2. Kapitel | der Alltag

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Ich werde geweckt von einem hupenden Auto.
Eignetlich wusste ich, dass ich mir keine Wohnung mit Schlafzimmer an der Straße suchen sollte aber ich war damals eh so gut wie nie zu Hause. Ich laufe zum Fenster und ziehe die Gardine zur Seite und spüre die warmen Sonnenstrahlen auf meinem Gesicht. Ich schließe einen Moment die Augen. Ich versuchte diesen Positiven Moment zu speichern. Ihn zu verinnerlichen. Es fühlt sich an als würde ich die Sonnenstrahlen in mich aufsaugen. Dann öffne ich langsam meine Augen wieder und schaute aus dem Fenster. Ich sehe, dass sich ein Stau gebildet hatte. Es war jemand in ein parkendes Auto gefahren.
Vielleicht war er auch einer der Menschen die Nachts nicht schlafen konnten...
Was meint ihr? Wie vielen Leuten es so geht, dass sie nachts nicht schlafen können?
Vielleicht nicht, weil sie wie ich Angst vorm Träumen haben aber vielleicht weil sie nachts vor Liebeskummer wach liegen und sich in den Schlaf weinen oder weil sie zu viel Arbeiten bis in die Nacht oder weil in ihrem Leben so viel los ist, dass sie so viele Gedanken haben das sie nicht zur Ruhe kommen.
Ich ziehe mir meinen Morgenmantel über, laufe in die Küche und schalte die Kaffeemaschine ein. Mein Blick schweift zur Uhr, es ist 6:53 Uhr.
Ich nehme meinen Kaffee und setzte mich aufs Sofa und schalte den Fernseher ein. Ich achte nicht darauf was im Fernsehen läuft, dass tue ich nie nie. Mir ist es egal was ich überhaupt schaue, hauptsache ich habe etwas Ablenkung. So sitze ich nun da und trinke meinen Kaffee. Die Geräusche des Fernsehers nehme ich so gut wie gar nicht wahr so als würden die Stimmen aus der Nachbar Wohnung kommen. Nachdem ich den Kaffee ausgetrunken hatte gehe ich ins Schlafzimmer und öffne meinen Kleiderschrank und nehme mir etwas zum anziehen heraus.
Eine schon etwas ausgebleicht Jeans, eine dunkelgraue seiden Bluse und schwarze Spitzenunterwäsche. Ich laufe ins Bad, stelle das Wasser an und lasse die Wanne voll laufen. Ich laufe in den Flur und suche meine Zigaretten, die ich gestern irgendwo hin geworfen hatte als ich nach Hause kam. Ich fand sie schließlich auf der Flurkomode vor dem Spiegel. Ich nehme eine Zigarette aus der Schachtel und  zünde sie an. Ich inhaliere den Rauch in meine Lunge und es fühlt sich so an als würde für ein kleinen Moment der Stress von mir abfallen. Dann steige in die Wanne. Ich spüre das heiße Wasser an meiner Haut.
Das war der einzige Ort wo ich entspannen konnte und nicht über all das Nachdenken musste, was mir den Kopf zerbrach. Es fühle sich an als würde das Wasser meine Gedanken weg spülen. Ich schloß meine Augen und ließ sie ziehen.
Irgenwann schaute ich auf die Uhr. Es war schon 8:42 Uhr. Meine Haut war schon ganz schrumpelig und aufgeweicht und das Wasser mittlerweile kalt. Ich musste mich beeilen das ich nicht zu spät auf Arbeit kam. Also stieg ich aus der Wanne, zog mich an und machte mir noch einen Kaffe für unterwegs. Ich begann hektisch meine Autoschlüssel zu suchen die ich schließlich in meiner Manteltasche fand.
Zum Glück kam ich rechtzeitig zur Arbeit denn das war im Moment das einzige in meinem Leben was mir wirklich Spaß machte. Worin ich mich vertiefen konnte.
Ich warf meinen Kollegen ein Lächeln zu und setzte mich an meinen Schreibtisch.
Meine Kollegen gaben sich wirklich Mühe mich zu mögen. Wahrscheinlich merkten sie, dass mich irgendwas beschäftigte worüber ich aber mit ihnen niemals reden könnte.
Sie luden mich ein wenn sie nach der Arbeit noch einen Trinken oder etwas Essen gingen, doch ich nahm das Angebot meist nicht an. Wenn aber doch redete ich nicht viel mit ihnen und verabschiedete mich auch sehr schnell wieder, weshalb es mich verwunderte, dass sie mich immer wieder versuchten zu überzeugen mit zu kommen.
Ich schaltete den Rechner ein und begann mich in die Arbeit zu vertiefen.
Ich bemerkte wie die Zeit an mir vorbei flog. Wie ein Kollege nach dem anderen nach Hause ging und als ich auf die Uhr schaute war es schon 18:15 Uhr. Also packte ich mein Sachen zusammen und lief zum Auto.
Die Fahrt nach Hause dauerte doppelt so lang wie sonst, da sich ein Stau gebildet hatte. Als ich dann zu Hause ankam war es schon fast 8 Uhr.
Andere Leute freuten sich wenn sie Feierabend hatten aber ich nicht, denn sobald ich Zuhause war wusste ich nichts mit mir oder meiner Zeit anzufangen. Ich wusste nur das ich etwas unternehmen musste, damit die Gedanken nicht kommen.
So beschloss ich nochmal in die Bar um die Ecke zu gehen. Ich nahm meinen Mantel und die Schlüssel vom Haken und schloss hinter mir die Haustür ab. Ich war nicht gerne alleine zu Hause, denn es erinnerte mich immer an die Vergangenheit.
Ich setzte mich an die Bar und bestellte mir einen Gin Tonic und sah mich um.
Wie konnte es sein, dass man sich an so einem Ort wo so viele Menschen waren so alleine fühlen konnte?
Ich nippte an meinen Drink und holte mein Buch aus der Tasche und begann zu lesen.
Der Barkeeper stellte mir einen neuen Drink hin. Ich sah auf. Er lächelte mich an und zeigte zu einem Mann der ein paar Tische weiter saß. Ich lächelte zu ihm rüber.
Er war eigentlich ganz hübsch. Er hatte blondes kurzes Haar und blaue Augen soweit ich das erkennen konnte. Er erwiderte das lächeln und ich sah die Grübchen auf seiner Wange. Dann stand er auf und kam zu mir. Er setzte sich und aus irgendeinem Grund fühle es sich so an als würde ich ihn kennen. Er fühlte sich vertraut an. Er fragte ob ich alleine wäre oder auf jemanden warten würde. Ich musste schmunzeln bei dem Gedanken dass er mich für jemanden hielt der in einer Bar saß und auf seine Freundinen wartete. Ich bemerkte das er mich immer noch fragend ansah. Also sagte ich ihm das ich alleine bin. Wir kamen ins Gespräch. Es fühlte sich so vertraut an.
Er war sehr süß und charmant, doch ich konnte ihm nicht vertrauen. Ich konnte ihn nicht an mich ran lassen. Zu groß war die Angst er könnte sehen wer ich wirklich bin, wie kaputt ich war. Wir tranken noch ein paar Cocktails, bis ich mich verabschiedete. Er fragte nach meiner Nummer doch ich konnte ihn einfach nicht an mich ran lassen, so weit war ich noch nicht. Ich sagte ihm, das es mir leid tut, aber ich das nicht tun könnte.
Ich nahm meinen Mantel vom Stuhl und ging zur Tür. Bevor ich die Bar verließ drehte ich mich noch einmal um und warf ihm ein Lächeln zu. Danach machte ich mich auf den Weg nach Hause.
Mittlerweile war es schon kurz nach 3 und ich musste morgen wieder früh raus. Ich wusste das ich mir diese Ausrede zu  meinen Schutz einredete. Mir war klar das ich so bald nicht schlafen würde.
Zu Hause angekommen zog ich mir mein Nachthemd über, legte mich hin und schaltete den Fernseher ein.
Das selbe Programm wie jeden Abend und ich hatte noch immer nicht verstanden worum es ging. Das lag wahrscheinlich daran, dass ich mich nicht darauf  konzentrieren konnte. Ich zündete die Kerze auf dem Nachtschrank an und mein Blick schweifte durchs Zimmer.
Er blieb ab den Fotos hängen, die immernoch überall an den Wänden hingen. Die gestellten Fotos mit den ganzen mir fremd gewordenen Leuten, die ich früher meine Freunde nannte. Es sieht auf jeden Foto aus als wäre es ein toller Tag gewesen.
Vor dem Kino, auf dem Rummel, auf Partys, albernd auf dem Sofa...Doch jedes mal wenn ich die Bilder sehe weiß ich das dies kein schöner Tag war. Es fühlt sich alles so falsch, so gestellt an oder fing ich nun schon an mich nur an die schlechten Sachen zu erinnern? Ich wusste es nicht mehr.
Was habe ich euch allen getan, dass ihr mich nicht mal jetzt, wo ihr mich fallengelassen habt in Ruhe lassen könnt?
Mein Blick fällt auf Ihn...
Wir wollten noch so viel zusammen erleben. So viele Städte besuchen. Haben Pläne für eine gemeinsame Zukunft gehabt.
Paris, New York, London, Barcelona....
Er hatte mir immer wieder gesagt "Wir beide für den Rest unseres Lebens". Es hat sich damals so angefühlt als gebe es nichts was echter sein könnte. Nichts wo mehr Wahrheit drin stecken könnte als in diesem Satz. Doch das war die größte Lüge von allen.
Wird irgendwann jemand kommen, mit dem ich all das noch erleben werde?
Ich war so glücklich mit Ihm, doch auch er hat mich fallen lassen. Es fühlt sich auf einmal alles so falsch an. So als wäre mein ganzes Leben, alles was ich je für wichtig empfunden hatte nur eine große Lüge gewesen.
Ich stehe auf und fange an die Fotos abzunehmen. Ich ertrage es nicht mehr sie da hängen zu haben. Ich wollte es nie wahr haben, dass das alles nicht mehr Realität ist.
Mit jedem Foto das ich von der Wand reiße fühlt es sich an als würde ein Stück Last von mir abfallen, als würde ich mich ein Stück freier fühlen. Als hätten sie die ganze Zeit meinen Kopf und meine Gedanken gesteuert. So als hätte ich irgendwann eine Chance sie irgendwann zu vergessen. Ich merke wie ich immer müder werde und mir langsam die Augen zu fallen. Also nehme ich die Fotos und schmeiße sie in den Müll. Danach gehe ich schlafen.

Zerbrochen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt