1. Ein Dämon kommt selten allein

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Die Musik summte laut in den Ohren aller Feiernden. Der Bass donnerte förmlich. Und überall bewegten sich verschwitzte Körper, egal ob Mann oder Frau, in ihren besten Outfits zum Rhythmus und Takt der Musik.
Ich war nur aus Langeweile einer Einladung gefolgt und hatte mir enttäuschender Weise mehr vorgestellt. Nur flackernde Lichter, kaum gute Musik und viel zu viele Leute, die mehr von sich hielten, als es gesund für sie war.
Selbst die Drinks waren nicht gerade Spitze. Den ganzen Abend musste ich nur ein paar einsamen Männern ein süßes Lächeln und ein paar Blicke schenken und schon war ich durch die Nacht hindurch mit Drinks versorgt.
Nach dem letzten Drink, Jack Daniels, pur, ohne Eis, beschloss ich dass es Zeit war zu gehen. Der Barkeeper sah leicht überrascht aus, als ich das erste Mal wieder auf meinen High Heels stand.
"Du gehst schon? Die Nacht ist doch noch jung."
Seine Stimme war laut, fast an der Grenze zum Schreien, aber sonst wäre er wohl kaum gegen die laute Musik angekommen.
Ich schenkte ihm ein Lachen.
"Du hast nur Angst, dass jetzt weniger Drinks bezahlt werden, wenn ich weg bin. Aber ja... die Nacht ist noch jung."
Langsam nahm ich meine kleine schwarze Tasche und richtete den Stoff meines Kleides, als plötzlich ein Mann hinter mich trat.
"Die Nacht ist in der Tat zu jung, um hier zu versauern. Ich könnte dich an einen viel besseren Ort bringen, Interesse?"
Als ich mich umdrehte, sah ich einen großen, gut gebauten Mann mit hellen Haaren und dunklen Augen.
Eigentlich hatte er blaue Augen, aber das er ein Dämon war, versteckte er nicht allzu sehr, doch gut genug, dass Jemand ohne Ahnung darauf reinfallen könnte.
Obwohl ich wusste was er war, obwohl ich wusste was da draußen passieren würde, was er vor hatte, spielte ich die Unwissende und reichte ihm meine Hand.
"Natürlich.", antwortete ich und ging mit ihm, ließ mich von ihm nach draußen führen.
Hinter uns an der Bar wurde gerade Bier bestellt. Überall tanzten, schwitzen oder redeten Leute. Normalerweise wäre das hier genau die Art von Party, die ich gern besuchte, hätte ich nicht gewusst, dass mindestens zwanzig Dämonen unter den Gästen waren.
Durch einen Hinterausgang, eine kleine Tür an der Seite, die zu einer dunklen Gasse führte, verließen wir die Tanzmeile.
Je weiter wir nach draußen gekommen waren, desto weniger Leute waren zu sehen gewesen. Bis zum Schluss, dann hier draußen niemand mehr war, der hätte zusehen können.
Mein dämonischer Begleiter mit dem Namen Harry verhielt sich bis jetzt wie ein richtiger Gentleman. Schade, dass er es auf mich abgesehen hatte.
Wir hätten Freunde werden können.
Eh ich mich versah, wurde ich in der Dunkelheit auch schon an eine Wand gedrückt.
Harry, oder eher der Dämon in ihm, schien sich nun nicht mehr zu scheuen seine aus der Hölle stammende Seite offen zu zeigen. Seine Augen waren nun komplett schwarz und sein Lächeln war nicht mehr freundlich, sondern bedrohlich.
Er drohte mir nun auch offen.
"Es war eine nette Unterhaltung mit dir, Jayde. Aber du weißt, ich muss das hier jetzt leider beenden."
Woher zur Hölle wusste er meinen Namen? Ich hatte mich ewig nicht mehr mit Dämonen abgegeben. Ich dachte er hatte sich nur zufällig ein Opfer ausgesucht.
Irgendetwas stimmte hier nicht.
"Noch irgendwelche letzten Worte, Jayde?"
Sein Gesicht kam meinem viel zu nahe. Ich spürte den höllisch warmen Atem auf meiner Haut. Der Griff des Dämons wurde stärker, schmerzhafter. Die Finger seiner Hülle bohrten sich in meine Oberarme und das Fleisch darunter. Alles führte zu einem kurzen Aufschreien und nachgeben unter den Schmerzen, bevor es mir gelang, mich wieder zu fangen.
Ich sah direkt in die schwarzen Augen und dachte daran wie ich den Dreckskerl wieder zurück in die Hölle schicken würde.
Ein verschlagenes Lächeln zog sich über meine Lippen.
"Ja, einige letzte Worte habe ich da noch.
Exorcizamus te, omnis immundus spiritus,
omnis satanica potestas, omnis incursio infernalis adversarii..."
Die Worte brachte ich so schnell hervor, wie es mir möglich war und sie blieben nicht ohne Einfluss.
Der Dämon wich zurück.
"Woher kennst du meinen Namen?!"
Er lachte nur.
"Das wüsstest du wohl gerne."
Ich sah ihn verächtlich an und fuhr mit der Formel fort, so das es ihn zu Boden zog.
"... omnis legio, omnis congregatio et secta diabolica.
Ergo, draco maledicte ecclesiam tuam."
Er wand sich vor Schmerz. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich hätte es nicht genossen.
Doch dann schrie er auf.
"Warte, warte! Ich sag es dir!"
Ich stoppte einen Moment.
"Und? Ich höre?"
"In der Hölle... Du wirst gesucht. Man bietet viel für deinen Kopf."
"Wer will meinen Kopf?"
"Irgendwer... Keine Ahnung."
Das ergab keinen Sinn. Ich war keine Jägerin. Ich hatte mich mit keinem dieser Drecksäcke angelegt oder einen Deal mit ihnen gemacht.
"Du lügst.", antwortete ich letztendlich. Ich hatte zu lang überlegt und das hatte Harry gesehen.
"Du weißt, das es stimmt, Jayde Carter..."
Er hatte sein Urteil unterschrieben, ab jetzt war es mir auch egal.
"Secura tibi facias libertate servire, te rogamus, audi nos."
Ich genoss diesen Anblick. Der schwarze Rauch, der Dämon, verließ schreiend seine Hülle und wurde wieder zurück in die Hölle geschickt.
Es war befriedigend.
Normalerweise hatte ich kein Problem mit Dämonen, im Gegenteil, ich interessierte mich für sie. Wenn sie mir allerdings über den Weg liefen, konnte ich sie ja auch zurück in die Hölle schicken, zumindest wenn sie etwas taten was mir einen Grund dafür gab, wie zum Beispiel Menschen töten.
Irgendwie blieben mir diese Worte im Gedächtnis. Er hatte hatte behauptet, dass in der Hölle ein Kopfgeld auf mich aufgesetzt wurde. Das hieß nichts Gutes. Definitiv nicht.
Aber wer wusste schon, ob das stimmte? Harry hätte ja auch lügen können. Einem Dämon sollte man ja schließlich nicht unbedingt trauen.
Ich zupfte mir das Kleid wieder zurecht, richtete meine Haare und hob meine Tasche auf. Normalerweise hätte ich meine Waffe genommen, aber warum auch immer hatte ich sie dieses Mal fallen lassen...
Das Nächste, was wichtig war, war es erst einmal aus dieser arschdunklen Gasse zu entkommen ohne von irgendjemandem mit dem leblosen Körper gesehen zu werden.
Doch gerade als ich mich geordnet hatte und verschwinden wollte, öffnete sich die graue Hintertür erneut.
Einige Männer, sechs an der Zahl und zwei Frauen in ähnlichen Partykleidern wie meinem, traten nach draußen. Alle samt waren bessessen. Die Dämonen bemühten sich nicht mal das, was sie waren zu verstecken. Das Schwarz schimmerte förmlich aus den Augenhöhlen.
Die Tatsache, dass sie Dämonen waren, beunruhigte mich nicht so sehr. Mehr Sorgen bereitete es mir, dass ich gerade einen von ihnen ausgetrieben hatte und sie mich einkreisten.
Plötzlich schien mir das, was Harry gesagt hatte nicht mehr ganz so falsch. Einer der Dämonen, vermutlich der Führer dieser 'Bande', sprach zu in einer bedrohlich, tiefen Stimme. Diese absolute Entspanntheit, während man eine Drohung aussprach... Das hatte ich bis jetzt nur bei Dämonen erlebt.
"Sieh an, Jayde Carter. Es ist selbst in der Hölle bekannt, dass du mit Dämonen umzugehen weißt. Aber mal sehen, wie du es mit mehren gleichzeitig aufnimmst."
Gelächter breitete sich in der Runde der Dämonen aus. Sie machten sich bereit mich anzugreifen.
Ich hielt die Tasche hinter meinem Rücken und zog langsam die Waffe hervor, während ich einige Schritte zurück wich, bis ich nicht mehr weiter zurück konnte.
Die Situation war nicht wirklich die beste. Es war schon fast aussichtslos.
Ich drückte relativ schnell ab und durchlöcherte mehrere von ihnen. Unglücklicherweise hatte das Ganze nicht wirklich einen Effekt. Sie lachten über die durch Silberkugeln entstandenen Einschusslöcher in ihren Hüllen, aus denen das rote Blut nur so strömte.
Ich wollte gerade die Exorzismusformel erneut aufsagen, als die Dämonen stehen bleiben. Sie konnten sich anscheinend nicht weiter bewegen. Ihre Körper zuckten. Panik und Überraschung stieg in ihre Gesichter. Ich verstand nicht ganz was hier vor sich ging. So etwas habe ich noch nie gesehen. Es machte mir einfach Angst.
Die Hüllen der Dämonen bebten immer heftiger, als könnten sie ihre höllischen Parasiten nicht mehr in sich halten. Plötzlich spucken sie alle schwarzen Dämonen Rauch, dann gingen die Menschen zu Boden.
Ich beobachtete noch, wie die Verdammten wieder zurück in die dunkle Folterkammer namens Hölle geschickt worden, bevor ich im Hintergrund die Schatten zweier Männer erkannte.
Beide waren groß. Beide hatten braune Haare und annähernd ähnliche Gesichtszüge.
"Ist alles in Ordnung bei dir?", fragte der etwas Kleinere laut und lief mit zügigem Schritt auf mich zu.
Der Andere sah sich die am Boden liegenden Körper an, die bis vor einigen Augenblicken noch Dämonen als Hüllen dienten.
"Ja... Ich schätze es ist alles okay... Wer seid ihr?"
"Ich bin Dean, das ist mein Bruder Sam. Wir sind Jäger. Wir jagen solche Dinge. Das was dich da gerade angegriffen hat waren..."
"Dämonen. Ja, ich weis.", erwiderte ich, dabei machte sich ein leichtes Schwindelgefühl in mir breit. Mir wurde richtig schlecht. Um nicht umzukippen, musste ich mich an der Wand abstützen. Dean sah erst überrascht, dann besorgt aus und versuchte ebenfalls mich am Umfallen zu hindern. Er und sein Bruder schienen nicht oft auf Leute zu treffen, die über Dämonen Bescheid wussten.
"Dean.", rief Sam. "Sieh dir das mal an."
Der Blick seines Bruders ging erst zu mir und dann zu den Körpern. Sam ging von der Hocke wieder in den Stand, so dass er Dean einige Zentimeter überragte.
Mein Kopf drehte sich, mir war unglaublich übel und ich konnte mich kaum noch auf den Beinen halten, trotzdem bekam ich das fast geflüsterte Gespräch der Beiden zumindest teilweise mit.
"Dean, das waren Silberkugeln. Die Schüsse haben direkt ins Herz getroffen. Sie ist geübt. Vielleicht eine Jägerin.", machte Sam seinen Bruder auf die Schusswunden und meine Fähigkeiten aufmerksam.
Dean wurde relativ erzürnt über Sams Misstrauen.
"Und was jetzt? Ihr geht es nicht gut! Und die Dämonen haben es auf sie abgesehen! Wir können sie unmöglich allein lassen!"
"Dean-"
Mein Kopf drehte sich immer schlimmer, ich konnte mich nicht mehr auf den Beinen halten. Mehr von dem Gespräch bekam ich nicht mehr mit.
Mir wurde schwarz vor Augen und ich verlor langsam das Bewusstsein, bevor ich zu Boden ging.

Himmel und Hölle - Supernatural Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt