anmerkend, als sie mit Chris, einem der Sicherheitsleuten, vor der Polizeiwache warteten. Natürlich war um sieben Uhr noch niemand auf den Beinen, der sich dem Fall von Brad und Lucy angenommen hat. Und sie haben auch nicht mehr viel gesprochen. Jeder war mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. 

Mike drehte den Zettel immer wieder zwischen seinen Fingern, auf dem die Adresse aus seinem Gedächtnis stammte, damit er sie nicht vergessen konnte. In der Eile und Hektik.

keep running like the sky is falling × LINKIN PARK × b.delsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt