14.All I Want - Kodaline

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Stockfinster war es geworden. Der Weg nur vom hellen Vollmond erhellt. Die paar einzelne Sterne, die am Himmelszelt standen, strahlten um die Wette. Der Wind blies mir um die Ohren und hinterließ eine Gänsehaut, die sich über meinen ganzen Körper zog. Meine Haare wirbelten herum, versperrten mir die Sicht. Die Atmosphäre wirkte fast schon gruselig. Ein Wunder, dass ich so ruhig blieb, aber ich war ja auch mit anderen Gedanken beschäftigt. Sie schwirrte mir im Kopf.

Mia.

Erleichtert atmete ich ein, die frische und kalte Luft machte mich hellwach. Ließ mich wieder klarer denken. Als würde der Wind meine Gedanken wegpusten, zerstreute sie über die vielen Gräber. 

Mit meinen nackten Knien ließ ich mich in den Dreck fallen. Gab mich meinen Gefühlen hin.

Dem Schmerz. Der Verzweiflung. Der Angst. Der Wut.

Ich schloss meine Augen. Atmete zittrig aus. Meine Fingerspitzen stoben durch die eiskalte und feuchte Erde. Ich spürte die intensive Nässe. Den Wiederstand. Ich schloss meine Faust und hob sie hoch sachte hoch. Langsam verrieb ich die feinen Körner zwischen meinen Fingern. Kaum hörbar, rieselten sie zu Boden.

Eine neue Welle des Schmerzes durchfuhr meinen Körper. Und trotzdem fühlte ich mich am ganzen Körper so unglaublich taub.

Schnappend atmete ich Luft ein, aber gefühlt erreichte keine bisschen Sauerstoff meine Lungen. 

Mit meiner Faust schlug ich auf dem Boden ein. Dort wo gerade noch der Sand runter gerieselt war. 

"Fuck!", stieß ich aus. 

Ein Schluchzen entwich meinen Lippen und erfüllte die Stille. Diese furchtbare Stille. Die nur noch mehr Benzin ins Feuer kippte. Das Feuer, welches schon lichterloh brannte. Und welches mich vielleicht irgendwann ins Grab brachte.

Wieder überkam mich eine Welle des Schmerzes. Das unfassbare starke Brennen in der Brust, dass sich überall verteilte, in meinem ganzen Körper. 

Mia.

"Ich hätte mehr für dich da sein sollen", stieß ich aus ,"Viel, viel mehr. Ooooh Mia. Mia."

Steiß blickte ich wieder auf ihren Grabstein.

Sie war viel zu jung um schon einen Grabstein zu haben. Sie war viel zu jung um von uns zu gehen, um zu sterben.

"Wieso war ich deine Freundin, deine beste Freundin?! Ich weiß immer noch nicht, wie ich das verdient hatte, habe. Du hast was besseres verdient"

Ich fühlte mich schlecht. Mir war schlecht. Und ich weiß auch, dass das total dämlich sein mag, wie ichoch benahm, aber ich hab es ihr doch versprochen oder nicht? Verprochen für sie da zu sein und sie nicht zu vergessen. Aber ich weiß nicht mal mehr, wann ich das letzte mal an ihrem Grab war.

Ich blickte hoch und einmal über das kleine Stückchen Beet. Blumen waren darauf verteilt, frische wie auch verwelkte, und vereinzelt standen Kerzen, die abgebrannt waren.

Tränen tropften auf dem Boden, wieder schluchzte ich auf.

Und plötzlich legte sich eine warme Hand auf meine Schulter und drückte einmal zu. Evan. Mit dieser Geste versuchte er mich zu trösten und mitzuteilen, dass ich nicht alleine war. Er hatte nämlich versucht mich zu beruhigen. Seit er mich in der Umkleide gefunden hatte. Aber egal was er versuchte, es brachte nichts. Irgendwann war es ihm wohl zu viel gewesen, denn er hob mich einfach hoch und trug mich zu seinem Wagen. Und wir landeten hier.

"Kätzchen", murmelte er leise und gequält,"Auch wenn du vielleicht enttäuscht von dir selber bist. Bin ich mir hundertprozentig sicher, dass Mia es nicht ist. Ich denke, sie ist eher stolz auf dich, dass du so stark bist und dich nicht dem Schmerz hingibst, denn das ist das allerletzte was sie wollte. Sie wollte nicht, dass wir unser Leben hinschmeißen. Und falls du denkst, dass ich von dir enttäuscht bin, will ich dir sagen, dass ich alles andere bin als enttäuscht. Denn ich sehe vor mir die stärkste Frau die ich kenne."

Ungläubig schnaubte ich.

Auch er kniete sich jetzt hin, direkt neben mir. Ein Finger legte er an meiner. Kinn und drehte es in meinen Richtung. Seine grauen Augen bohrten sich ernst in meine. Sie glitzerten wunderschön.

"Das meine ich hundertprozentig Ernst! Jedes einzelne Wort!", sagte fest. Und es blieb kein Zweifel, dass er jedes Wort ernst meinte.

"Aber ich habe sie vergessen. Ich weiß nicht mehr wann ich das letzte Mal hier war.", flüsterte ich.

Sein Blick wurde weich und er zog mich zu sich und an seine Brust. Meine Gänsehaut verschwand und ich taute langsam wieder auf, ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich so gefriert hatte.

"Amber, du hast sie nicht vergessen. Nur weil du nicht die ganze Zeit geweint hast oder an sie gedacht hast, heißt das noch lange nicht, dass du sie vergessen hast oder dass du eine schlechte Freundin wärst. Und du musst auch nicht jede Woche hier hin kommen um sie on Ehren zu halten", flüsterte er genauso leise wie ich ,"Mia wollte nur nicht, dass wir nie an sie denken. Aber genauso wenig wollte sie, dass wir nur weinen. Das ist genau das wovor sie Angst hatte."

Er drückte mich noch fester an ihn und vergrub seine Nase in meinen Haaren.

"Ich vermisse sie"

Evan seufzte tief. Drückte fest meine Schulter.

"Ich auch", sagte er leise ,"ich auch"

10.09.2017 11:44 784 Wörter

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