20 - "Wir dienen euch."

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Luzifer

Genervt starrte ich auf die Pläne vor mir und sah sie bereits in Flammen aufgehen, da drehte ich meinen Kopf zur Seite. Die Kämpfe auf der Erde häuften sich immer mehr und konnten mittlerweile kaum noch vor den Menschen versteckt werden. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis der Krieg komplett auf die Erde übergehen würde. Nicht dass es mich störte, ich hatte gewiss nicht vor, das komplette Ausmaß dieses Krieges in mein Reich zu tragen. Die Menschen würden bald schon Engeln und Dämonen weichen müssen, die ihre riesigen Städte in Schutt legten. Den niederen Engeln würde dies in manchen Punkten vielleicht missfallen, aber wer interessierte sich schon für die Rangniederen? Die Erzengel und hohen Engel waren nicht besser als ihre gefallenen Brüder, nur hatten sie andere Ziele. Wessen Ziel letztlich von Erfolg gekrönt sein würde, dass würde sich zeigen. Am Ende kam es nicht auf das größere Heer an, sondern auf den besten Plan. Im Moment herrschte jedoch noch eine letzte kurze Ruhephase, die jederzeit zu Ende sein könnte, je nachdem, wer den ersten Schritt tat.

Zur gleichen Zeit schlichen sich aber auch Sorgen in meine Gedanken und ließen mich leicht verzweifelt die schön dekorierte Wand anstarren. Mehrere Wochen war es bereits her, seit meine Tochter sich in den Himmel geschlichen hatte und aus diesem gefallen war. Obwohl es die Meisten dachten, so konnte ich einfach nicht hinnehmen, dass sie tot sein sollte. Ich forderte einen eindeutigen Beweis, vorher würde ich keine Ruhe geben. Meine Dämonen konnte ich jedoch auch nicht einfach nach ihr Suchen lassen, diese hatten mit den Engeln genug zu tun. Also hatte ich den Facehunter losgeschickt, von dem ich allerdings auch noch keine Nachricht erhalten hatte.

Ein tiefes Knurren entwich meiner Kehle, während unter meinen Klauen der Stein des Tisches anfing zu knirschen. Es war völlig unmöglich, dass sie tot war. Nach all den Jahren, nachdem sie endlich angefangen hatte ihre Stärke zu nutzen, sie war viel zu stark, als dass sie durch so etwas einfach vernichtet werden konnte. Bereits zwei meiner Kinder hatte ich verloren, es hatte mich damals schwer getroffen und ich hatte mir geschworen auf meine Tochter acht zu geben. Sie hatte mit der Zeit lernen sollen ihre Kräfte zu kontrollieren, zumindest bis zu einem bestimmten Grad, um dann den Platz als Heerführerin der Hölle einzunehmen, so wie ihr Bruder einst. Doch auch dieser hatte es mit der Stärke eines Erzengels nicht aufnehmen können und war gestorben, wieso sollte sie also so viel stärker sein? Sein Tod geschah nicht unter normalen Umständen. Außerdem ist sie anders als er, sie ist auch ein Engel.

Gleichzeitig machte sich Leviathans Fehlen bemerkbar und uns ebenfalls zunehmend zu schaffen. Nicht nur musste sein Gebiet von seinem Stellvertreter kontrolliert werden, während Cherubyns von Paymon übernommen wurde, natürlich bereitete sein Fehlen weitere Probleme.

Neben mir seufzte jemand und riss mich aus meinen Gedanken. Belial blickte nachdenklich auf die Tischplatte, die bereits von etlichen Löchern meiner Klauen geziert wurde. Weder versuchte er mich aufzumuntern, noch mir in irgendeiner Weise Trost zu spenden, wir beide wussten, dass dies komplett sinnlos war. Die Dinge würden sich ergeben, dagegen ließ sich nichts machen, egal wie schlimm die Wahrheit manchmal war. Wir hatten dennoch einen Krieg zu gewinnen. "Ohne Leviathan können wir nicht die Meere der Erde kontrollieren und verlieren unseren Vorteil an den Küsten." erklärte er und fuhr sich nachdenklich übers Gesicht. Ich nickte nur und dachte angestrengt nach. "Er ist nicht der Einzige, der in der Lage ist Wasser zu kontrollieren. Verteil die stärksten seiner Dämonen entlang der Küsten und Seen, an denen die Hauptkämpfe stattfinden. Wir werden zwar nicht die großen Meere unter Kontrolle haben, aber die Engel werden keinen Kampf über einem Terrain anfangen, auf dem sie nicht landen können."

Belial nickte, während er gedanklich wahrscheinlich die Befehle schon an Sitri weiterreichte. Anschließend wollte er erneut zum Sprechen ansetzen, allerdings flog in diesem Moment die Tür zu dem Beratungsraum auf. Sie knallte gegen die Wand und hätte beinahe ein Schwert heruntergerissen, welches an dieser hing. Im Türrahmen stand keuchend eine fast gänzlich graue Gestalt. "Wo-wo ist Ruby?" keuchte eine kratzige Stimme und der Dämon fiel auf die Knie. Leicht lose Verbände bedeckten seinen Oberkörper, seine grauen Haare hingen ihm in dicken Strähnen ins Gesicht und er trug lediglich eine einfache Stoffhose. Seine sonst ganz schwach gebräunte Haut war noch heller als die Cherubyns und hatte ungefähr die Farbe seiner Haare.

Mein Name ist AbendsternWo Geschichten leben. Entdecke jetzt