10. Fokus

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Dean ging zuerst einmal zu seinem  Wagen, um den Schaden zu begutachten. Er schlug die Hände über dem Kopf zusammen.
"Oh Baby, was haben die nur mit dir gemacht?", fragte er seinen Impala, als würde er mit seinem Kind reden. Dieses Auto bedeutete ihm unglaublich viel, das hatte er mir auch schon erklärt, als er und ich zusammen getrunken hatten. Aber jetzt merkte ich erst einmal, wie viel es ihm bedeutete.
"Geht es euch beiden gut?"
Meine Stimme war voller Sorge und irgendwie auch noch voller Panik.
"Ja, es geht. Wir haben schon mehr einstecken müssen."
Sam richtete sich langsam auf und blickte dabei noch kurz auf die leblosen Körper.
Keine Regung kam von den ehemaligen Hüllen der Dämonen.
"Das war knapp...", stellte er fest.
"Zu knapp."
Dean kam zu uns. Seine Augen waren entschlossen und dennoch war klar erkennbar, wie es in dem Kopf ratterte, als er darüber nachdachte, was hier vor sich ging.
"Das waren mehr als ich gedacht hatte."
Dean ergänzte mich, während er mehrfach tief durchatmete.
"Sie waren auch stärker, als sie aussahen. Gerade der da..."
Mit dem Zeigefinger deutete er auf einen der mit Anzug bekleideten Dämonen, einen sehr großen Mann. Ich hatte gesehen, wie Dean mit ihm zu kämpfen hatte, wie schwer es für ihn gewesen war ihn wieder zurück in das brennende Jenseits zu befördern.
"Deine Idee mit dem Weihwasser war aber echt gut, Jayde..."
"Danke."
"Auch wenn ich dir wehtun muss, weil du meinen Wagen wehgetan hast."
Deans Liebe zu seinem Auto, trieb mir ein ehrliches Lächeln auf die Lippen. Es war süß. Er war süß. Ich verspürte plötzlich so eine Art Stolz darüber meinen Brüdern, meinen deutlich erfahreneren, älteren Brüdern, den Arsch gerettet zu haben. Vielleicht würde es jetzt besser. Der anfängliche Schock über die Verwandtschaft war wohl durch den des Dämonenbesuchs überschattet worden. Vielleicht hatte er sich aber auch einfach nur gelegt.
Sam und Dean sahen sich um. Irgendwie schliefen ihnen die Gesichter ein.
"Wo ist Bobby?"
"Drinnen, schätze ich."
Beide spannten sich an, was sich in ihrer Körperhaltung und auch in ihren Stimmen niederschlug.
"Denkst du das Selbe wie ich, Sam?"
"Er hätte die Schüsse gehört. Er hätte uns geholfen..."
Damit hatte ich nicht gerechnet. Daran hatte ich auch überhaupt nicht gedacht. Und plötzlich wurde mir klar, dass sie Recht hatten. Bobby wäre der Letzte, der uns nicht helfen würde, schon gar nicht in dieser Situation. Dämonen waren sein Fachgebiet!
Als ob wir es abgesprochen hätten, rannten wir alle gleichzeitig zum Haus. Einen solchen Sprint hatte ich schon lange nicht mehr hingelegt und schon gar nicht in einer solchen Kälte. Obwohl Ich nicht zwingend langsam war, hatte ich ordentlich zu tun mit ihnen Schritt zu halten. Beide waren deutlich größer als ich und hatten dementsprechend längere Beine. Ein Schritt von ihnen waren vielleicht drei von meinen.
Der Kies machte knirschende Laute unter den Schuhen. Ich konnte nur erkennen wie in der Dunkelheit einige der kleinen Steinchen durch die Luft flogen.
Kaum hatten wir endlich die verblichene blau-graue Tür des Hauses erreicht, trat Dean dagegen. Sie schnellte herum und krachte gegen die nächste Wand.
Sam sah seinen Bruder genervt an.
"Musste das sein?"
"Angewohnheit."
Sam wollte gerade zu seinem viel zu stolzen Bruder etwas erwidern, als ich ihn unterbrach. Er kam nur zum Luftholen.
"Jungs, Fokus!"
"Ja, äh... Richtig!"
Wir rannten in das Wohnzimmer, wo wir Bobby auch schon bewusstlos auf dem Boden liegen sahen.
"Bobby!", riefen wir alle im Chor.
Dean und ich knieten uns zu dem alten, auf dem Rücken liegenden Mann. Sam suchte die Umgebung ab, falls sich irgendwas oder irgendwer noch hier versteckte.
Das erste was ich tat, war den Puls zu überprüfen und zu sehen ob er noch atmet. Dean neben mir war unglaublich nervös. Ich sah ihn nur kurz an, aber wenn ich eines merkte, dann war es: wenn es um ihren Ziehvater ging, verstanden beide Winchesters keinen Spaß. Er war Familie für sie.
"Komm schon, Bobby.", murmelte Dean neben mir.
Bobby atmete. Zwar schwach, aber er tat es. Sein Puls war niedrig.
"Er lebt, aber ich glaube er braucht einen Arzt."
An seinem Körper gab es keine offensichtlichen Verletzungen. Entweder hat er einfach nur zeitig das Bewusstsein verloren oder... er war besessen.
Ich hörte Sams dumpfe Schritte auf dem Teppichboden.
"Die Luft scheint rein zu sein."
"Okay. Gut. Du und Jayde bleibt hier bei Bobby. Ich hole den Impala."
Dean ging schnellen Schrittes in Richtung der Tür, wurde allerdings von Sam aufgehalten.
"Das kann nicht dein Ernst sein! Da Draußen wimmelt es nur so vor Dämonen! Du gehst dort definitiv nicht raus."
"Sam, Bobby braucht einen Arzt! Wir müssen ihn ins Krankenhaus bringen!"
Ich lauschte wie die beiden sich vor der Tür stritten, während ich mich um Bobby kümmerte. Seinen Kopf hochlegte und so...
Plötzlich hörte ich Geräusche, Schritte, Schläge und dann auch Geschrei und Kampflaute. Ehe ich mich allerdings versah oder ihnen helfen konnte, hatte ich eine Hand auf dem Mund und wurde nach hinten geschliffen.
Ich versuchte mich zu wehren, um mich zu schlagen, zu treten, aber es brachte nichts.
Sam und Dean wurden im selben Moment in den Raum geführt. Ihnen wurden ihre eigenen Pistolen an die Schläfen gedrückt.
"Ihr wart ja schwer zu fangen, meine Lieben. Aber jetzt ist Schluss mit den Spielchen.", lachte die eine Frau.
Sie hatte braune, gewellte Haare, eine Brille mit schwarzen Rahmen und war relativ schlank. Vielleicht wäre sie auch relativ hübsch, zumindest wenn sie kein Dämonenmiststück wäre.
In ihren Händen hielt sie ein Messer. Sie bohrte sich den Stahl spielerisch in den Finger, als ob es nichts wäre. Nicht mal das Blut störte sie!
"Also, Jayde... Hast Du schonmal über deine Familie nachgedacht?", fragte sie arrogant und Schnitt mir mit der silbern glänzenden Klinge einmal über die Brust. Ich gab ein Wimmern von mir, welches durch die Hand auf meinem Mund gedämpft wurde. Blut trat aus der Schnittstelle aus.
Ich warf ihr nur meinen finstersten Blick zu.
"Oh, bist du nicht so gesprächig, Jayde? Sonst hast du ja immer so eine große Klappe... Hat Crowley sie dir etwa weggenommen?"
"Was willst du eigentlich, Miststück?!", rief Dean.
"Lasst es mich einfach so erklären: eure süße kleine Schwester hier, steht  allen Dämonen zur freien Verfügung, die sich an euch Winchesterbrüdern rächen wollten. Oder auch einfach für alle die, denen langweilig ist. Derjenige, der sie in die Hölle schickt, bekommt einen Sonderpreis. Aufregend nicht?"
Ich wusste, dass etwas daran nicht stimmte. Crowley hatte mir eine andere Vermutung mitgeteilt...
"Du hast sie ja nicht mehr alle!"
"Ach wirklich, findet ihr? Dann passt mal auf was ich mit ihr mache und urteilt danach!"
Sie wollte gerade mit dem Messer auf mich einstechen. Ich schloss panisch die Augen und drehte den Kopf zur Seite. Dabei rief ich einen Name.
Es dauerte zu lange. Ich spürte keinen Stich, keinen Schmerz. Alles was zu hören war, war ein schweres Luftholen. Als ich die Augen öffnete, sah ich wie das Innere des Dämons blitzte und sie mit weit geöffneten Augen da stand. Sie fiel um und ich sah, was ich erwartet hatte.
"Hallo, Darling. Hallo, Jungs."
Crowley hatte die Tussi mit dem Dämonenmesser erstochen. Er stand da, voller Arroganz. Es war genau das Bild, dass ich erwartet hatte und auch noch genau so wie ich es vor meinem inneren Auge vorhergesehen hatte.
Im nächsten Moment verschwanden einige Dämonen. Ich sah nur wie Crowley kurz verschwand, meine Brüder sich losrissen und dann spürte  ich plötzlich wie sich der Griff um meine Hände lockerte.
Crowley hatte den Kerl, der mich festgehalten hatte, ebenfalls erstochen. Er gab mir das Dämonenmesser mit einem verschlagenen Lächeln und ebenso verschlagenen Worten.
"Hier Darling, du brauchst es mehr als ich. Und verlier' es nicht."
Dean und Sam kämpften gegen die Höllenkerle an. Immer wieder schlugen sie aufeinander ein und auch einige Schüsse lösten sich.
Gerade als sie einige der Dreckskerle besiegt hatten, kamen wieder Neue nach.
Dean und Sam kümmerten sich um die, die durch die Vordertür kamen. Aber im nächsten Moment kamen auch einige durch die Hintertür, auf der anderen Seite der Küche.
Was hatte ich für eine Wahl?
Ich nahm das Messer und nutzte meine Jägerkenntnisse. Mit einigen geschickten Stichen erledigte ich einen der Dämonen, im nächsten Moment kam aber ein neuer, stärkerer nach. Er schlug mir fast die Waffe aus der Hand, aber ich konnte sie gerade noch festhalten, auch wenn ich dafür so einiges an Tritten und Schlägen einstecken musste.
Der Kerl und ich kämpften einige Zeit. Es war brutal. Er war kein leichter Gegner. Aber in einer günstigen Sekunde gelang es mir, ihm das Messer in den Rücken zu jagen. Er starb unter Schmerzen.
Crowley dagegen saß auf Bobbys Tisch und klatschte.
"Das erste Mitglied der Winchester Familie, dass seine Waffe nicht bei jeder Kleinigkeit fallen lässt. Ich bin beeindruckt.", lachte er.
Ich hörte nur ein Schnippsen und dann verschwanden alle Dämonen. Das hätte er nicht schon eher tun können?
"Jetzt? Ist das dein verdammter Ernst?!", war Deans liebliche Stimme voller Wut zu hören.
"Du solltest mir lieber Dankbar sein, Dean, aber jetzt erstmal..."
Ich hörte ein Schnippsen und das nächste was ich sah war helles Licht.

Himmel und Hölle - Supernatural Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt