† 06:13 Uhr: Meine Welt bestand nur noch aus dir.

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† O6:13 Uhr: Meine Welt bestand nur noch aus dir.

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Du wischst die erneut einzelne Tränen von den Wangen, atmest hörbar laut ein und aus, und schluchzt leise, während du den Zettel nach hinten steckst, eine neue Seite beginnst zu lesen. Wieder versuchst du dich zu beruhigen.

„Es tut weh. Es tut weh zu wissen, dass es meine Schuld ist, es tut weh von dir zu träumen, von dir zu hören, wenn andere über dich reden. Ich kann es kaum ertragen, jedes Mal presst es meine Lungen zusammen, zerquetscht mein Herz. So viele Worte, Worte über dich, Worte über das Vergangene. Es tut weh. Es tut weh, Bilder von dir zu sehen. Zu merken, dass ich dich nie wieder auf eine andere Weise ansehen werde, dass das nicht funktioniert, dass Fotos und verblasste Erinnerungen die einzigen Mittel sind, dich je zu betrachten.

Aber am Schlimmsten ist es, am meisten schmerzt es, wenn ich dich sehe. Deine Silhouette inzwischen von Menschenmengen, nachts, wenn ich vor Kummer schreie und nicht schlafen kann. Wenn ich allein bin, allein und auch einsam. Ich werde verrückt, wahnsinnig. Ich bekomme Halluzinationen, Einbildungen die mich bluten lassen. Ich rieche den Duft deiner Haare, dieses nach Kaugummi duftende Shampoo, ich höre dein entferntes Lachen.

Ich denke oft dich zu spüren, ganz nah bei mir, wenn ich weine. Wenn Chaos in meinem Inneren herrscht, wenn mein Kopf zum Vakuum mutiert. Wenn ich einfach nicht mehr funktioniere. Du warst das Herz in meinem Körper, das mich leben ließ. Doch Herzen bleiben stehen, früher oder später. Herzen hören auf zu schlagen."

Herzen brechen. Herzen geben nach. Herzen sind nichts, ohne den Antrieb von Liebe.

„Es ist erstaunlich, wie taub man sein kann, um nicht zu hören, dass die eigenen Herzschläge längst die Deinen geworden sind. Aber ich war geblendet, meine Sinne verschleiert durch den Vorhang der Zurückhaltung, der Verleumdung. Alles würde ich tun, ... nur um dein Herz ein letztes Mal in meiner Brust schlagen zu spüren. Doch auch diese letzte Erinnerung an dich habe ich zerstört, verloren. Vergessen. Ich habe den Rhythmus deines Brennpunkts vergessen. Und das ist unverzeihlich."

Stille herrscht in meinen Wellen, träge schwebt der Wind. Sanfter Schock bebt in meinem Grund, ich spüre das vorsichtige Zittern der Erde unter mir. Du darfst mich nicht vergessen, Quinn. Du bist alles was ich habe, alles, worin ich existieren kann. Ein Platz an den ich gehöre, ein Ort meiner Zuflucht. Mein ewiges Zuhause. Bitte, Quinn. Vergiss mich nicht.

„Es macht mich fertig. Ich will das nicht, ich will es verhindern, ich will dagegen kämpfen. Doch du warst die Kriegerin, du wusstest wohin man schlägt, während ich mich mit meinen eigenen Waffen selbst verletze. Ich bin unbeholfen, ahnungslos, ich bin nur die verlorene Hälfte des zweischneidigen Schwerts. Etwas Unvollständiges, ein Teil von zweien. Du fehlst. In jeder Minute wird dieses Wissen intensiver, ich will es nicht wahr haben. Ich kann es noch immer nicht glauben, ich kann einfach nicht. Und doch sind meine Worte der Beweis - dich gibt es nicht mehr."

Doch. Sieh genauer hin, im Ozean. Hör genauer hin, zwischen deinen eigenen Herzschlägen. Pass genauer auf, in jedem Moment, in dem du zweifelst. Ich existiere in dir.

„Ich habe es die ganze Zeit verdrängt. Ich habe mich auf meinen Schmerz konzentriert, auf die Worte, die ich für dich geschrieben habe. Doch jetzt hier zu sitzen, an demselben Ort, an dem ich dich verloren habe ..."

Deine Sicht verschwimmt, dein Blick wird glasig und deine Augen wirken unerreichbar. Du starrst ziellos in den Horizont, wie hypnotisiert, als gäbe es dort etwas, was dich anziehen würde. Vielleicht, vielleicht bin das ja ich.

„ ... das macht alles so unwirklich und realer als alles andere in meinem Leben zugleich", murmelst du ganz sacht, mit gesenkter Stimme, als müsstest du aufpassen, dass sie nicht bricht.

Unter Wasser kannst du auch nicht atmenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt