14. Jäger ohne Gewehr

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Wir fuhren die ganze Nacht, bis wir an der besagten Stadt ankamen.
Das weiße Schild in der Morgendämmerung sagte den Name der Stadt, 'Cripple Creek'.
Es gab hier so ziemlich nichts außer Häusern, Menschen und wie Dean mehrfach betonte ein Kasino.
Was ich so richtig davon halten sollte, wusste ich nicht. Es war vor allem schwer sich zu konzentrieren, wenn einem der ganze Oberkörper schmerzte. Dean hatte ordentlich zugeschlagen. Wir mussten sogar an einer Tankstelle halten um Eis für die blauen Flecke zu holen.
Die letzte halbe Stunde hatte ich dann damit zugebracht die blauen Stellen an meinem Körper mit Make up abzudecken und dannach auch noch ein paar von Deans roten Stellen und Blutergüssen. Diese Prügelei hatte zwar deutliche Spuren hinterlassen, aber sie war einfach einmal nötig gewesen.
In der Stadt suchten wir uns zuerst ein Hotel. Wenn es nach meinen Brüdern gegangen wäre, wären wir auch in einem Motel untergekommen und ich hätte auch bei beiden mit in einem Zimmer schlafen sollen. Tja, da hatten sie die Rechnung eben ohne mich gemacht...
"Jayde, ich finde das nicht gut. Du solltest nicht allein sein. Nicht jetzt...", erklärte Sam, während wir unsere Taschen über den Gang zogen.
"Sam, ich bin direkt nebenan. Das wird doch langsam albern! Ich bin keine 12 mehr... Und noch was, denkt ihr ernsthaft, ich möchte mit euch in einem Zimmer schlafen? Nein danke. Ihr beiden schnarcht. Da bin ich mir sicher!"
"Zu deiner Information, Sam ist der, der schnarcht."
Er zeigte nur kurz über die Schulter mit dem Finger auf seinen Bruder, bevor er die Tür zum Zimmer öffnete.
Ich trat ebenfalls in mein Zimmer ein.  Es war altmodisch, merkwürdig und irgendwie so gar nicht wie das, was ich sonst gewohnt war. Normalerweise bevorzugte ich etwas... Schickeres.
Naja, gut. Man soll sich ja nicht beklagen. Außerdem sollte ich nicht weiter rummeckern, sonst würde Dean mich nur wieder zu Boden reißen.
Jedenfalls durfte ich mich etwas einleben, dann ging es auch schon los. Wir würden uns als FBI Agenten ausgeben, deswegen musste ich mich auch entsprechend so anziehen.
Ich stand drüben bei Sam und Dean im Zimmer. Und was hatte ich an? Meine relativ schicke schwarze Jeggings, meine schwarz weiße Bluse, einen Mantel und dazu passend, auch wenn meine Brüder das eher anders sahen, meine schwarzen Overknees an.
Dean arbeite gerade noch an einem gefälschten FBI Ausweis für mich.
"Wie alt warst du nochmal?", fragte Dean als wäre es das normalste auf der Welt.
"21! Das habe ich dir aber schon mal gesagt!"
Sam hielt einen anderen Ausweis in der Hand.
"Ach wirklich? Laut deinem Personalausweis bist du erst 20."
"Du kannst mich mal, Sam. Und ich bin 20 einhalb, also rund 21."
Dean lachte und selbst Sam musste grinsen.
Sam musterte mich mit strengem Blick und räusperte sich. Dean sah mich entsprechend auch an.
"Jayde, ist das dein Ernst? Wir machen einen auf FBI Agent und nicht auf Feiern gehen und Party."
"Hey, wäre es eine Party hätte ich definitiv was Kürzeres an."
Dean reichte mir den Ausweis. Er war relativ professionell gemacht, kaum von einem Echten zu unterscheiden. Tja, es waren anscheinend die Gene. John Winchester, mein Vater, hatte mir auch mal gezeigt, wie man das macht. So habe ich mir damals auch meinen falschen Ausweis gebastelt. Er hatte zwar nicht ansatzweise diese Qualität, aber er hatte ausgereicht um mich in bestimmte Clubs rein zu bringen.
Dean stand auf und packte seine Schere und den Rest weg, während ich noch den Falschen Ausweis begutachte, stieß er mit dem Fuß gegen meine Stiefel.
"Die sind zu auffällig. Zieh dir andere an."
"Nein, Dean. Ich mag die Schuhe, sie bleiben wo sie sind. Verstanden?"
"Okay. Wie du meinst..."
Wenn sie wüssten wie viele Drinks mir diese Schuhe schon verschafft hatten. Sie brachten Glück und wenn ich mit den Beiden unterwegs war, würde ich genau das brauchen.
Sam legte die Schere vor mich auf den Tisch.
"Was soll das jetzt?"
Die beiden standen wie eine massive, große Wand vor mir. Beide trugen Anzüge und standen mit verschränkten Armen da.
"Deine Haare."
"Sie sind wie eine Neonreklame und machen Dämonen auf dich aufmerksam. Du musst sie abschneiden.", erklärte Sam.
Ich hielt eine der schwarz-roten Strähnen aus meinem Pferdeschwanz in der Hand und drehte sie um meinen Finger.
"Oh Nein! Nein! Nein! Nein! Wenn sich hier Jemand die Haare abschneiden sollte, dann bist das ja wohl du!"
Dean wog seinen Kopf einmal nach links und dann nach rechts.
"Wo sie recht hat, Sammy... Trotzdem du zuerst."
"Vergiss es Dean! Ich mache das nicht! Ich werde sie mir nicht anders färben und schon gar nicht abschneiden."
Wütend stapfte ich zur Tür und eh ich mich versah hatten sich die beiden auf mich gestürzt. Wir rangen schon wieder miteinander. Sam und Dean versuchten mir die Haare abzuschneiden.
"Jayde! Hör auf zu schreien! Und hält still! Sonst wird es kürzer als wir beide das wollen!"
"Nein! Hört auf!"
"Was willst du tun? Nach Crowley rufen?"
Im nächsten Moment bekamen sowohl Sam, als auch Dean einen Schlag auf den Hinterkopf.
Crowley stand da, wie immer in seinem schwarzen Anzug, mit einem Kerzenständer bewaffnet.
"Hallo Jungs, Darling."
Beide Brüder sahen wütend zu ihm hoch.
"Sag mal hackt es bei dir, Crowley?!"
"Was wollt ihr denn? Mit euch habe ich keinen Deal gemacht. Außerdem hasse ich es, wenn Vandalen wie ihr so etwas Schönes zerstören wollt.", erklärte er meinen Brüdern, während er mir hoch half.
"Also nicht, dass es dich hässlicher machen würde, Jayde. Ich meine nur..."
"Ja ja. Ich weiß was du sagen willst."
Crowley lächelte verschlagen.
Sam zog sich langsam an einem der Schränke wieder auf die Beine. Dean hielt sich immer noch den Hinterkopf. Er sah mehrfach auf seine Hand, ob da vielleicht Blut war.
"Hätten wir es dann, meine Herren? Wenn du mich brauchst, Darling, dann brauchst du nur nach mir zu rufen. Ach übrigens, das hier gehört dir."
Er zog mein Handy aus der Innentasche seines Anzugjacketts und überreichte es mir. Crowley verhielt sich natürlich als wäre er der Held, der es mir zurückgibt. Wüsste ich nicht, dass er es mir gestohlen hätte, dann würde ich ihm das vielleicht sogar abkaufen...
"Vielen Dank, Crowley. Also... dass du es zurück gibst."
"Immer wieder gern, Darling. Ruf mich einfach, wenn du mich brauchst oder dich nach mir sehnst. Und übrigens..."
Sein Blick ging an mir nach unten.
"Die Stiefel runden dein Outfit ab. Sie sind sexy.", ergänzte er mit einer reizvollen Stimme.
Und wiedermal waren die letzten Worte des Dämons nicht wirklich frei von sexuellen Anspielungen.
Im nächsten Moment zog er sich dann aber doch wieder zurück, zumindest bevor Dean ihm eins mit der Lampe überziehen konnte.
"Verdammter Dreckskerl!", entwich Dean ein Fluch.
"Was denn? Er hat mich nur verteidigt."
Beide Winchesterbrüder waren nicht wirklich begeistert. Sie konnten sich zwar langsam mit der Tatsache abfinden, dass ich von einem Dämon beschützt wurde, aber so richtig anfreunden konnten sie sich mit Crowley nicht. Vielleicht war es der brüderliche Schutzinstinkt der Beiden. Sie wollten sie mich vielleicht auch einfach nur vor den Dämonen beschützen, immerhin kannten sie Crowley ja schon länger...
Was jetzt für beide auf alle Fälle klar war: Ich würde mir nicht die Haare anschneiden!
Im Verlauf des Tages ging ich mit den Beiden besagten Mordfällen an Jägern nach. Wir sahen uns die Leichen in der Rechtsmedizin an. Was festzustellen war, war dass sie sich alle erschossen hatten. Es sah fast wie eine Reihe normaler Selbstmorde aus, zumindest wenn man den Fakt, dass sie sich alle mit einer Flinte und Silbermunition erschossen hatten, außen vor ließ.
Dean und Sam zogen sich die Handschuhe aus, nachdem sie sich die Leichen angesehen hatten. Für sie war es schwer, ihre Jägerkollegen so zu sehen.
"Alle auf die gleiche Weise..."
"Unten, durch den Kiefer. Fällt dir etwas ein, Dean? Ein Monster?"
"Nein, keins das Menschen zu so etwas bringt..."
Ich saß etwas weiter hinten auf einem Stuhl. Irgendwas war daran merkwürdig. Warum sollten Jäger, glückliche Männer mit Familie, sich einfach umbringen?
"Was haben sie gejagt?", mischte ich mich ein und kam den beiden entgegen.
Sam und Dean überlegten kurz und dem Anschein nach, hatten sie einen Geistesblitz.
"Eine Hexe!"
Auf dem Weg nach draußen erklärten mir die Beiden ihre Theorie.
Ich musste riesige Schritte machen und joggte fast neben den beiden her, um mit ihnen Schritt zu halten.
"Eine Hexe! Natürlich! Wie konnten wir das nur übersehen!"
"Was übersehen?"
Beide blieben stehen und drehten sich zu mir um.
"Die toten Pflanzen überall? Und die Temperaturen...?"
"Temperaturen?"
"Es sind knapp 12 Grad im Sommer!", klärte Sam mich auf.
Mittlerweile realisierte ich, was sie meinten. Als wir draußen ankamen, war es richtig kalt. Ich konnte meinen eigenen Atem in der Luft sehen, wie sich weiß und nebelig zum Himmel schwang.
Wir stiegen in den schwarzen Impala ein, während Dean noch fluchend und schimpfendb die Scheibe frei kratzte.
Als er dann endlich auf der Fahrerseite einstieg, erfasste mich ein schockierender, aber dennoch logischer Gedanke:
Wenn diese Hexe schon die anderen Jäger umgebracht hatte, dann hätte sie es jetzt auf uns abgesehen!

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